Eingefrorene Eizellen in einem Kryocontainer

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Punkt eins

Meine Eizellen gehören mir?

Social Egg Freezing: Das prophylaktische Einfrieren von Eizellen wirft komplexe Fragen auf. Gäste: Univ.-Prof. Dr. Alois Birklbauer, stv. Vorstand Institut für Strafrechtswissenschaften, JKU Linz & Univ.-Prof. Dr. Christian Egarter, langjähriger Leiter Klinische Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, AKH/MedUni Wien, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Privatklinik Goldenes Kreuz. Moderation: Barbara Zeithammer. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Dass eine Frau ihre Eizellen für eine spätere Schwangerschaft einfrieren lassen möchte (Social Egg Freezing genannt) scheint eine private, höchstpersönliche Entscheidung zu sein. Doch in Österreich ist das ohne medizinische Notwendigkeit gesetzlich nicht erlaubt. Eine Initiative kämpft seit Jahren für eine Aufhebung des Verbots; eine Frau hat beim Verfassungsgerichtshof einen entsprechenden Antrag gestellt. Widerspricht der Passus im Fortpflanzungsmedizingesetz dem Menschrecht auf Privat- und Familienleben? Seit knapp zwei Wochen beraten die Richterinnen und Richter des VfGH über das Verbot des so genannten Social Egg Freezing - und damit zu einem Thema, das neben zahlreichen rechtlichen und medizinischen auch grundsätzliche, ethische Fragen aufwirft.

Warum sollten Frauen diese Möglichkeiten nicht zugänglich sein? Soll man allen alles zugänglich machen, was technisch möglich ist - und sollte die Allgemeinheit dafür aufkommen oder allein die betroffenen Frauen - was bei kostspieligen Verfahren stets zu sozialer Ungerechtigkeit führt? Geht es in der Debatte um Kind statt Karriere oder die mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie, um Beziehungen und Partnerschaften oder primär die Selbstbestimmung der Frau?

Bereits seit den späten 1990er Jahren ist es technisch möglich, reife, unbefruchtete Eizellen zu entnehmen und einzufrieren, um zu einem späteren Zeitpunkt in fortgeschrittenerem Lebensalter auf junge Eizellen zurückgreifen können, sie aufzutauen und nach künstlicher Befruchtung einzusetzen; vor etwa 15 Jahren wurde das Verfahren entscheidend verbessert. Während die Kryokonservierung von Eizellen u.a. in Deutschland, Tschechien, Spanien oder den USA möglich ist, erlaubt das heimische Fortpflanzungsmedizingesetz den Eingriff nur aus medizinisch indizierten Gründen wie zum Beispiel einer Krebserkrankung, Chemotherapie oder schwerer Endometriose.

Schlagzeilen machte das Einfrieren von Eizellen aus sozialen Gründen international erstmals vor gut 10 Jahren, als bekannt wurde, dass US-Großkonzerne wie Facebook und Apple ihren Mitarbeiterinnen solche Eingriffe bezahlen. Anstatt (werdende) Mütter zu unterstützen, wollen die Unternehmen die produktiven Jahre der Frauen nutzen, lautete der Vorwurf und es wurde vor dem steigenden Druck auf Frauen gewarnt, anstatt in die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu investieren, wie es seit Jahren gefordert wird.

Doch Studien zeigen: der Kinderwunsch wird selten für eine Karriere zurückgestellt, es fehlt meist der geeignete Partner. Als Frau mit Mitte, Ende 30, gut ausgebildet, ist die Partnersuche eine große Herausforderung. Und alleinstehenden Frauen ist der Zugang zu reproduktionsmedizinischen Verfahren in Österreich verboten; nur in einer Ehe oder eingetragenen Partnerschaft dürfen Eizellen befruchtet werden. Single-Frauen dürfen aber ein Kind adoptieren.

Die Wahrscheinlichkeit, auf natürlichem Wege schwanger zu werden, sinkt mit den Lebensjahren und zwar bereits ab Mitte 20. Geht es um die Lebens- und Familienplanung tickt bei Frauen tatsächlich die biologische Uhr - und mitunter ist es auch in jungen Jahren "spät", wenn eine Frau beispielsweise nur eine geringe Eizellenreserve hat und früh in die Menopause kommt.

Univ.-Prof. Dr. Christian Egarter hat viele Jahre die Klinische Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am AKH/MedUni Wien geleitet und 2023 eine Diskussionsgrundlage für die Stellungnahme der Bioethikkomission beim Bundeskanzleramt verfasst, wo man sich mit dem Anliegen der Initiative "Zukunft Kinder! - für eine selbstbestimmte Familienplanung" auseinandergesetzt hat.

Univ.-Prof. Dr. Alois Birklbauer vom Institut für Strafrechtswissenschaften der JKU Linz, Leiter der Abteilung für Praxis der Strafrechtswissenschaften und Medizinstrafrecht, ist ebenfalls Mitglied der Bioethikkommission und hat einen guten Überblick über die rechtliche Situation.

Als Gäste bei Barbara Zeithammer diskutieren Alois Birklbauer und Christian Egarter die vielen Fragen rund um das Social Egg Freezing und wie immer sind unsere Hörerinnen und Hörer sehr herzlich eingeladen, sich mit eigenen Erfahrungen, Statements und Fragen an der Sendung zu beteiligen: Wie würden Sie entscheiden und warum? Welche Fragen sollten wir als Gesellschaft klären? Wann haben sich für Sie Fragen nach der Fruchtbarkeit gestellt? Welchen Weg sind Sie als alleinstehende Frau mit Kinderwunsch gegangen, oder blieb ihr Kinderwunsch unerfüllt? Rufen Sie an unter 0800 22 69 79 kostenfrei aus ganz Österreich und live während der Sendung oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at

Service

Stellungnahme der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt an den Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen - 25. September 2023

"Social freezing" - sollte es auch in Österreich erlaubt sein? verfasst von: Univ. Prof. Dr. Christian Egarter. Erschienen in: Gynäkologie in der Praxis | Ausgabe 1/2025

Janna Pape & Sibil Tschudin: Pro und kontra Social Freezing - eine Stellungnahme aus reproduktionsmedizinischer und psychosomatischer Perspektive. Gynäkologische Endokrinologie. Volume 21, pages 53-58, (2023)

Sendereihe

Gestaltung

  • Barbara Zeithammer