Schlechtes Zeugnis der OECD

Studieren in Österreich

Die Abschaffung der Studiengebühren wurde an den Unis teils begrüßt, teils abgelehnt. Fragen der Finanzierung bleiben offen. Dabei zeigen auch internationale Vergleiche, dass in Österreich dringend mehr in die Bildung investiert werden müsste.

Mit dem Parlamentsbeschluss vom 24. September 2008 sind in Österreich die Studiengebühren gefallen. Auch die Zugangsbeschränkungen an Österreichs Universitäten sind reduziert. Nur in den drei Medizinstudien und im Fach Psychologie werden Auswahlverfahren angewandt. Nach der Bildungsstudie der OECD "Education at a glance" 2008 sind jedoch weder Studiengebühren noch Zugangsbeschränkungen die Gründe dafür, dass Österreich nur im unteren Drittel der Europäischen Bildungslandschaft rangiert.

Die OECD stellt Österreich kein gutes Zeugnis aus. Die Akademikerquote der Bevölkerungsgruppe der 25- bis 64-Jährigen liegt mit 18 Prozent deutlich unter dem OECD Durchschnitt von 27 Prozent. Auch unterscheidet sich der Akademikeranteil unter den Jüngeren, den 25- bis 34-Jährigen nur wenig von jener Generation, die bald den Arbeitsmarkt verlassen wird. Konkret heißt das, dass in Österreich kaum mehr Menschen eine akademische Ausbildung abschließen als vor 25 oder 30 Jahren.

Ein Drittel Studienabbrecher
Dieser Trend wird den Anforderungen des Arbeitsmarktes aber nicht gerecht. Denn in den hoch spezialisierten Arbeitsmärkten der Industrieländer sind qualifizierte Mitarbeiter gefragt. Unqualifizierte Arbeiten wurden und werden heute noch in Billiglohnländer transferiert. Eine gute Ausbildung ist also die Voraussetzung dafür, Arbeit zu finden. Doch von den 40 Prozent Jugendlichen eines Jahrgangs, die nach der Matura ein Hochschulstudium beginnen, brechen ein Drittel der Studenten ihr Studium vorzeitig ab.

Überfüllte Hörsäle, Administrative Hürden, und zu wenig persönliche Betreuung: Das sind zentrale Gründe, warum Studenten das Studium wechseln - oder abbrechen, berichtet Samir Al Mobayyed. Er ist seit Juni 2008 Vorsitzender der Österreichischen Hochschülerschaft. Gründe für einen Studienabbruch liegen auch in der mangelnden Information für Studienanfänger.

Verwaltung des Mangels
Der so genannte Massenandrang an den Universitäten ist nicht nur an einigen wenigen Instituten zu bemerken. Denn Platz- und Personalmangel gehört zum Alltag an österreichischen Universitäten. In der Studienrichtung Pharmazie der Universität Wien, zum Beispiel, erwartet die Institutsleitung 600 Erstanmeldungen für das Studienjahr 2008/09.

Von diesen 600 Studenten werden nur 120 bis 130 das Studium tatsächlich abschließen, meint Helmut Viernstein. Er ist Studienprogrammleiter für das Fach Pharmazie. Bereits nach den ersten zwei Semestern werde sich die Zahl der Studierenden mehr als halbieren. Als Knock-out-Verfahren möchte Helmuth Viernstein die Prüfungen im ersten Studienabschnitt jedoch nicht verstanden wissen.

Anders war die Situation am Institut für Publizistik. Hier wurde im Herbst 2007 eine zusätzliche Prüfung eingeführt, um die Eignung der Studenten zu testen. Diese Zulassungsprüfung fällt mit dem Nationalratsbeschluss vom 24. September. Was bleibt, sind eine Vielzahl von Prüfungen, die notwendig sind, um die darauf aufbauenden Lehrveranstaltungen besuchen zu dürfen.

Internet als Hürde
Es wird aber nicht nur mit Prüfungen selektiert und ausgesiebt. Denn schon der Zugang zu den Lehrveranstaltungen gestaltet sich als Hürde. Die Anmeldungen zu Lehrveranstaltungen laufen über das Internet. Nur Studenten mit schneller Internetverbindung schaffen den termingerechten Einstieg. Die übrigen haben das Nachsehen.

Mit diesen Strategien versuchen die Institutsleitungen, den Ansturm an den Instituten zu bewältigen. Denn der Personalstand reicht nicht aus, um die wachsende Zahl der Studienanfänger zu betreuen. Zum Beispiel im Bereich Pharmazie an der Universität Wien: bei konstantem Personalstand hat sich in den vergangenen Jahren die Zahl der Studienanfänger verdreifacht.

Es gibt aber noch einen anderen Weg, den Ansturm der Studenten zu bewältigen: nämlich die sogenannte Studienzugangsbeschränkung. In den drei Medizinstudien sowie im Fach Psychologie bleiben diese aufrecht. Die übrigen Zugangsbeschränkungen an Österreichs Universitäten sind gefallen. Ausgenommen sind die Aufnahmeprüfungen für Fachhochschulen und Kunstuniversitäten.

Diese Auswahlverfahren haben einen großen Vorteil, bemerkt Rektor Gerald Bast von der Universität für angewandte Kunst in Wien: Studienabbrecher gibt es an seiner Universität praktisch nicht. Konkret werden an der Universität für angewandte Kunst etwa 10 bis 20 Prozent der Bewerber aufgenommen. Das Prinzip der Aufnahmeprüfungen sei aber nicht auf die gesamte Universitätslandschaft in Österreich übertragbar, meint Gerald Bast: "Aufnahmeprüfungen sind keine Lösung, um Ressourcenprobleme in den Griff zu bekommen. Wollen wir international konkurrenzfähig bleiben, müssen wir die Zahl der Absolventen ausweiten".

Poker um Bildungsausgaben?
Hier stößt das Österreichische Universitätswesen jedoch an seine Grenze. Nicht nur Rektoren und Institutsvorständen beklagen, dass zu wenig Geld für Personal, Räume und Labors zur Verfügung steht. Die Bildungsstudie der OECD "Education at a glance" 2008 stellt fest, dass das Bildungsbudget in Österreich im internationalen Vergleich zu niedrig ist. Trotz Inflation und wachsender Studentenzahlen haben sich die Bildungsausgaben in den vergangenen Jahren nicht erhöht.

Im Herbst 2007 wurde jedoch im Nationalrat beschlossen, bis zum Jahr 2020 die Universitätsbudgets von derzeit 1,2 Prozent des Bruttoinlandproduktes auf 2 Prozent zu erhöhen. Die Rektorenkonferenz der Österreichischen Universitäten erhofft sich hier eine Summe von 400 Millionen Euro, die den Österreichischen Universitäten zusätzlich zufließen soll. Diese Summe sieht Wissenschaftsminister Johannes Hahn jedoch nicht.

Die Abschaffung der Studiengebühren ist für die Studenten eine massive Entlastung. Die Vertreter der Rektorenkonferenz fürchten aber, dass die versprochene Budgeterhöhung Seiten des Bundes stagniert. Gerald Bast ist der stellvertretende Präsident der Rektorenkonferenz: "Die Universitäten wissen nicht, wie diese anfallenden Mehrkosten finanzieren sollen. Denn ursprünglich wurden Studiengebühren eingeführt, um Budgetkürzungen zu kompensieren. Das gerät heute leicht in Vergessenheit".

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Hör-Tipp
Journal Panorama, Dienstag, 7. Oktober 2008, 18:20 Uhr