Paulus Hochgatterer schreibt für die Bühne
Casanova bei den Sommerspielen Melk
Bei den Sommerspielen Melk steht heuer ein Frauenheld auf der Bühne. Mit "Casanova" hat sich der Psychoanalytiker und Schriftsteller Paulus Hochgatterer erstmals an das Verfassen eines Bühnenstücks gewagt. Premiere ist am 15. Juli 2008.
8. April 2017, 21:58
Es war der Intendant der Sommerspiele Melk, Alexander Hauer, der Paulus Hochgatterer dazu überredete, ein Theaterstück zu schreiben. Schon früher hatte Hochgatterer ab und an kleine Theaterszenen für seinen Freund Hauer geschrieben, erzählt er Maria Rennhofer im "Künstlerzimmer". Diesem gefielen einige Dialog-Passagen so gut, dass er es für "notwendig" hielt, ein ganzes Bühnenstück daraus für die Sommerfestspiele Melk zu machen. Nach langer Überzeugungsarbeit stimmte Hochgatterer schließlich zu. Das Thema, womit Hauer den Dramatiker aus dem Psychoanalytiker holte: Casanova.
Kein Frauenheld
Die Figur des Casanova strahle und sei gleichzeitig geheimnisvoll, meint Hochgatterer. Sein Stück stützt sich auf die Memoiren und die Autobiographie des italienischen Abenteurers. Die Frauen seien zwar die treibende Kraft in seinem Leben gewesen, ihn aber als Frauenheld zu bezeichnen, wäre falsch, findet Hochgatterer: "Casanova ist ein Frauenliebhaber, das heißt, er liebte die Frauen, die er begehrte, und benützte sie nicht nur."
Das Stück konzentriert sich auf den leidenschaftlich schreibenden Casanova - gespielt von Günther Franzmeier - und drei ausgewählten Frauenfiguren aus zirka 147. Es handelt von einem Buben, dessen Mutter eine berühmte Schauspielerin ist, Tornetta, die aufgrund ihres Berufes oft unterwegs ist und, wenn sie einmal zu Hause ist, mit diesem Knaben wie mit einem Schauspieler umgeht - was natürlich seine Spuren hinterlässt.
Spannende Leerstelle
Grundlage für diese Betrachtungsweise war eine Leerstelle in Casanovas Biografie. Der Kinderpsychologe Hochgatterer hatte bemerkt, dass Casanovas Autobiografie erst mit dem neunten Lebensjahr beginnt. Das fand er sonderbar, denn normalerweise erinnere man sich ab dem dritten, vierten Lebensjahr zumindest an einige Ereignisse, so Hochgatterer im Gespräch. Casanova aber beginnt seine Erzählungen erst mit dem neunten Lebensjahr - und das gleich mit einem dramatischen Ereignis, das mit Nasenbluten, mit dem Eingesperrt-sein in einer Kiste und der Abwesenheit seiner Mutter zu tun hat.
"Grundbedingungen" des Lebens
Der 1961 in Amstetten geborene Paulus Hochgattera studierte nach der Matura, sehr zielstrebig, Medizin und Psychologie. Die Karriere als Schriftsteller ist dabei, genauso zielgerichtet, immer parallel mitgelaufen. Er gewann bereits kurz nach der Matura seinen ersten Literaturwettbewerb. Die Psychologie und das Schreiben sind, wie er selber sagt, die "beiden Grundbedingungen seines Lebens", das eine ginge nicht ohne das andere.
Aus dem Schreiben und aus der Fantasie entstehe auch schon mal eine Inspiration zu einem therapeutischen Zugang für eine Analyse, verknüpft Hochgatterer den einen Lebensinhalt mit dem anderen, denn durch das Erzählen lerne man zuzuhören, man bekäme einen Sinn fürs Detail und einen Sinn für den Subtext, für das Zwischen-den-Zeilen-lesen, für das Unausgesprochene, so der Psychologe.
Nachfolgeband zur "Süße des Lebens"
Hochgatterers Buch "Die Süße seines Lebens", das 2006 erschien, war lange auf der Longseller-Liste und gewann einige Preise. Es zählt auch für ihn persönlich zu seinen wichtigsten Büchern. Sein nächstes Buch schließt an "Die Süße des Lebens" an. Ursprünglich auf Wunsch des Verlages begonnen, zog die Materie ihn zunehmend in ihren Bann, denn die Figuren, die in diesem Buch wieder auftauchen, "geben so viel her", so Hochgatterer.
Theaterblut habe er zwar geleckt, sagt Hochgatterer, aber bevor "Casanova" nicht aufgeführt worden sei, fange er kein zweites Theaterstück zu schreiben an, da er, trotzt guter Proben und Lob des Regisseurs, den Erfolg oder Misserfolg seines Erstlingswerkes erst abwarten möchte.
Hör-Tipp
Im Künstlerzimmer, Sonntag, 6. Juli 2008, 12:25 Uhr
Veranstaltungs-Tipp
Paulus Hochgatterer, "Casanova", Sommerspiele Melk, 15. Juli bis 16. August 2008,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßiften Eintritt (zehn Prozent).
Link
Arena Melk - Sommerspiele Melk