Dorado der Sicherheitsfirmen
Die neuen Söldner
Blackwater und Co. haben einen schlechten Ruf: Oft stellen sie sich über die Gesetze des Landes, in dem sie operieren, und bringen statt Sicherheit mehr Spannungen. Und dennoch: Die Branche boomt, Krisengebiete sind das Dorado der Sicherheitsfirmen.
8. April 2017, 21:58
Sicherheitsfirmen, die in Kriegsgebieten tätig sind, betreiben laut UNO eine neue Form des Söldnerwesens. Ihre Sorge darüber, dass immer mehr solche Firmen in Ländern wie dem Irak und Afghanistan zum Einsatz kommen, legten die Vereinten Nationen erst in einem Bericht im November 2007 dar.
Der Fall Blackwater
Der Bericht an die UNO-Generalversammlung stellte eine Reaktion auf das Blackwater-Massaker in Bagdad im September 2007 dar. Damals hatten Angehörige der US-Sicherheitsfirma Blackwater 17 irakische Zivilisten getötet, nachdem ihr Konvoi in die Nähe einer Explosion geraten war.
Die irakische Regierung hat daraufhin Blackwater kurzfristig die Lizenz entzogen. Im Gegenzug hat das US-Außenministerium den Mitarbeitern der privaten Sicherheitsfirma Blackwater eine begrenzte Straffreiheit zugesagt. Anders als US-Soldaten sind bewaffnete Angestellte von privaten Sicherheitsfirmen nicht vor dem Zugriff der irakischen Justiz geschützt.
Millionenschwerer Markt
Mehrere zehntausend privater Söldner sind im Irak im Einsatz, unter ihnen viele US-Bürger und Briten. Schätzungen zufolge operieren allein im Irak 181 private Militär-und Sicherheitsfirmen, zwischen 50.000 und 100.000 Bodyguards, Söldner und Serviceanbieter aller Art tummeln sich zwischen Bagdad und Basra. Sie operieren außerhalb der irakischen Gesetze, treten auf wie "Robocops" und halten sich oft an keine Regeln.
Sie werden vor allem für den Personenschutz eingesetzt, sind zumeist mit automatischen Waffen und gepanzerten Fahrzeugen ausgerüstet und unterstehen meist keiner anderen Aufsicht als der ihres Unternehmens. Blackwater unterhielt in Bagdad auch eine Hubschrauberflotte. Die Firma wurde vom US-State Department zum Schutz von Diplomaten im Irak angeheuert.
Verurteilung der UNO
Die oft schwer bewaffneten Angestellten von Sicherheitsfirmen wie Blackwater seien weder Zivilisten noch Kämpfer einer regulären Konfliktpartei. Am ehesten entsprechen sie laut UNO dem nicht näher definitierten Ausdruck von "irregulären Kämpfern".
Die UNO-Experten erinnern daran, dass Staaten, die auf die Dienste solcher Sicherheitsfirmen zurückgreifen, zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn die Sicherheitsangestellten zum Beispiel international festgeschriebene Menschenrechte verletzen.
Konvention gegen das Söldnerwesen
In dem Bericht wurde zudem bedauert, dass bisher bloß 30 Länder die Konvention gegen das Söldnerwesen ratifiziert haben. Das Abkommen verbietet die Rekrutierung, den Einsatz, die Finanzierung und die Ausbildung von Söldnern.
Die UNO-Arbeitsgruppe warnte des weiteren Staaten davor, Angestellten von militärischen Sicherheitsfirmen eine Immunität zu gewähren. Auch das war eine direkte Reaktion auf die US-Politik im Irak.
Bezahlter Putschist
Ein Söldner, für den es definitiv keine Immunität gegeben hat, ist Simon Mann, der erst im Juni 2008 von einem Gericht in Äquatorialguinea wegen eines versuchten Staatsstreichs zu 34 Jahren und vier Monaten Haft verurteilt worden. Das Gericht in Malabo verhängte außerdem eine Geldstrafe von umgerechnet 150.000 Euro sowie ein 20-jähriges Verbot, Äquatorialguinea zu betreten, sobald seine Haftstrafe verbüßt ist. Der Prozess gegen den Briten hatte von 17. bis 20. Juni gedauert, der Staatsanwalt hatte 31 Jahre und acht Monate Haft gefordert.
Mann war im März 2004 mit 61 mutmaßlichen Komplizen während eines Zwischenstopps auf dem Flughafen der simbabwesischen Hauptstadt Harare festgenommen worden. Er habe dort Waffen besorgen und dann zusammen mit weiteren Kämpfern unter der Führung von Manns südafrikanischem Geschäftspartner Nick du Toit gegen Staatschef Teodoro Obiang Nguema putschen wollen, lautete der Vorwurf.
Mann wurde in Harare zu sieben Jahren Haft verurteilt, musste jedoch nur vier Jahre absitzen und wurde im Februar von Simbabwe an Äquatorialguinea ausgeliefert. Sein Prozess sorgte unter anderem deswegen für Aufsehen, weil er Mark Thatcher, den Sohn der ehemaligen britischen Premierministerin, als einen der Hintermänner belastete. Zudem hätten Spanien und Südafrika "grünes Licht" für den Putsch gegeben, sagte er. Thatcher, der wegen der Finanzierung des Umsturzversuchs in Südafrika zu einer Geld- und Bewährungsstrafe verurteilt worden war, hat diese Verstrickung stets bestritten.
Hör-Tipp
Journal Panorama, Dienstag, 29. Juli 2008, 18:20 Uhr
Buch-Tipps
Jeremy Scahill, "Blackwater. Der Aufstieg der mächtigsten Privatarmee der Welt", aus dem Englischen übersetzt von Rita Seuß und Bernhard Jendricke, Antje Kunstmann Verlag
Mehr dazu in oe1.ORF.at
Joseph Stiglitz, "Die wahren Kosten des Krieges. Wirtschaftliche und politische Folgen des Irak-Konflikts", Pantheon Verlag
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