Gefragter Taufpate und Trauzeuge

Oberkapellmeister

Haydn tritt am 3. März 1766 sein Amt als Oberkapellmeister am Esterhazy'schen Hof an. Er und seine Frau Anna Maria kaufen sich bald darauf ein Haus, ziehen nach zwölf Jahren aber aufgrund unlösbar erscheinender Probleme wieder aus.

Haydn örtlich - Teil 25

Am 3. März 1766 stirbt der Esterhazy'sche "Ober-Capel-Meister" Gregorius Joseph Werner. Paragraph 14 des Anstellungsvertrages vom Mai 1761 scheint für Haydn nun automatisch in Kraft zu treten - die dort festgeschriebene "Expektanz" auf die Chefstelle geht in die nun tatsächliche Innehabung dieser Position über, ohne dass darüber seitens der Esterhazy'schen Bürokratie extra Akten angelegt werden.

Was diesen Anstellungsvertrag betrifft, so heißt es dort unter anderem:

Sind ihne die andern MUSICI angewiesen worden, folglich wird er um so viel EXEMPLARISCHER CONDUITizieren damit die SUBORDinirten von seinen guten eigenschafften sich ein beyspiel nehmen können, mithin wird er JOSEPH Heyden allbesondere FAMILIARITÄT, gemeinschafft in essen, trincken, und andern Umgang vermeiden.

Was für den Vizekapellmeister galt, muss wohl für den Oberkapellmeister noch mehr gelten. Hat Haydn bisher mit den "Musici" im Musikerhaus gewohnt, schaut er sich demnach jetzt um ein eigenes Domizil um - und wird seinen sozialen Verpflichtungen gegenüber den Orchestermitgliedern um nichts weniger nachkommen.

Ein eigenes Haus

"Klostergasse 82" ist die Adresse des neuen Eigentums, welches er am 2. Mai 1766 von Euphrosina Schleicherin, der Wirtin des "Adler-Gasthauses" erwirbt. In unmittelbarer Nähe - gassenabwärts - befindet sich das Franziskanerkloster, ebenfalls wenig entfernt - gassenaufwärts in Richtung Schloss - steht das Kloster der Augustinerinnen. Der Name der Gasse ist demnach angemessen. Beide Ordenshäuser stehen im Übrigen in enger Verbindung zum fürstlichen Hause Esterházy.

Haydn wohnt hier nicht unkommod. Das Obergeschoß ist "privat", zu ebener Erde wird gearbeitet. "Hintaus" gibt es noch einen Stall, Vorratsräume und einen Keller. Wein ist schließlich Teil des Kapellmeistereinkommens.

Vorbildliche Taufpaten und Trauzeugen

Es ist ein Haus des Lebens - mit allem, was dazugehört, mit all dem Alltäglichen und Besonderen, das ein Leben ausmacht. Hier werden Freundschaften gepflegt, hier lebt ein Paar mehr neben- als miteinander und doch von anderen als zusammengehörig betrachtet. Herr Joseph und Frau Maria Anna werden gerne zu Trauzeugen oder Taufpaten erwählt und sie übernehmen die Ämter mit Freuden und verantwortungsvoll.

1766 heiraten der Esterhazy'sche Kopist Joseph Elßler und Eva Maria Köster. Haydn ist "Beistand". Sämtliche Kinder des Ehepaares werden vom Herrn Kapellmeister und seiner Frau in Erfüllung des Patenamtes aus der Taufe gehoben. Patenkind Johannes kommt 1769 zu Welt und geht auf seine Weise in die Musikgeschichte ein: er wird Haydns "Faktotum" als Kopist, Sekretär und Vertrauter, der dessen Werk so gut kennt, dass er darüber 1805 einen Katalog anlegen kann - und seine Tochter Fanny wird eine der berühmtesten Tänzerinnen nicht nur ihrer Zeit.

Rosenkranz gegen Ideenlosigkeit

In Haydns Haus in der Klostergasse entsteht Außergewöhnliches, indem es hier durch Haydn entsteht. Der Herr Kapellmeister und Komponist ist ein konsequenter Arbeiter und er weiß sich auf seine Weise zu helfen, sollte die Arbeit einmal stocken. "Wenn es mit dem Komponieren nicht so recht fort will, so gehe ich im Zimmer auf und ab, den Rosenkranz in der Hand, bete einige Ave, und dann kommen mir die Ideen wieder."

Streitigkeiten mit den Nachbarinnen

Zweimal brennt dem Ehepaar Haydn das Haus ab. Mit den beiden Nachbarinnen, Magdalena Frumwaldin und Theresia Spächin, gibt es Streitigkeiten, aufgrund derer Prozesse geführt werden müssen. Hat es dem Herrn Kapellmeister irgendwann gereicht? Im Oktober 1778 verkauft er das Haus samt allem, was dazu gehört um 2.000 Gulden an den fürstlichen Buchhalter Anton Lichtscheidl.

So richtig sesshaft kann Haydn hier ja doch nicht sein: Der Fürst benötigt ihn und das Orchester dort, wo er gerade selber ist - in Eisenstadt wohl auch, aber im Winter ebenso in Wien und sommers im neuen "Esterhazy'schen Feenreich" am Ostufer des Neusiedler Sees. Ein Fürstenhaus ist eben etwas sehr Bewegliches.

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Hör-Tipp
Haydn örtlich, jeden Montag, Mittwoch und Freitag bis einschließlich 22. Mai 2009, jeweils 15:06 Uhr

Links
austria.info - Joseph Haydn
Haydn 2009

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