Die erste deutsche Online-Seifenoper

Onlinesoap "They Call Us Candy Girls"

In den USA wird Fernsehen aus dem Internet immer populärer. Die erfolgreichste Internet-Serie heißt "Roommates" und hatte 13 Millionen Zuseher. Die erste deutsche Online-Seifenoper heißt "They Call Us Candy Girls" und ist auf MySpace zu sehen.

"They Call Us Candy Girls" spielt in Berlin - genauer gesagt im Berliner Nachtleben. In der ersten Folge betritt eine junge Frau eine Diskothek mit dem Plan, aus ihrem biederen Leben auszubrechen. Rasch findet sie Anschluss bei drei Frauen, die im Nachtklub arbeiten und dort auch quasi zu Hause sind. Die drei jungen Frauen sind vulgär, selbstbewusst und sexy. Die vierte passt sich zunehmend ihren Freundinnen an. In den ersten paar Folgen versucht das Quartett, dem Nachtklub ein neues Image zu verleihen.

Süße Frauen, derbe Sprüche

Die Regisseurin und Drehbuchautorin der Internet-Soap ist Miriam Dehne, die sich bisher mit deutschen Spielfilmen versucht hat. Die von Miriam Dehne entworfenen "Candy Girls" stehen für ein Rollenbild, wie es bisher kaum im deutschsprachigen Fernsehen zu sehen war. Die vier Frauen haben Selbstbewusstsein, aber eigentlich keinen Halt im Leben, sie sind lieblich schön, benutzen aber eine unverblümte und enorm harte Sprache.

Fernsehen für Menschen mit Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom

Rausch, Sex und Selbstsuche bestimmen den Inhalt, die häufig eingesetzte Handkamera sowie der schnelle Schnitt das Bild, und ein fast durchgängiger Musikteppich dominiert den Sound. Eine Folge dauert nicht länger als fünf Minuten. Regisseurin Miriam Dehne wollte eine Serie gestalten, der selbst Menschen mit sehr kurzer Aufmerksamkeitsspanne folgen können. Das ist ihr gelungen.

Durchgetanzte Nächte, wenig Schlaf, schrille Freunde. Wenn man genau hinsieht erscheinen die Candy Girls ein wenig verloren in ihrem jungen Leben. Zwischen zahlreichen Drogen und einer Schar von Männern stellen sie sich der großen Frage: "Wie kann man aus diesem Leben etwas machen?" Lola etwa möchte Schauspielerin werden. Hollywood aber wartet auf niemanden, schon gar nicht auf eine Türsteherin in einem Berliner Nachtklub.

Webisoden für die neue TV Generation

Seit Mitte Mai kann man den Candy Girls beim Partymachen und bei der Jobsuche zusehen. Jeden Montag und Donnerstag werden neue so genannte "Wepisoden" im Internet-Portal MySpace veröffentlicht. Schleichwerbung gibt es kaum. Die ist nicht nötig, denn finanziert wird die Internet-Soap vom Selbstpräsentierungs- und Kennenlernportal MySpace - in der Hoffnung, noch mehr Mitglieder zu erhaschen. Die Candy Girls bloggen, schreiben also quasi ein Tagebuch im Netz; man kann in Foren über sie diskutieren, ihnen e-mailen oder sie als "Freunde" auf der eigenen Seite listen. Interaktives Internetfernsehen also - fast zum Angreifen.

Die ersten Folgen der "Candy Girls" wurden über 100.000 Mal angeklickt, vor allem von jungen Menschen, die sich in Internetportalen tummeln. Und so hat nun auch das soziale Netzwerk StudiVZ dasselbe Filmunternehmen beauftragt, eine Seifenoper zu produzieren. Die 15 Episoden sollen nicht länger als je drei Minuten werden und ab Ende Oktober im Netz zu sehen sein. StudiVZ-Mitglieder können sich die Soap kostenlos ansehen. Finanziert werden soll die Produktion, die noch keinen Titel hat, durch Sponsoren. Dass sich die Internet-Seifenoper "They Call Us Candy Girls" so großer Beliebtheit erfreut, dass sie schon Nachahmer findet, liegt wohl auch daran, dass sie der Berliner Nachtklubrealität deutlich näher ist, als "Sex And The City" dem Großstadtsingledasein.

Hör-Tipp
Digital.Leben, Montag bis Donnerstag, 16:55 Uhr

Links
My Space - They Call Us Candy Girls
StudiVZ

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