MC5, die lauteste Band der 1960er Jahre
Motherf..., Brothers and Sisters
Wenn man Bands nach ihren Vorbildern und Einflüssen befragt, wird oft eine Brachialband aus den 1960ern genannt: MC5. Deren legendäres Debütalbum "Kick Out The Jams" wurde angefeindet und gefeiert - nicht nur wegen eines F-Wortes.
8. April 2017, 21:58
MC5, "Kick Out the Jams", LP-Version
Viele Bands bekennen sich stolz zu ihren Einflüssen, ihren Quellen, ihren Vorbildern. Andere haben diese clever kaschiert und zu einer Art eigenen Identität transzendiert. So haben die Sex Pistols im Prinzip auch nur den Faden weitergesponnen, den Bands wie die Stooges mit Iggy Pop oder MC5 ausgelegt hatten. Diese beiden Acts tauchen sowieso in fast allen Referenzlisten aller möglichen wichtigen Rockbands der Gegenwart beziehungsweise der jüngeren Vergangenheit auf: bei Nirvana, bei Sonic Youth, bei den meisten Neo-Punkbands. Kein Wunder, waren doch MC5 aus Detroit eine der rauesten und lautesten Bands der 1960er Jahre.
Angeführt von ihrem charismatischen Frontmann und Songschreiber Rob Tyner und dem Brachial-Gitarristen Fred Sonic Smith, der später die Rock-Poetin Patti Smith heiraten sollte, berserkerte die Band bei ihren Live-Auftritten durch ein roh gezimmertes Universum aus purer Energie und aufsässigen Revolutionsposen. Man verkündete lauthals und heiser die Thesen ihres Managers John Sinclair, der seinerseits die White Panther Party gegründet hatte. Deren Maxime: derber Rock'n'roll bis zum Abwinken, Drogen und Sex auf offener Straße.
Neue Version für Single
Der Titelsong zu ihrem Debütalbum "Kick Out The Jams" begann ursprünglich mit den Worten: "Kick out the jams, motherfuckers". Auf Drängen ihres Plattelabels mussten MC5 das Intro für die Singleversion noch einmal neu aufnehmen: Da hieß es dann etwas halbgar: "Kick out the jams, brothers and sisters".
Das Album erschien vorerst mit der Originalversion, was für einen Riesenskandal und unzählige Konflikte sorgen sollte. Plattenhändler, die das Album verkauften, wurden verhaftet, Radiostationen verweigerten das Airplay und zahlreiche Organisationen riefen zum Boykott auf. Worauf die Band in einer ganzseitigen Anzeige die Fans quasi zu gewalttätigen Aktionen gegen die Boykottierer aufstachelte.
Mit Debütalbum in den Top 30
Schlussendlich kam es zum Zerwürfnis mit Plattenfirma und Management. John Sinclair, am Endpunkt der Karriere zu seinen ehemaligen Schützlingen, die mit auf Pump gekauften Limousinen und Villen zum Schluss als peinliche Pseudorockstars lahme Schlagzeilen schrieben: "Ihr wolltet größer sein als die Beatles, und ich wollte, dass ihr größer werdet als Mao."
20.000 Dollar ließ es sich der Plattenmulti Elektra 1969 kosten , MC5 unter Vertrag zu nehmen und trotz aller Eskapaden und des ungehobelten Brachialsounds der Band spielte das Debütalbum ein Vielfaches davon ein und schaffte es sogar in die Top 30 der amerikanischen "Billboard"-Charts.
Hör-Tipp
Zeitmaschine, Freitag, 25. Juli 2008, 22:15 Uhr
Links
MC5
Rockarchiv - "Spiegel"-Artikel aus 1969
YouTube - Kick Out The Jams