Viele Sprachen vereint

Curacao spricht Papiamentu

Papiamentu heißt einfach Sprache. Papiamentu war im 17. Jahrhundert die Sprache der Karibik. Im 21. Jahrhundert ist sie auf den ABC-Inseln - Aruba, Bonaire, Curacao - zur Amtssprache geworden, und: Es gibt zwei offiziell erlaubte Schreibweisen.

Jan van der Brugge erklärt Papiamentu

Es ist eine sehr junge Sprache, dieses Papiamentu, sogar eine der jüngsten Amtssprachen dieser Erde. Es wird auf den Niederländischen Antillen gesprochen, die nahe der venezolanischen Küste liegen. Und "die Sprache ist noch nicht fertig", sagt Jan van der Brugge, "sie arbeitet noch, sie ist ein Work in Progress. Man sieht, oder hört förmlich, wie sich die Wörter weiterentwickeln." Jan van der Brugge muss es wissen: Er ist der erste und einzige Übersetzer, der die Sprache Curacaos, das Papiamentu, ins Deutsche übertragen hat. Und: Papiamentu ist die Sprache seiner Kindheit: Er ist auf Curacao aufgewachsen.

Eigentlich "Seeländisch"

Die Geschichte dieser Sprache ist vielschichtig wie die Geschichte der Karibik: Ausgangspunkt war die Lingua Franca, das Genee, mit der sich die aus Afrika verschleppten Sklaven verständigt hatten, die ja aus den unterschiedlichsten Gebieten des Schwarzen Kontinents kamen. Dann wurden die afrikanischen Worte immer mehr durch spanische Worte verdrängt, portugiesische Worte kamen dazu, Englisch, Französisch und schließlich Holländisch.

"Genau genommen muss man vom Seeländischen sprechen, der niederländischen Provinz, von der aus zum Beispiel Neuseeland besiedelt wurde", erklärt Jan van der Brugge. "Es ist, vom Grammatikalischen her betrachtet, eine einfache Sprache, aber der Satzbau, der hat es in sich. Die Vorbilder dazu findet man im antiken Europa."

Erste Heimatsprache

Anders als sonst in der Karibik üblich gilt das Papiamentu nicht als Sprache der Schlechtergestellten. "Jeder auf Curacao kann diese Sprache, verständigt sich auf Papiamentu, egal ob Bankdirektor oder Kellner", erzählt Jan van der Brugge. "Es war immer so, dass die Schulkinder in ihren ersten vier Jahren in Papiamentu unterrichtet werden und dann erst die mittlerweile andere offizielle Sprache Curacaos erlernen: Niederländisch."

Und das mit der Rechtschreibung ist auch geregelt: Auf Curacao und Bonaire schreibt man die Worte so wie man sie spricht, ein "U" also mit u, und nicht auf holländisch "OU". Auf Aruba, wo die Menschen "immer ein wenig weißer und ein wenig arroganter waren" - so Jan van der Brugge - nahm man sich das Spanische zum Vorbild. Hier lässt man K-Worte mit "C" schreiben, wie im Spanischen üblich.

Land der Dichter

Eines der ältesten Schriftstücke, die es auf Papiamentu gibt, stammt aus dem 18. Jahrhundert, 1734, und ist ein Liebesbrief, den ein sefardischer Jude an sein Mädchen geschrieben hat.

Vor allem Gedichte werden auf Papiamentu geschrieben, und Dichter gibt es viele. Größere Werke, Romanhaftes wird lieber auf Niederländisch geschrieben. Ganz berühmt ist - "zumindest in den Niederlanden kennt das jeder!" - der Roman "Double Play" von Frank Martinus Arion, den es in deutscher Übersetzung noch nicht gibt. Und dass Carel de Haseth 1988 seine "Novelle" um den Sklaven Luis, seinen Herrn und das Mädchen Anita in der Sprache Curacaos, dem Papiamento, schrieb, ist wohl Programm: ein Bekenntnis zur Sprache der Heimat, der Geschichte der Insel und der eigenen Wurzeln.

Hör-Tipp
Terra incognita, Donnerstag, 4. September 2008, 11:40 Uhr

Buch-Tipp
Carel de Haseth, "Sklave und Herr / Katibu di Shon", aus dem Papiamentu übersetzt von Jan van der Brugge, in zweisprachiger Ausgabe Papiamentu - Deutsch, Edition VaBene