Freihandel oder nicht?

Der Kampf ums Brot und seinen Preis

Weizen, Reis, Mais, diese Grundnahrungsmittel sind für viele Menschen zum Luxus geworden, die Preise haben sich bis zu verdoppelt. Die Frage nach den Ursachen hat eine alte Debatte über die Missstände im globalen Handelssystem ans Licht gebracht.

Das tägliche Brot wird immer teurer, vor allem für viele Menschen in Entwicklungsländern. Manche müssen bis zu 80 Prozent ihres Einkommens für Essen ausgeben. Gründe für den rasanten Preisanstieg der letzten Monate gibt es viele.

Zum einen steigt die Nachfrage nach Grundnahrungsmitteln, weil es immer mehr Menschen gibt. Zum anderen ändern sich die Essgewohnheiten, in China etwa, wird viel mehr Fleisch gegessen, deshalb wird auch mehr Getreide gebraucht, dass den Tieren verfüttert wird.

Durch den Anbau von Pflanzen die für Biosprit verwendet werden, gibt es weniger Anbaufläche für Pflanzen für den Verzehr. Wegen des hohen Ölpreises steigen die Kosten für viele Landwirte und außerdem treiben Spekulanten an den Rohstoffmärkten die Preise in die Höhe.

Die Folgen der Förderungen

Die hohen Preise sind aber nicht nur eine Folge von Ungleichgewichten bei Angebot und Nachfrage. Auch künstliche Preisverzerrungen durch das globale Handelssystem sind eine Ursache. Die USA und Europa geben ihren Bauern Förderungen, dazu gehören auch Exporthilfen.

Damit können die Bauern im Vergleich zu Bauern in Entwicklungsländern billiger produzieren. Und sie produzieren mehr. Diese Subventionen haben in den letzten Jahren die Preise am Weltmarkt künstlich niedrig gehalten. Viele Produktionsüberschüsse hat der Westen dann in die Entwicklungsländer geschickt.

Das Problem
Entwicklungsländern können mit diesen Billigpreisen nicht mithalten. Sie bauen deshalb viele Lebensmittelpflanzen gar nicht mehr selbst an und sind abhängig von den Importen aus den Westen geworden - die jetzt aufgrund der steigenden Nachfrage immer teurer werden.

Jetzt gibt es eine andere Art von Preisverzerrung; Die Preise werden künstlich in die Höhe getrieben. Und zwar von einigen Entwicklungsländern, die wichtige Lebensmittel wie Reis oder Weizen exportieren. Weil die Nahrungsmittel knapp werden, wollen sie ihre Güter nicht mehr exportieren, sondern zuerst die eigene Bevölkerung versorgen. Das sorgt für eine Verknappung auf den Weltmärkten, deshalb steigen die Preise.

Völlige Liberalisierung?
Deshalb argumentieren viele Ökonomen, auch die Weltbank, dass ein freier Handel ohne Handelsbarrieren gut für alle wäre. Den Handel zu liberalisieren ist das Ziel der sogenannten Doha-Runde. Damit sind Verhandlungen über die Liberalisierung des Handels für Agrar- und Industriegüter gemeint, die die Staaten der Welthandelsorganisation WTO führen.

Diese Verhandlungen haben 2001 in Doha, der Hauptstadt von Katar am persischen Golf begonnen. Sie sind seither mehrmals unterbrochen worden und sind immer noch ohne Erfolg geblieben. Denn die Fronten sind hart: Die Industrieländer wollen ihre Güter in die Entwicklungsländer exportieren. Viele Entwicklungsländer schützen aber ihre Märkte durch Importzölle. Im Gegenzug wollen auch die Entwicklungsländer ihre Produkte in die Industrieländer exportieren und fordern, dass diese ebenso Zölle und Importquoten abbauen, besonders für landwirtschaftliche Produkte. Vor allem wollen die Entwicklungsländer, dass die Subventionen für die Landwirtschaft in den USA und der Europa fallen, damit die billigen Exporte aus dem Westen nicht ihre Märkte kaputt machen und sie mit ihren eigenen Produkten konkurrenzfähig werden können.

Aktuelle Pattsituation
Das Hauptargument der WTO für den freien Handel ist: Er würde alle reicher machen. Den Westen, weil er Zugang zu neuen Märkten in den Entwicklungsländern bekommen würde, vor allem für Industrieprodukte. Die Entwicklungsländer, weil auch sie Zugang zu den Märkten im Westen bekommen würden.

Warum aber keiner nachgeben will, ist die Angst vor möglichen Nachteilen: Im Westen fürchtet man, dass die Bauern ohne Subventionen ihre Existenz verlieren, wenn billige Agrargüter aus den Entwicklungsländern importiert werden, etwa Zucker oder Fleisch aus Brasilien. Die Entwicklungsländer fürchten, dass sie im freien Wettbewerb Nachteile haben und deshalb nie eigene funktionierte Märkte aufbauen können. Eine Pattstellung.

Freihandelskritiker
Der freie Handel sei nicht die Lösung, sagt Wolfgang Pekny von Footprint, einer Plattform für gerechte Verteilung von Ressourcen: Er sagt, die Armen in Entwicklungsländern hätten gegen die Reichen in den Industrieländern keine Chance. Denn die Reichen hätten eine hohe Kaufkraft, sie könnten ihr Auto also noch volltanken, wenn etwa Biosprit drei Mal so viel kosten würde. Der arme Bauer könnte aber neben seinem Feld verhungern. Daher müsse man erst das soziale Ungleichgewicht ausgleichen. Dass die Preise jetzt höher sind, sei keine Chance Barrieren abzubauen. Denn viele Bauern würden lieber ihre Produkte teuer auf dem Weltmarkt verkaufen, als den armen hungernden Nachbarn helfen.

Markus Hofreither, Professor für Argarökonomie an der Universität für Bodenkultur glaubt auch nicht an den freien Handel als Allheilmittel oder dass die hohen Preise helfen: Denn ein armer, schlecht ausgestatteter Bauer in Afrika sei mit seinen Produkten nicht wettbewerbsfähig, er könne also keinen hohen Preise bekommen, gleichzeitig müsse er aber teuer Lebensmittel dazu kaufen.

Sowohl, als auch
Franz Fischler ehemaliger EU-Agrarkommissar und Präsident des Ökosozialen Forums Europa glaubt an eine Mischung aus mehr freiem Handel und Entwicklungshilfe. Er sagt, um den Armen zu helfen, müsse den Bauern in Entwicklungsländern geholfen werden, mehr anzubauen, ihre Felder effizienter zu bewirtschaften, auch Straßen müssten gebaut werden, damit Lebensmittel transportiert werden können. Dies müsse gleichzeitig mit einer Liberalisierung des Handels voran gehen sagt Fischer. "Wir haben keine Wahl, sonst werden wir mit tausenden Wirtschaftsflüchtlingen aus Afrika konfrontiert", sagt Fischler.

Im Juli sollen die Doha-Verhandlungen der WTO in Genf weiter gehen. Angesichts der Lebensmittelkrise sind die Erwartungen groß.

Service

Ökosoziales Forum
Universität für Bodenkultur - Markus Hofreither
Footprint (Wolfgang Pekny)
WTO - Doha Verhandlungen