Palfrader und Scheuba als Kleinkünstler

Männer fürs Grobe

Zwei Provokateure, verbale Tretminen, begeben sich auf eine Reise zum Ursprung ihres Zorns. Der Weg führt sie über Berge der Gemeinheiten, Ozeane der Dreistigkeit und Abgründe der eigenen Unzulänglichkeit bis in den "sicheren" Hafen des Publikums.

Zwei bösartige Gfrastsackln

Roman Palfrader und Florentin Scheuber: "Wenn ihnen einmal fad ist, dann googeln sie doch einmal Roman Palfrader, sie werden fast so viele Einträge finden wie bei meinem richtigen Namen."

Auf der Bühne sind gleich zwei Künstler darüber erfreut, dass ihre Namen endlich einmal richtig geschrieben wurden: nämlich Robert Palfrader und Florian Scheuba. Ob das wohl Koketterie ist oder ehrliche Emotion, wer weiß. Jedenfalls sind die beiden Künstler in Österreich nicht ganz unbekannt.

Robert Palfrader, erfreulichste Erscheinung im Comedy-Format "Echt fett", regiert seit Herbst 2007 als Majestät Robert Heinrich I. sein Fernseh-Volk. Florian Scheuba, Mitbegründer der seit 1981 aktiven Kabarettgruppe Die Hektiker, war in der jüngeren TV-Geschichte Teil des Quartetts "Die 4 da". Beide Künstler wurden 2008 mit einer Romy geehrt. Vor das Kabarettpublikum treten Palfrader und Scheuba als "Männer fürs Grobe".

Kaiser auf Eis

"Ich werde den Kaiser hoffentlich bald los sein, die dritte Staffel wird Sommer 2009 enden und dann lege ich den Kaiser in Kryostase", sagt Palfrader. "Ich werde diese Figur schockgefrieren und schauen, ob man sie bei Bedarf in einigen Jahren für die eine oder andere Veranstaltung wieder auftauen kann. Aber ansonsten lasse ich dieses arrogante Stück Fleisch einfach ruhen. Ich verstehe mich als Unterhaltungshandwerker, habe Ansprüche an meine Arbeit und spiele wahnsinnig gerne Theater. Das lässt mich auch wachsen - nicht nur als Darsteller, sondern auch persönlich. Mit der Figur des Kaisers habe ich nicht das Gefühl, dass ich noch wachsen könnte."

Er ist sichtlich irritiert, dass man mit einer Figur wie seine Majestät Robert Heinrich I. positive Rückmeldungen bekommen kann. Immerhin hat der Schauspieler und Unterhaltungshandwerker laut eigenen Aussagen alle Kraft dahingehend verwendet, den Kaiser so unsympathisch und arrogant wie möglich anzulegen. Auf der Bühne mit Florian Scheuba hingegen versuchen die beiden Künstler, so authentisch über die Rampe zu kommen, wie es in einem kabarettistischen Event eben möglich ist.

Perfider Plan

Robert Palfrader und Florian Scheuba verfolgen bei ihrem ersten gemeinsamen Bühnenprojekt - auf mehreren Ebenen - einen perfiden Plan. Zum einen wollen sie ganz und gar nicht bescheiden, sondern vordergründig ihre Präsenz in der österreichischen Fernsehlandschaft zum Thema machen. Besser gesagt: zum Thema ihres vorprogrammierten Konkurrenzkampfes um die Gunst des Publikums.

Eines machen die Männer fürs Grobe an ihrem Abend schnell klar: Wer auf ein dramaturgisch durchkomponiertes Stück oder auf gemeinsam erarbeitete Nummern, auf Sketches wartet, der wartet vergeblich. Geboten wird eine Abfolge von Szenen, die Rupert Henning im Sinne eines Kammerspiels choreographiert hat, die allerdings stets mit dem Gestus einer Jam-Session, einer spontanen Improvisation spielen.

