Die neue Modeszene in Wien Neubau

Der glorreiche Siebente

Abseits des Mainstreams der Mariahilfer Straße entwickelte sich der siebente Wiener Gemeindebezirk zum Design- und vor allem Mode-Zentrum. Lokale Labels bedienen in Showrooms und Gemeinschaftsläden spezielle Shopping-Gelüste.

Die Straßenbahnlinie 49 fährt mitten durch den Siebenten. Ein fetter Nazi-Flakturm ragt monströs aus dem Hof einer K.u.k-Kaserne, niedrige Biedermeierhäuser säumen Gassen aus Kopfsteinpflaster. Gründerzeit und Jugendstil erheben sich so dominant, dass einzelne Bausünden nicht weiter auffallen.

Vom Museumsquartier zur Neubaugasse windet sich die Straßenbahn, durch die Westbahnstraße vorbei an einer schmucken Barockkirche bis hin zur neuen Stadtbibliothek. Zum Gürtel hin dünnt die urbane Struktur weniger aus als anderswo aus, der bunte Mix aus Lokalen, Geschäften und dem gewissen Etwas reißt kaum ab.

Boboville

Für österreichische Modemacher wurde Neubau in den letzten Jahren zu dem, was Hollywood für internationale Schauspieler ist: "the place to be". Der Siebente ist ein grün regierter Bezirk, hier wohnen angeblich besonders viele "Bourgeoise Bohemiens", die ihr Geld lieber in schöne Dinge als in protzige Statussymbole stecken. Ein Mix aus Kundschaft, Kollegen und Konkurrenz beflügelt also die Nachbarschaft, hier siedeln sich alle Designer an, die es wirklich wissen wollen.

Nachdem die frühen 1980er das malerische Spittelberg-Areal vor der Vernichtung bewahrt haben, ist die Zeit nicht stehen geblieben. Die große Mariahilfer Straße zieht mehr denn je die breite Masse an und saugt sie auf. Die Mode ist besonders betroffen, in der großen Einkaufsstraße bedienen Kaufhäuser, Ketten und gut sortierte Geschäfte alle Geschmäcker und Geldbeutel. In der Umgebung können nur Spezialisten punkten, egal was sie verkaufen. Die "Nebenarme" Kirchen-, Zoller- und besonders Neubaugasse etablierten sich auf diesem Feld, kleine bis mittlere Shops bieten ausgewählte Mode abseits der großen Marken.

Stimmiges Umfeld

Diese Läden wandern am Grat zwischen frischen Trends und Subkultur, der heimische Anteil an diesem Geschäftsfeld wächst. Jährliche Verkaufsmessen wie Modepalast (Frühjahr, MQ) und Blickfang (Herbst, MAK) haben vielen österreichischen Modelabels Selbstvertrauen gegeben, vom T-Shirt bis zur Couture wollen sie ihre Produkte möglichst direkt zum Kunden bringen. Wien 7 bietet aus dieser Perspektive den besten Rahmen: Ein stimmiges Umfeld, in dem mit etwas Geduld Lokale zu finden sind, die den jeweiligen Geschäftsinteressen entsprechen.

Showrooms werden meist von einzelnen Labels betrieben und sind zugleich Arbeitsplatz der Designer. Diese Szene dominiert mittlerweile die Lindengasse. In der Kirchengasse mischen Geschäfte andere heimische Designer und eigene Ware, oder überhaupt internationale und heimische Labels. Der Versuch der Differenzierung ist müßig, die Grenzen zwischen Mode, Design und anderen Angeboten verschwimmen, letztlich macht die Masse der kleinen und mittleren Geschäfte die gesamte Gegend attraktiv.

Neue Dachmarke

Diesem Gedanken folgend, vermarktet die Dachmarke 7tm seit Frühjahr 2008 die kleinen Shops im 7. international. Die Mittel sind denkbar einfach: Barbara Denk und Lena Kvadrat (die selbst den art point betreibt) haben eine Auswahl von gut 30 Geschäften auf einem Plan zusammengefasst, der auf der 7tm Homepage bereit steht und als Folder verteilt wird. So können sich Interessierte über das Angebot und noch zu entdeckende Geschäfte informieren. Seit dem Start von 7tm haben zudem allein im Siebenten etliche neue Läden eröffnet, die auf der Homepage präsentiert werden.

Wenn die Marke etabliert genug ist, will sie auch entsprechende Viertel in anderen Bezirken bewerben. Konkurrenz spielt im Siebenten im Gegensatz zu Hollywood (noch) keine Rolle, es überwiegt die Kollegialität im Netzwerk.

Hör-Tipp
Leporello, Dienstag, 18. November 2008, 7:52 Uhr

Tipp
Für ein kleines Ratespiel haben drei Läden der neuen Dachmarke 7tm kleine Preise reserviert. Die Frage dazu lautet:

  • Neubau ist seit altersher ein Textilviertel. Welcher Werk-Stoff wurde hier so intensiv verarbeitet, dass sogar Gassennamen bis heute davon Zeugnis ablegen?
Bis Donnerstag dieser Woche können Sie per E-Mail mitspielen. Unter allen richtigen Einsendungen mit dem Betreff "7tm" vergeben affaire de coeur, at first sight und Das Studio kleine Preise, die vor Ort abzuholen sind. Die Auserwählten werden von oe1.ORF:at benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

E-Mail
on1@orf.at

Links
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