Neue Räume durch Musik

Auf Klangreisen mit Francisco Lopez

Der Musiker und Biologe Francisco Lopez verwendet den Klang von Räumen, um damit neue Räume zu bauen - mit Hilfe von Fieldrecordings, die er zum Teil roh belässt und zum Teil mit dem Computer bearbeitet lässt Lopez neue Klangwelten entstehen.

Ausschnitt aus "a szellem alma"

Es sei ihm sehr wichtig, so Francisco Lopez, eine Musik zu machen, in die man eintauchen kann: "Mit Hilfe von Klang versuche ich die Illusion einer Welt zu erschaffen, die nicht nur das akustische Vorstellungsvermögen anregt, sondern die auch die Vorstellung von Raum entstehen lässt; von einem Klangraum den die Zuhörerinnen und Zuhörer bereisen können, in den sie sich hinein fallen lassen und den sie durchfliegen können", so der Komponist.

Musik und Biologie

Auch wenn es ihm selber anfänglich nicht bewusst gewesen sei, antwortet Francisco Lopez auf die dahingehende Frage, so ließen sich heute doch recht viele Verbindungen zwischen seiner Arbeit als Musiker und der als Biologe finden. Forschungsreisen führten Lopez unter anderem in diverse Regenwälder.

"Meine Aufenthalte im Regenwald waren in der Regel lang, es waren also nicht einfach nur Kurzbesuche und sie haben die Art und Weise, wie ich über Musik denke und wie ich Musik mache, maßgeblich beeinflusst", betont Lopez. "Im Regenwald hat man ein völlig anderes Raumempfinden, die Geschwindigkeit, mit der sich dort Prozesse vollziehen, ist eine ganz andere als etwa im urbanen Umfeld, auch die Komplexität von Klang hat einen starken Eindruck bei mir hinterlassen, all dies hat in meiner musikalischen Arbeit schließlich seinen Niederschlag gefunden. Bemerkt habe ich das erst im Nachhinein. Auf alle Fälle aber hat mich der Klang meiner Umwelt, insbesondere der Klang der Natur, stärker geprägt als irgendeine Musik."

Vom Klang zum Klanguniversum
Manche der aufgenommenen Fieldrecordings belässt Francisco Lopez roh, andere durchlaufen einen langen, sich in alle Richtungen ausbreitenden Transformationsprozess.

"Aus einem einzigen Klang kann man ein ganzes Klanguniversum erschaffen und auch dieser Prozess findet in der Biologie seine Entsprechung", so Lopez. "Es findet hier gewissermaßen eine Evolution statt, während sich dieser erste Klang multipliziert, bringt er neue Klang-Spezien hervor. Das ist also ganz typisch für meine Arbeitsweise, eben mit einem Klang zu beginnen, diesen zu verändern, um dabei einen neuen Klang zu finden und so weiter und so fort. Und das ist unter anderem auch das Schöne an dieser Arbeitsweise. Jedes Mal, wenn ich mit einem neuen Projekt beginne, dann bin ich ganz aufgeregt, denn bislang passierte jedes Mal etwas Überraschendes. Dieser Prozess der Transformation fasziniert mich, immer wieder entstehen dabei Klänge, die ich mir so auch gar nicht hätte ausdenken können."

Hören wie das Publikum
Für seine Live-Performances baut sich Francisco Lopez mit seinen diversen elektronischen Geräten in der Regel inmitten des Publikums auf, denn er möchte so wie sein Publikum hören, und das Publikum soll dabei möglichst nahe an jenem Ort im Raum sein, wo man die Musik am besten hört.

Francisco Lopez spielt am liebsten in abgedunkelten Räumen, manchmal verhüllt er sogar seine Instrumente. Weitgehend befreit von visuellen Einflüssen, so der Musiker, gelange seine Musik nämlich am besten zur Geltung, weshalb er vor den Konzerten auch gerne Augenbinden verteilt. Letztendlich, so Lopez, sei Musik nämlich immer ein Mittel zum Zweck, letztendlich ist die Reise, die das Publikum beim Hören seiner Musik antritt, eine Reise in das eigene Innere, um dort womöglich auf eine neue Erfahrungs- und Bewusstseinsstufe zu gelangen.

Hören nach der Stille
Ein wichtiges gestaltendes Element bildet in der musikalischen Arbeit von Lopez auch die Stille, beim Horchen auf die Natur hat der Musiker eine deutlich hörbare Gelassenheit entwickelt, in aller Ruhe dürfen sich in seiner Musik Klänge ausbreiten, um dann mitunter eben auch in einem großen schwarzen Loch der Stille zu versinken, das auch schon einmal ganze fünf Minuten dauern kann.

Während dieser Zeit stellt sich das Gehör auf andere Klänge ein", erläutert Lopez, "die Stimmung ändert sich und nach fünf Minuten Stille ist die Wahrnehmung eine völlig andere."

Hör-Tipp
Zeit-Ton, Donnerstag, 17. Juli 2008, 23:05 Uhr

CD-Tipps
Francisco Lopez: "La Selva", A2_Archief

"Francisco Lopez's absolute noise ensemble", blossoming noise, bn012CD

Marc Behrens, Francisco Lopez: "a szellem alma", absolute Koblenz ak005-04

Link
Francisco Lopez