Hervorgekramt werden beispielsweise Ideen, wie - für den noch zu bestreitenden Abend - Anleihen aus Maxi Böhms Buch "Witzepräsident" zu nehmen, Alphons Haiders Biografie zu bemühen oder auch Kollegen aus der Kabarettszene weniger schmeichelhaft zu Leibe zu rücken. Mit Spott wird nicht gespart, auch nicht mit Selbstreflexion, die beiden Herren auf der Bühne schimpfen und zetern über alles und jeden, was eben gerade in den Sinn kommt.

Gnadenlose Grobheiten

"Wir zwei haben eine unterschiedliche Form von Grobheit. Robert ist von seiner Ausstrahlung her oft grob, weil er gnadenlos Leute angeht und wirklich eine physische Gewalt darstellt", meint Florian Scheuba. "Ich kann verbal wahnsinnig grob sein. Wenn ich mich über Dinge ärgere, kann der Zynismus überhand nehmen und dann wird es wirklich grob. Natürlich sehen wir uns nicht ausschließlich als Männer fürs Grobe, das wäre ja irgendwie traurig. Das ist ja kein Preisboxer-Abend. Auch deswegen ist es bei diesem Abend so wichtig für uns, dass wir uns selber auf den Arm nehmen und uns hinterfragen, weil jemand, der hart austeilt, sollte auch sich selbst gegenüber gnadenlos sein", analysiert Florian Scheuba die Rollen der beiden scheinbar groben Männer auf der Bühne.

Ein Aspekt in diesem Programm ist auch der Zorn, sagt der Kabarettist und bezeichnet sich und seinen Kollegen als die Zornarbeiter. Wer also in den ersten Minuten des gemeinsamen Programmes von Florian Scheuba und Robert Palfrader gerätselt haben mag, wohin dieser Abend wohl führt, der wird von den Künstlern auch bald auf die richtige Fährte gelockt. Der Zorn ist es, der die beiden bewegt und den Diskurs auf der Bühne in Bewegung hält. Und zornig sein, das ist ja auch hierzulande ein bekanntes wie leicht nachvollziehbares Motiv für vieles.

Scheuba und Palfrader orten die ersten zornigen Männer schon im Alten Testament. Und sie stehen diesen Empfindungen publikumswirksam um nichts nach - zum Beispiel, wenn Robert Palfrader über die weniger vertrauenswürdigen Veranstalter nachdenkt, die nur eines im Sinne haben: den Profit der Künstler zu minimieren. Doch der TV-Kaiser macht ihnen einen Strich durch die Rechnung. Mittels einer selbst installierten Kamera will er das Publikum filmen, um später durch Abzählen die Besucherzahl und damit die Summe der verkauften Sitzplatzkarten zu ermitteln. Doch, wie das in der Branche einmal so üblich ist: Nicht jeder musste für seine Karte bezahlen. Um die Gegenprobe zu erstellen, lässt Robert Palfrader die geladenen Gäste im Publikum aufstehen.

Mutig in die neuen Formen

Getraut haben sich die beiden Künstler wirklich etwas, nämlich einen Abend zu gestalten ohne auf mögliche Erwartungshaltungen des Publikums Rücksicht zu nehmen, einen Abend, der - da die beiden Künstler eine lange Freundschaft verbindet - sehr persönlich in der Anmutung ist, bei dem gelegentlich aber die Motivation der Zuschauer etwas überschätzt wird, diesem Diskurs zweier Freunde über lange Strecken folgen zu wollen.

Eine Fantasie schwingt natürlich bei dem Programm "Männer fürs Grobe" stets mit: Was wäre wohl herausgekommen, hätten Robert Palfrader und Florian Scheuba ihre Möglichkeiten dahingehend ausgeschöpft, einen Abend von größerer formaler und inhaltlicher Strenge zu komponieren, ein Kabarettprogramm, das in seiner Komposition mehr will als eine Form brechen und eine ungewöhnliche Freundschaft mit ungewöhnlichen Mitteln darstellen. Doch die Beantwortung dieser Frage überlassen die beiden Künstler der Fantasie ihres Publikums.

Dieses hat am 4. September 2009 in der Hollabrunner Kulturmüh‘, von 8. bis 10. September 2009 im Orpheum in der Wiener Donaustadt und am 24. September 2009 im Nikodemus von Purkersdorf Gelegenheit dazu.

Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 30. August 2009, 22:05 Uhr

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