Musikalische Gruppenlehre

Wien Modern - Vor und zurück

Noch bis 16. November dauert das Festival Wien Modern. Nächster Höhepunkt wird am kommenden Freitag die Aufführung von Stockhausens "Gruppen" durch das RSO-Wien sein. Bemerkenswert waren auch die Konzerte des Arditti-Quartetts.

Bei Wien Modern ist in diesen Tagen gerade der gut besuchte Schwerpunkt "Musik und Gehirn" angesetzt, in den kommenden Tagen gibt es außerdem wieder ein Kooperation von Tanzquartier Wien und Wien Modern mit Arbeiten von Xavier Le Roy und diesen Freitag steht eines der spektakulärsten Programme des ganzen Festivals auf dem Programm: Im großen Wiener Konzerthaussaal erschallt von allen Seiten Orchestermusik. Genau 50 Jahre nach der Uraufführung erklingen die "Gruppen" von Karlheinz Stockhausen, das RSO-Wien wird dieses spekatakuläre Konzert spielen.

50 Jahre später
Ein Mehr an Gleichzeitigkeit von Sinnlichkeit und Rationalität ist schwer zu finden: Ein Mahlstrom an durch den Raum wirbelnden Klängen - das Orchester ist in den titelgebenden "Gruppen" rund um das Publikum verteilt - zieht das Publikum in einen Sog musikalischer Grenzerfahrung und lässt dennoch keine Sekunde lang den geringsten Zweifel darüber aufkommen, dass man sich zugleich in einer Sternstunde höchst artifiziell durchorganisierten Klangdenkens befindet. Wie bei der vom Komponisten vor 50 Jahren dirigierten Uraufführung wird dieser "Klassiker" zweimal realisiert - es dirigieren Rupert Huber, Matthias Hermann und Jean Deroyer. Ö1 überträgt das Konzert live.

Hardcore-Musik

Letzte Woche spielte das Arditti-Quartett zwei Konzerte, eines davon ein launisches Wunschkonzert, das andere ein besonders strenges, wenn man so will. Sollte es so etwas wie Hardcore in der Neuen Musik geben, dann gehört die Musik des britischen Komponisten Brian Ferneyhough und zwar sein jüngstes vollendetes Streichquartett mit dem lateinischen Titel "Dum transisset" dazu.

Brian Ferneyhough gilt wohl als der Vertreter einer hochkomplexen neuen Musik, ja sogar als Vorreiter einer Bewegung, die sich dann für eine Weile "new complexity" nannte. Doch Ferneyhoughs Musik ist nicht bloß unnahbar und modernistisch, sie hat einerseits natürlich ihre hochenergetischen Intensitätszustände, gegen die man sich beim Hören fast Aufbäumen muss, um nicht überfahren zu werden, sie hat aber andererseits auch - und das ist eher bemerkenswert bei einem "Modernisten" - ihre doppelten Böden und vielfältigen historischen Bezugnahmen. Es ist Musik gleichen Titels des englischen Renaissance-Komponisten Christopher Tye, auf die sich Ferneyhough bezieht und es ist vor allen Dingen die Welt spätmittelalterlichen Denkens und Bilderzeigens überhaupt, auf die der Komponist rekurriert.

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Hör-Tipps
Zeit-Ton, Dienstag, 4. November 2008, 23:05 Uhr

Wien Modern 2008 live, Freitag, 7. Novemebr 2008, 19:30 Uhr

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Wien Modern