Öffentliche Vorstellungen in der Hofburg
Oratorien im Redoutensaal
Das Oratorium "Die Jahreszeiten" wird der Öffentlichkeit auf Haydns Wunsch im Großen Redoutensaal präsentiert, es läuft jedoch nicht ganz nach der Vorstellung des Meisters. Bei "Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze" ist das anders.
8. April 2017, 21:58
Haydn örtlich - Teil 52
Am 24. April 1801 wird Haydns Oratorium "Die Jahreszeiten" im Palais von Joseph Fürst Schwarzenberg auf dem Mehlmarkt uraufgeführt. Wie bei der ersten Produktion der "Schöpfung" vor fast genau drei Jahren an ebendemselben Ort, handelt es sich auch diesmal nicht um ein allgemein zugängliches, sondern um ein privates Konzert.
Als Veranstalter zeichnen wie vordem die "Assoziierten Kavalliere", deren Präsident Haydns Textdichter Gottfried van Swieten ist. Es bedarf einer Einladung dieser honorigen Gemeinschaft, um der Veranstaltung in der Adelsresidenz beiwohnen zu können.
Burgtheater und Redoutensaal
Die "Schöpfung" hat ihre erste frei zugängliche Aufführung im Burgtheater gehabt. Die "Jahreszeiten" sollen nach Haydns Wunsch aber im Großen Redoutensaal der breiten Öffentlichkeit präsentiert werden. Es ist dies der große Ballsaal in der Hofburg, in dem vor allem die Tanzvergnügungen in Masken ihren Platz haben. Der Komponist rechnet diesmal mit dem gleichen Enthusiasmus seitens des Publikums, wie er ihn bei seinem Oratorium von der Erschaffung der Welt und der Lebewesen erfahren hat.
Aber der 29. Mai 1801 ist für Haydn nicht gerade der glücklichste. Der esterházy'sche Beamte Joseph Carl Rosenbaum notiert in sein Tagebuch: "Ich ging in Redoutensaal: Die Jahreszeiten zum Vortheil des Haydn. Es war nicht sehr voll und kamen über 700 Personen." Damit war der Saal nur zur Hälfte gefüllt und der "Vorteil des Haydn" - was soviel heißt, wie dass die Nettoeinnahmen ihm gehören - war damit wohl auch nicht der größte. Aber sich freizuhalten von der schwankenden Meinung des wankelmütigen Volkes, das kann sich Haydn tröstenderweise vom römischen Dichter Quintus Horatius Flaccus raten lassen, dessen Werke er in seiner Bibliothek stehen hat. Zudem darf man getrost annehmen, dass Haydn auf diesen einen "Vorteil" nicht gar zu sehr angewiesen gewesen ist.
Ein passender Name
Im Übrigen: das französische Wort "Redoute", mit welchem ein Tanzfest in Maske bezeichnet wird, es beschreibt in seiner Grundbedeutung ein nach allen Seiten hin mit Brustwehren abgeschlossenes Befestigungswerk. Die Übertragung des Sinnes auf die Faschingsbelustigung passt - die Maske ist durchaus eine "Brustwehr", hinter der sich die Menschen vor der Umwelt verbergen, um sich desto heftiger der allgemeinen Narrheit hingeben zu können. Das Substantiv "Redoute" hängt zusammen mit dem Verbum "redouter", das soviel bedeutet wie "etwas sehr befürchten" - und beide sind Nebenformen von "douter" - "zweifeln".
Der Redoutensaal als Ort der Befürchtung und des Zweifels für Haydn, als wieder ein Werk von ihm dort aufgeführt werden soll? Am 26. Dezember 1803, dem Stephanitag, werden "Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze" in der Vokalfassung alldort gegeben. Wir müssen bei Haydn durchaus auch dessen Bescheidenheit und selbstkritische künstlerische Verantwortung in Anschlag bringen, wenn wir uns vorstellen, dass er diesem Konzert mit einer gewissen Bangnis entgegensieht. Der Stephansdom feiert an diesem Tag sein Patrozinium auch mit diesem Konzert, dessen Reinerlös den Armen des Wiener Vorortes St. Marx zugute kommt.
Die letzte Aufführung
Diesmal erweist sich aber das Publikum im Redoutensaal über Zweifel und Befürchtung erhaben und Joseph Carl Rosenbaum kann lapidar ins Tagebuch schreiben: "Es war sehr voll. Der Kaiser gab 1.000 Gulden." Haydn leitetet selbst die Aufführung - und es wird dies das letzte Mal sein, dass er in leitender Funktion vor ein Ensemble von Musizierenden tritt.
Er zieht sich fast ganz zurück von der Öffentlichkeit. In seinem Haus empfängt er aber gerne Besuche, wie jenen des jungen Carl Maria von Weber, der bei Haydns Bruder Michael in Salzburg studiert hat. Für Weber, den ersten Meister der Romantik, ist der Besuch ein unvergessliches Erlebnis: "Die Schwäche des Alters ausgenommen, ist Haydn immer munter und aufgeräumt und unterhält sich besonders mit jungen Künstlern gern. Es ist rührend, die erwachsenen Männer kommen zu sehen, wie sie ihn Papa nennen und ihm die Hand küssen."
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Hör-Tipp
Haydn örtlich, jeden Montag, Mittwoch und Freitag bis einschließlich 22. Mai 2009, jeweils 15:06 Uhr
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Links
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