Mit besonderer Affinität zu starken, reifen Frauen

Marie Jung, Schauspielerin

Mit Theater kam sie schon früh in Berührung: Marie Jung, Jahrgang 1985, die am Reinhardt Seminar Schauspiel studiert. Im Sommer debütierte sie in Bad Hersfeld als Julia. Am 20. Februar 2009 hat sie in Millers "Hexenjagd" Premiere am Schauspielhaus Basel.

"Mit dem Theater kam ich schon sehr früh in Berührung, da mein Vater Schauspieler ist. Gleichzeitig wurden meine Schwester und ich aber von diesem Metier ferngehalten. Wir waren nie auf der Bühne oder in der Kantine. Ich habe zwar viele Aufführungen gesehen, habe aber nie etwas aktiv in dieser Richtung machen wollen. Ich hatte damals eine gewisse Hassliebe, was das Theater anbelangte. Wenn man über Theater oder über Stücke sprach, wurde ich sehr emotional, wenn meiner Meinung nach etwas übersehen oder falsch gesehen wurde.

Nach der Matura wollte ich zunächst Romanistik, Germanistik und eventuell Theaterwissenschaften studieren. Zunächst ging ich als Aupair-Mädchen nach Südfrankreich, weil ich Kinder sehr mag. Ich merkte damals, dass mir etwas fehlte, wusste aber nicht, was.

Nach meiner Rückkehr besuchte ich erstmals eine Bühnenprobe, da ich überlegte, Dramaturgie zu machen. Als ich danach meiner Mutter von dieser Probe erzählte, sagte ich: 'Ich werde Schauspielerin'. Bevor es mir überhaupt bewusst war, kam es aus mir heraus", erzählt Marie Jung, die aus Düdelingen in Luxemburg stammt, Jahrgang 1985.

Seit 2005 studiert die junge Künstlerin Schauspiel am Wiener Max Reinhardt Seminar Schauspiel. Im Juni 2009 wird sie ihr Studium abschließen.

Erste Erfahrungen hatte die Nachwuchs-Schauspielerin im Rahmen von Schultheater-Produktionen gemacht. Allerdings ohne Ambitionen für ihre berufliche Zukunft.

Durch erstes Vorsprechen in Wien

Nach Wien kam Jung, weil sie hier den ersten Vorsprech-Termin erhielt:

"Ich dachte mir damals: dort, wo man mich aufnimmt, wird schon der richtige Ort für mich sein. Ich habe erst später erfahren, welches Glück ich hatte, am Reinhardt Seminar aufgenommen zu werden."

Die Persönlichkeits-Farben

"Ich denke, dass jeder Mensch in sich eine unendliche Farbpalette hat. Was mich am Theater so fasziniert, ist, dass ich durch diese Arbeit jene Farben, die ich früher nie genutzt habe, nun aufspüren und benutzen darf. Es ist die Möglichkeit, die Varianten meiner Persönlichkeit, die ich für mein Leben nicht gewählt habe, in Bühnenfiguren auszuleben", erläutert die junge Künstlerin.

"Hexenjagd"-Premiere am 20. Februar in Basel

Am 20. Februar 2009 hatte Marie Jung in der Rolle der Mary Warren Premiere in Arthur Millers "Hexenjagd" am Schauspielhaus Basel:

Durch ein geglücktes Vorsprechen im Vorjahr erhielt die erfolgreiche Nachwuchs-Schauspielerin einen Stückvertrag am Theater Basel für das Miller-Stück. "Seit vergangenem Dezember hatte ich Proben in Basel. Ich freue mich natürlich enorm über dieses Engagement", so Jung zu ihrer aktuellen Theaterarbeit.

Mehr dazu in Aktuelle Veranstaltungen

Affinität zu starken Frauen

"Ich mag weniger die Mädchen-Rollen, die Naiven und Freien. Ich bin eher pessimistisch und humorvoll. Deshalb war die Julia, die ich jetzt gespielt habe, eine große Herausforderung für mich – alle Vorbehalte, allen Zynismus über Bord zu werfen und einfach frei zu sein. Nicht nur lieben zu wollen, sondern zu lieben.

Ich fühle mich eher bei den reifen, starken Frauen zuhause. Denn auch in ihnen steckt ja das kleine Mädchen, das sie einmal waren. Die Marquise de Merteuil aus den 'Gefährlichen Liebschaften', die ich am Seminar in der Regie von Katja Lehmann durfte, war daher eine ganz wichtige Rolle für mich", erklärt Jung.

Mehr zu Katja Lehmann in Ö1 Talentebörse

Von Schiller bis Durang

Inzwischen hat die junge Schauspielerin im Unterricht bereits zahlreiche Rollen erarbeitet: von Lessings "Emilia Galotti" über Schillers Elisabeth aus "Maria Stuart" bis zur Marjorie in William Mastrosimones "Bis zum Äussersten".

"Fachlich habe ich bei der Elisabeth am Meisten gelernt - und lerne seit etwa eineinhalb Jahren immer noch. Denn ich habe diese Rolle nie auf Resultat gearbeitet. Man lernt hier so viel: mit der Sprache Schillers umzugehen, diesen Menschen, diese Situation zu erfassen. Wie ist es aus heutiger Sicht, Königin zu sein?", schildert Jung.

Debüt mit Shakespeares Julia in Bad Hersfeld 2008

2008 debütierte die Nachwuchs-Schauspielerin als Julia" in Shakespeares "Romeo und Julia" in der Inszenierung von Arie Zinger bei den Bad Hersfelder Festspielen:

"Die Julia war auf den unterschiedlichsten Ebenen eine Herausforderung für mich. Ich stand erstmals mit Profi-Kollegen auf der Bühne. Und zwar auf einer großen Freilichtbühne, vor einem Festspiel-Publikum. Das war einerseits ungemein bereichernd, anderseits eine enorme Herausforderung", berichtet Jung.

"Und ich habe hier erstmals mit einem Profi-Regisseur zusammengearbeitet. In einer Szene wollte Arie Zinger, dass ich in die Knie gehe, was für mich nicht stimmte. Aber ich konnte auch noch keine Alternative anbieten. In dieser Situation fühlte ich mich wie ein Kind, das noch nicht laufen kann. Wir hatten dann einen sehr schönen Dialog und er ist sehr auf mich eingegangen", berichtet Marie Jung.

Schauspielerin und Mutter sein

Derzeit bereitet sich die begeisterte Schauspielerin, die auf ein Fix-Engagement hofft, auf die Vorsprechen, die im November starten, vor.

Wie ihre beruflichen Zukunftswünsche lauten? "Ich möchte als Schauspielerin leben können - und deshalb glücklich werden. Denn ich kann nichts anderes, als Schauspielerin sein. Und dass ich es schaffe, auch Mutter zu sein - und beides vereinbaren zu können", so Marie Jung.

Die Ö1 Talentebörse ist ein Kunstförderprojekt mit Unterstützung der Bank Austria

Mehr zu erarbeiteten und gespielten Rollen von Marie Jung in oe1.ORF.at

Kontakt
Marie Jung

Tipp
Die Porträts der Ö1 Talentebörse können seit 1. September im Rahmen der Ö1 Podcast nachgehört werden. Alle Sendungen des kostenfreien Radio-Abos finden Sie hier.

Links
Max Reinhardt Seminar
Bad Hersfelder Festspiele
Theater Basel
Fama Film - "Der Fürsorger"
Filmreakter - RTL Reportage: Der Fürsorger
Rodafoto - Festspiele 2008