Geiz ist doch geil
Wer am wenigsten bietet, gewinnt
Ein Porsche um 71 Euro 67 Cent oder ein iPod um 25 Cent - eine neue Form von Internet-Versteigerungen macht es möglich, sogenannte Rückwärts-Auktionen. Dabei gewinnt nicht der Höchstbietende, sondern der mit dem niedrigsten alleinstehenden Gebot.
8. April 2017, 21:58
Einen halben Euro kostet ein Gebot auf hammerdeal.de. Man muss es auf den Cent genau abgeben - und erfährt sofort, ob man allein am wenigsten geboten hat oder ob dieselbe Summe von mehreren Bietern vorgeschlagen wurde. Dann nämlich hat man keine Chance auf die Ersteigerung etwa eines Flachbild-Fernsehers.
Je mehr Gebote, desto besser der Verdienst
Die Auktions-Plattform verdient ausschließlich über die Gebühren für die Gebote. "Sie können sich ausrechnen: Wenn Sie dreihundert Euro refinanzieren wollen bei 50 Cent Gebotsgebühr, dann brauchen Sie sechshundert Gebote und mehr - das schaffen wir momentan schon", so Ralf Otto Reisel, Projektleiter bei hammerdeal.de.
Damit möglichst viele Leute auf einen Artikel bieten, geht Hammerdeal.de Medienkooperationen ein, etwa mit Zeitungen oder Sendern, die am Gewinn beteiligt sind. Nicht zufällig ist einer der Finanziers dieser Auktionsplattform ein Spezialist für Mehrwert-Dienste.
Die Kasse klingelt, wenn möglichst viele mitmachen und Gebote abgeben.
Klingt irgendwie nach Glücksspiel. Das hört der Geschäftsführer einer weiteren deutschen Rückwärts-Auktions-Plattform, Stefano Zorzi von auktionclick.de, überhaupt nicht gern.
Mit der richtigen Taktik zum Ziel
"Nein, Glücksspiel wird vom Schicksal bestimmt. Aber wenn man hier ein Gebot abgibt, weiß man sofort, wie es liegt. Deshalb kann man mit Strategie darauf antworten und so einen guten Preis erzielen. Wir haben ein paar Autos in der Auktion angeboten. Ein einzelner Mann hat gleich zwei dieser Autos ersteigert. Warum? Weil er eine sehr intelligente Strategie einsetzte", so Zorzi.
Zur Strategie kann etwa gehören, sogenannte Intervallgebote abzugeben, also 100 Gebote auf einmal einzustellen und so jeden Cent-Betrag von 3,00 bis 3,99 Euro durch ein einmaliges Gebot abzudecken - zu entsprechenden Kosten natürlich. Bei auktionclick.de kostet ein Gebot schließlich bis zu zwei Euro.
Ein spielerischer Ansatz
Ralf Otto Reisel scheut sich im Gegensatz zu Stefano Zorzi nicht, die Rückwärts-Auktionen als Unterhaltung zu bezeichnen.
"Also es ist ein mit Strategiekomponenten verbundener spielerischer Ansatz. Es ist keine klassische E-Commerce-Handelsplattform, sondern eher dem Entertainment zuzurechnen."
Hör-Tipp
Digital.Leben, Montag bis Donnerstag, 16:55 Uhr
Links
hammerdeal.de
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