Immer mehr Firmen geht die Luft aus
Speicherpreise
Schon lange war es nicht mehr so günstig, den Computer mit Arbeitsspeicher aufzurüsten. Dahinter steckt ein ruinöser Preiskampf zwischen den verschiedenen Herstellern. Wer in ein paar Jahren übrig bleibt, könnte die Preise diktieren.
8. April 2017, 21:58
Einst war Infineon der Stolz der deutschen Computerindustrie. Doch immer wieder wartet das Unternehmen in jüngster Zeit mit negativen Schlagzeilen auf. Korruptionsaffären, Prozesse um unerlaubte Preisabsprachen und zuletzt das harte Marktumfeld haben Infineon zum Sorgenkind der Deutschen gemacht. Besonders im Speichergeschäft hat Infineon viel Geld verloren. Seit vergangenem Jahr sind die Preise für Speicherchips wieder im Sinkflug und haben sich entgegen der Prognosen bislang nicht erholt.
Wenigstens steht Infineon nicht alleine da. Alle europäischen Hersteller von Speicherchips kämpfen mit der harten Konkurrenz aus Asien. Firmen wie Toshiba und Samsung dominieren den Markt und geben ihre Wettbewerbsvorteile durch geringe Lohnkosten in Form von Kampfpreisen an die Kunden weiter.
Ein hart umkämpfter Markt
"Man muss bedenken, dass es keine Industrie gibt, in der die Preise in den letzten zwei Jahrzehnten so stark verfallen sind, wie in der Mikroelektronikindustrie", sagt Erich Gornik, Professor am Institut für Festkörperelektronik der TU Wien, "wenn man heute einen Chip kauft, bekommt man im Vergleich mit damals etwa den tausendfachen Wert."
Infineon hat das Speichergeschäft mittlerweile in ein Tochterunternehmen namens Qimonda ausgegliedert und sucht händeringend nach einem Käufer für die angeschlagene Firma. Jeder zehnte Mitarbeiter soll entlassen werden. Dennoch sind potenzielle Investoren skeptisch, schließlich möchte niemand in einen hart umkämpften Markt voller Unsicherheiten einsteigen.
Produktion rund um die Uhr
Schon heute werden etwa zwei Drittel der neu gebauten Fabriken im fernen Osten errichtet. Bei Baukosten von umgerechnet zehn Milliarden Euro müssen sich diese Produktionsanlagen innerhalb weniger Jahre rechnen. Denn mit jeder neuen Chipgeneration werden die alten Anlagen schrottreif. Deshalb produzieren die Hersteller rund um die Uhr, um die Kosten möglichst schnell zu amortisieren. Die Folge ist eine Schwemme von Chips. Die Preise verfallen.
Immer wieder beugen sich europäische Hersteller dem Preisdruck und steigen aus dem Geschäft aus. "Die Folge ist, dass immer mehr in Ländern produziert wird, in denen die Wettbewerbsbedingungen nicht so streng sind, wie in Europa. Manchmal werden dort auch staatliche Beihilfen ausgezahlt, wie vor ein paar Jahren in Südkorea. Für Europa ist das eine Gefahr", meint Gornik.
Die Angst vor der Monopolbildung
Er plädiert daher dafür, dass die EU die europäische Mikroelektronikindustrie strategisch unterstützt, ähnlich wie die US-Regierung das schon länger macht. Wenn ein Großteil der Chipproduktion in anderen Ländern stattfindet, könnte sonst die gesamte europäische Wirtschaft gefährdet sein. Die Abhängigkeit von Produkten aus diesen Ländern birgt das Risiko, dass man im Falle einer internationalen Krise plötzlich keinen Nachschub mehr erhält. "Das könnte sonst für die Industrie zur Katastrophe werden", glaubt Gornik, "es wäre naiv anzunehmen, dass wir auf ewig Frieden in der Welt haben."
Noch funktioniert der Wettbewerb, aber immer mehr Firmen geht die Luft aus. Am Ende könnten nur noch wenige Hersteller übrig bleiben - eine Art Monopolbildung beginnt. Sie würden wohl die Preise diktieren. Die Leidtragenden sind dann letztlich doch die Computerbesitzer, die sich jetzt über billigen Speicher noch freuen.
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