I'm gonna fish my troubles awyay
Songs über die Kunst des Fischens
In der amerikanischen Folk- und Countrymusik ist das Thema Fischen auffällig präsent. Ein Angler namens Carlton Munson hat in den Rocky Mountains angeblich sogar eine selbst gebastelte Radiostation rund um die Uhr mit Fishing Songs bespielt.
8. April 2017, 21:58
Es gibt wenige Kulturtechniken, die im Laufe der Menschheitsgeschichte derartig romantisch verklärt worden sind wie die Fischerei. Da gibt es am einen Ende der Skala Hemingways armen, alten Mann, der im Kampf mit einem Fisch gleich das ganze Meer besiegt und trotzdem dabei verliert. Und am anderen Ende der Skala singt Rudi Schuricke begleitet vom Radio-Tango-Orchester Hamburg von der Abenddämmerung im Golf von Neapel, wo ein Fischerboot mit zwei Liebenden hinaus aufs Meer fährt.
Dazwischen gibt es dann noch unzählige Lieder, Geschichten und Legenden, die vom harten Los oder dem gnadenhaften Glück der armen Fischersleute erzählen, die mit Boot und Netz aufs Meer hinausfahren, um in mühsamer Arbeit ihr täglich Brot zu fangen.
Angeln zwischen Hobby und Weltanschauung
Romantisch verklärt wird aber auch die zweite Sorte von Fischern, also diejenigen, die sich mit ihrer Angelrute und vielleicht einem Sechser-Tragerl Bier zu ihrem Lieblingsfluss aufmachen, um den sportlichen Kampf mit einer Forelle, einer Äsche oder einem Wels aufzunehmen.
Fischen als Hobby ist weit mehr als nur der Versuch, Fische zu fangen. Es ist vielmehr der kleine Luxus, den sich jeder leisten kann, wenn er nur genügend Zeit und Muße hat, und oszilliert je nach Ausprägung zwischen Sportlichkeit, Naturromantik und philosophischer Weltanschauung. Das Zelebrieren des Aktes ist dabei meist wichtiger als der Erfolg - ganz nach dem Motto: "The fishing was good; it was the catching that was bad." Oder in den Worten des US-Autors William Humphrey: "Catching fish is as incidental to fishing as making babies is to fucking!"
Die geborenen Fischer
Die Briten haben das Angeln zur Kunst gemacht und vor allem in der Methode der Fliegenfischerei die Ideale von Sportlichkeit, Eleganz und angeblicher Fairness den Fischen gegenüber perfektioniert.
Mit den Briten kam diese Kunst in die Neue Welt und erfuhr dort eine weitere Überhöhung: "All Americans believe that they are born fishermen. For a man to admit a distaste for fishing would be like denouncing mother-love or hating moonlight", meinte John Steinbeck.
Das Angeln in der amerikanischen Folk- und Countrymusik
In der amerikanischen Folk- und Countrymusik hat das Thema Angeln dementsprechend auch deutlich öfter seinen künstlerischen Niederschlag gefunden als in jedem anderen Musik-Genre. Es ist eine eigentümliche Stimmung und Botschaft, welche die diversen Fishing Songs verbreiten: eine Kombination von kleinbürgerlicher Genügsamkeit und stoischem Seelenfrieden, die sich zur Lebensphilosophie erheben und mit Naturromantik vermischt eine besonders positive wie harmlose Version eines American Way of Life erzählen.
Big Trout Radio - Der Sender
Das Gebiet in den Rocky Mountains zwischen den Staaten Idaho und Montana wird als Goldenes Dreieck des Fliegenfischens bezeichnet. Angeblich hat dort im Jahr 1959 ein exzentrischer Angler namens Carlton Munson einen selbst gebastelten Radiosender installiert und es sich zur Aufgabe gemacht, die nähere Umgebung ausschließlich mit Songs übers Fischen zu versorgen.
"Big Trout Radio" hieß dieser legendäre Sender, über den man auf dem Plattencover einer gleichnamigen Band von passionierten Forellen- und Lachsfischern erfährt.
Big Trout Radio - Die Band
Die Band Big Trout Radio - bestehend aus den Herren Artie Traum, Chris Shaw und Tom Akstens - hat das Ansinnen des Carlton Munson aufgegriffen und gemäß seiner Devise: "I only care about two things: Good fishing and good music. It's all trout, all the time!" ein höchst beschauliches Album mit Fishing Songs herausgebracht. In angenehm natürlichen Arrangements mit Gitarre, Banjo, Mandoline, Fiddle, Dobro und Bass wird hier von fast gefangenen Riesenforellen geprahlt oder in Fischer-Weisheiten geschwelgt:
There ain't no sure thing on the river,
you've got to try your luck every day.
Ain't no sure thing on the river,
Sometimes the big one just gets away.
Gone Fishin' und Fishin' Blues
Zumindest zwei Fishing Songs haben es bislang zu internationaler Bekanntheit gebracht und den Sprung über den Atlantik geschafft. Das dürfte allerdings mehr an den Interpreten liegen als am Thema.
Der eine Song ist "Gone Fishin'" in der Interpretation von Gene Autry, dem Singing Cowboy von Hollywood, bzw. die Duettversion von Louis Armstrong und Bing Crosby. Und dann kennen wir vielleicht noch den "Fishin' Blues", ein altes Traditional, das hierzulande vor allem in der Version von Taj Mahal bekannt ist. Tatsächlich gibt es aber noch zahlreiche weitere, äußerst hübsche US-amerikanische Songs übers Fischen, die durchaus auch einem nicht angelfanatischen, europäischen Publikum zuzumuten sind!
Hör-Tipp
Spielräume, Sonntag, 29. Juni 2008, 17:30 Uhr
Links
Big Trout Radio
Tom Corbett