Heilen nur aufgrund der Erfahrung

Befund versus Befinden

Komplementärmedizinische Methoden haben meist einen traditionellen, philosophischen oder erfahrungsbasierten Hintergrund. Obwohl dieser Hintergrund oft nicht im Detail bekannt ist, konsultieren immer mehr Menschen Komplementärmediziner.

Immer mehr Menschen begeben sich in die "Obhut" von Komplementärmedizinerinnen und Komplementärmedizinern. Weil sie sich von der hoch technisierten Apparatemedizin, in der die Befunde mehr als das Befinden des einzelnen Individuums zählen, nicht mehr gut "aufgehoben" fühlen? Ist die klassische oder konventionelle Medizin, die sogenannte Schulmedizin, in einer Vertrauenskrise?

"Der Arzneien größte ist die Liebe" hat bereits Paracelsus (1493-1542) formuliert, aber wie viel ist davon in der modernen Medizin zu spüren? Tun sich die Vertreter und Vertreterinnen der Komplementärmedizin nicht leichter, dem Spruch von Paracelsus gerecht zu werden? Kann man sich nicht für Patientinnen und Patienten Zeit nehmen und damit besser auf ihn zu- und eingehen, wenn die Ordination privat honoriert wird?

Komplementärmedizin ist sehr gefragt

Heute nehmen in Österreich bereits etwa 60 Prozent der Menschen mehr oder weniger regelmäßig Komplementärmedizin in Anspruch. Dass es, bei steigender Nachfrage, keinen Mangel an Angeboten gibt ist möglicherweise auch darauf zurück zu führen, dass Ärztinnen und Ärzte bei Praxisgründung schon von der Standesvertretung darauf aufmerksam gemacht werden, dass es eben die steigende Nachfrage nach Komplementärmedizin gebe und dass es nicht zum eigenen Nachteil sei, wenn man halt auch etwas Komplementärmedizin anbietet.

In Österreich gibt es etwa 3.500 Ärztinnen und Ärzte, die Komplementärmedizin anbieten. Was ein Komplementärmediziner mit Leib und Seele und darüber hinaus mit der entsprechenden Ausbildung ist, das spüren Patientinnen und Patienten ohnehin, meint Andrea Dungl-Zauner vom Zentrum für Traditionelle Chinesische Medizin und Komplementärmedizin der Donauuniversität Krems, wenn nicht beim ersten Besuch in der Ordination, dann halt etwas später.

Schwierigkeit des Nachweises der Wirksamkeit

Komplementärmedizin muss insgesamt dagegen ankämpfen, dass ihre Wirksamkeit angezweifelt wird, weil es zu wenige, wenngleich doch immer mehr, Studien gibt, die eben ihre Wirksamkeit belegen.

In einem Bereich, in dem es so wenig kommerzielle Interessen gebe, weil eben nicht große Pharmafirmen dahinterstehen, komme Forschung schlichtweg nicht in Gang, sagt Bettina Reiter, die langjährige Geschäftsführerin der Gamed, der Akademie für Ganzheits-Medizin. Die Firmen, die etwa Homöopathika oder andere in der Komplementär-Medizin eingesetzten Arzneien vermarkten, seien allesamt kleine Betriebe, bestenfalls mittelständische, die sich groß angelegte, teure Studien nicht leisten können.

Nachdem es mittlerweile bereits einige Lehrstühle für Komplementärmedizin an Universitäten gibt, nimmt auch die Zahl der Studien, die die Wirksamkeit komplementärmedizinischer Methoden untersuchen, zu, denn auch für Komplementärmedizin soll nicht anders als für konventionelle oder klassische Medizin gelten: Wirksamkeit und Unbedenklichkeit müssen belegt sein.

Dass sich allerdings die heute in der konventionellen Medizin üblichen Untersuchungszugänge auf komplementäre Methoden nicht eins zu eins umlegen lassen, das steht wiederum auf einem anderen Blatt.

Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 15. September bis Donnerstag, 18. September 2008, 9:05 Uhr

Links
Informationsplattform Komplementärmedizin
Akademie für Ganzheitsmedizin
Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte Österreichs
Ärzte Austria - Komplementärmedizin