Die allerletzte Ruhestätte
Mausoleum für Haydn
Einige Wege musste Haydn als toter Mann zurücklegen, bis ihm endlich eine allerletzte Ruhestätte zuteil wurde: In Eisenstadt wird in der Kirche eine Gruft für Haydn errichtet. Nach einigen Problemen kann auch der Kopf zurückgebracht werden.
8. April 2017, 21:58
Haydn örtlich - Teil 59
5. Juni 1954 - das sind 145 Jahre und fünf Tage nach dem Hinscheiden Joseph Haydns: Die Menschen in Österreich hoffen noch immer auf einen Staatsvertrag mit den vier Alliierten. Aber seine kulturellen Kräfte hat das Land nach den Entsetzlichkeiten des Zweiten Weltkrieges - und zum wieviel wiederholten Male schon? - bereits aufs Neue mobilisiert.
Und nun kann endlich zusammenkommen, was zu Lebzeiten unzertrennlich gewesen ist: in einem förmlichen Triumphzug wird Haydns Kopf aus dem Musikvereinsgebäude in Wien geholt und über den Geburtsort Rohrau an der Leitha geht es nach Eisenstadt, hinauf zur Bergkirche.
Probleme mit dem Gesetz
Dort ist man schon lange auf dieses Ereignis vorbereitet - aber einstweilen noch vergeblich.
Als die Welt im Jahre 1932 Haydns 200. Geburtstag feiert, da beschließen die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien und das Haus Esterházy, Haupt und Glieder des Meisters wieder zusammenzubringen. Die fürstliche Familie lässt in der Kirche eine Gruft errichten, der alles, was an Haydn sterblich war, anvertraut werden soll. Aber es spießt sich doch noch einmal. Die Wiener Landesgesetze verbieten damals einen Transport von Leichenteilen über die Grenzen der Stadt hinaus. Also bleibt der Kopf eben vorerst noch in der Bundeshauptstadt und in der Obhut des Musikvereines.
Aber 1954 ist es endlich möglich und im letzten Akt dieser Anderthalbjahrhundertgeschichte fügt der damals hoch angesehene, aus Eisenstadt gebürtige Bildhauer Gustinus Ambrosi alles, was einstmals Haydn war noch einmal - und in der Hoffnung, dass dies nun für immer sei - zusammen.
Ewiges Leben
Schon 1915 - mitten in der Zeit des ersten Weltkrieges - hat der bedeutende Musikforscher Alfred Schnerich an der Grabstelle unter der Kirche einen Vers aus dem Psalm 117 anbringen lassen, der nun auch die neue Gruft ziert und im Zusammenhang mit einem Menschen, dessen Geist ein - wenn auch nur menschliches - Maß an Unsterblichkeit zugebilligt wird einem hoffnungsvollen Gedanken Ausdruck gibt:
"Non moriar sed vivam et narrabo opera Domini." Von den Werken des Herrn will ich erzählen, ich, der ich nicht sterben, sondern leben werde - so soll uns Haydns Geist vom letzten irdischen Ruheplatz seiner irdischen Hülle aus ansprechen. Der Komponist hat in seinem Oratorium "Die Schöpfung" einen aus diesem Psalmfragment abgeleiteten Text vertont: "Die Himmel erzählen die Ehre Gottes."
Haydns Ruhm nicht immer eindeutig
Haydns Ruhm ist bis dato nicht immer unbestritten. Das 19. Jahrhundert weiß aus mannigfaltigsten Gründen mit ihm nichts mehr oder noch nicht wieder etwas anzufangen. Ausnahmen sind Anton Bruckner, der sich schon als Sängerknabe in St. Florian besonders kunstvolle Passagen aus Haydns Messen handschriftlich notiert und Johannes Brahms, der über ein Thema Haydns phantasievolle Variationen komponiert.
Mozart und Beethoven scheinen dem Vater der Wiener Klassik den Ruhm immer wieder abzulaufen. Freilich: Haydn ist keine Persönlichkeit, die zur Ikone werden kann wie die beiden anderen genannten Klassiker. Es bedarf wieder einmal des in Vielem so hellsichtigen Johann Wolfgang von Goethe, der befähigt ist, mit der Macht seiner Worte und Gedanken allzu voreilige Kritiker zur Überprüfung des eigenen Standpunktes anzuregen:
So hat mir das eigene Ausüben und Anhören seiner Werke eine wiederholte Totalempfindung mitgeteilt, indem ich dabei die unwillkürliche Neigung empfand, etwas zu tun, das mir als gut und gottgefällig erscheinen möchte. Dass der Grundcharakter seines ganzen Genius kein geringerer sei als der sichere Ausdruck einer freien, klaren, keusch geborenen Seele, wünsche ich wohl so wahr und warm ansprechen zu können, als ich es fühle.
Wollte jemand einzelne Beispiele des Gegenteils anführen, so würde ich mich alsbald Durch Haydns Symphonien und Quartette zu schützen wissen, die ganz allein sein eigen sind und wo keiner über ihm steht. Diese seine Werke sind eine ideale Sprache der Wahrheit, in ihren Teilen notwendig zusammenhängend und lebendig. Sie sind vielleicht zu überbieten, aber nicht zu übertreffen.
Mehr zu "Haydn 2009" in oe1.ORF.at
Hör-Tipp
Haydn örtlich, jeden Montag, Mittwoch und Freitag bis einschließlich 22. Mai 2009, jeweils 15:06 Uhr
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Links
austria.info - Joseph Haydn
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