Mehr als ein "Kleinmeister"?

Vater der slowakischen Nationaloper

Es konnte musikalisch noch weiter gehen, nach der "Verkauften Braut" und "Jenufa": Bratislava feiert die Zentralfigur der slowakischen Oper im 20. Jahrhundert, den 1908 geborenen Eugen Suchon, den "Vater der slowakischen Nationaloper".

Ausschnitt aus "Svätopluk"

Nationale Legenden, hoher Ton: Man meint, das Genre der großen heroischen Oper wäre mit dem 19. Jahrhundert untergegangen - aber nein. 1960 noch ist in Bratislava mit Eugen Suchons "Svätopluk" ein Werk uraufgeführt worden, das viel Chor, historische Kostüme, große Gesten und große Emotionen braucht, rund um den großmährischen Herrscher des 9. Jahrhunderts, König Svatopluk.

Ein Werk, in dem sich Libussa, Fürst Igor und Boris Godunow die Hand gereicht haben, obwohl "Svätopluk" bereits zur moderneren Spätphase im Schaffen des slowakischen Meisterkomponisten gehört, eine Königs-, Herrscher-, Volksoper auf den Spuren von Smetana, Borodin, Mussorgsky.

Suchons Volksoper "Krutnava"

Im November hat "Svätopluk" wieder Premiere am Slowakischen Nationaltheater Bratislava, eine Ausstellung im Slowakischen National-Museum feiert Eugen Suchon aus Anlass seines 100. Geburtstags schon jetzt als den "Vater der slowakischen Volksoper", und die andere, weniger hehre Oper von Suchon gehört in Bratislava ja überhaupt zum Standard-Repertoire, wie die "Verkaufte Braut" in Prag oder "Jenufa" in Brünn: "Krutnava".

Dass "Krutnava" oft als "Whirlpool" ins Englische übersetzt wird, ist irreführend: Nicht um Wellness geht es, sondern um den Strudel der Ereignisse, in den Tenor und Sopran, Ondrej und Katrena, gezogen werden. Wir sind in einem slowakischen Gebirgsdorf nach dem ersten Weltkrieg, wo der junge Ondrej aus Eifersucht zum Mörder wird. "Krutnava" bedient einerseits das Genre "Volksoper" mit Chor und Tanz, gleichzeitig wird psychologisches Drama unter betont einfachen Menschen gespielt, ohne Happy End. Ein effektvolles, starkes Stück Verismo auf Slowakisch aus dem Jahr 1949.

Die in Bratislava uraufgeführte "Krutnava" machte den Komponisten Eugen Suchon über Nacht zu einem der erfolgreichsten Musiker seines Landes. Und nicht nur hier: Auffallend schnell eroberte sich "Krutnava" die führenden Opernbühnen der damaligen Ostblockstaaten - Berlin, Leipzig, Budapest, Moskau. Diktaturen und Diktatoren sind künstlerisch selten mit der Avantgarde gegangen … und die Dichte, die Intensität von Suchons Musik, auch im Stillen, sprechen für sich.

Tonmalerische Orchestermusik

In seinem symphonischen Schaffen adoptierte Eugen Suchon bald die Zwölftontechnik, etwa in der "Sinfonietta rustica" - mit volltönenden Huldigungsmusiken ans kommunistische Regime angebiedert hat er sich nie. Im Gegenteil: Suchon, religiös, Kirchgänger, nie Parteimitglied, kam in den 1950er Jahren mehrfach in Erklärungsnotstand. Seinen "Brotberuf", eine Professur für Musiktheorie an der Uni Bratislava, behielt er dennoch bis zur Pensionierung 1974.

Den älteren "Psalm vom Karpatenland", die "Karpathische Suite", die "Symphonische Fantasie über B-A-C-H", seine populärsten Orchesterkompositionen, hat Suchon bis zu seinem Tod im Jahr 1993 noch oft im Konzertsaal hören können, ebenso den Repertoire-Dauerbrenner "Krutnava" am Slowakischen Nationaltheater. Wer dort, im "Neuen Haus", auch Eugen Suchons große Historienoper "Svätopluk" kennenlernen will, hat dazu ab 7. November 2008 Gelegenheit.

Hör-Tipp
Apropos Oper, Donnerstag, 18. September 2008, 15:06 Uhr

Veranstaltungs-Tipp
Ausstellung "Eugen Suchon - creator of national opera", Slowakisches Nationalmuseum Bratislava, bis Donnerstag, 30. Oktober 2008

Links
Slowakisches Nationaltheater
Slowakisches Nationalmuseum Bratislava