Auf dem Weg zur "großen Symphonie"

Ernst oder heiter?

Franz Schubert war auf dem Weg zur "großen Symphonie", als er sein F-Dur-Oktett geschrieben hat. Der Charakter des Stückes ist changierend. Je nach Interpretation stehen der Divertimento-Charakter oder die symphonischen Passagen im Vordergrund.

Ensemble Hausmusik und Linos-Ensemble

Franz Schubert komponierte sein Oktett F-Dur D 803, Op. Posth. 166 im Jahr 1824. In einem Brief an den Freund und Maler Leopold Kuppelwieser schildert Schubert seine extrem depressive Stimmung:

Denke Dir einen Menschen, dessen Gesundheit nie mehr richtig werden will, und der aus Verzweiflung darüber die Sache immer schlechter statt besser macht...

Vorbild Beethoven

Schubert war seit zwei Jahren an der Syphilis erkrankt. Im Brief erwähnt Schubert nicht nur seine Arbeit an einem "Octet", mit dem er sich "den Weg zur großen Symphonie bahnen will", sondern auch die bevorstehende Uraufführung von Beethovens Neunter Symphonie. Schubert bemerkt dazu: "Wenn Gott will, so bin auch ich gesonnen, künftiges Jahr ein ähnliches Konzert zu geben."

Ein Jahr später, 1825, schrieb Schubert die große C-Dur Symphonie - davor hatte er aber schon sechs Symphonien und zwei unfertige geschaffen, darunter die sogenannte "Unvollendete" - aber diese Werke waren für ihn offensichtlich noch keine "große Symphonie".

Divertimento oder Kammersymphonie?

Vorlage zum Oktett ist Beethovens Septett Opus 20 von 1799/1800. Die Besetzung ist gleich (nur eine Violine kommt dazu) ebenso wie die Anzahl und Anlage der (sechs) Sätze.

Andererseits war Schubert auf dem Weg zur großen Symphonie, wie er schreibt. Er wählt einen vollständigen Streichersatz (wie im Symphonieorchester) und lässt sein Oktett zwischen einem heiteren Divertimento-Charakter (tänzerisch, leicht, manchmal sogar harmlos) und sehr ernsten, dramatischen oder lyrischen Passagen hin und her schwanken. Mehr als das: manchmal wechselt er die Stimmung in wenigen Takten von dramatisch zu heiter, von lyrisch wieder zu dramatisch - und das alles mit ein und demselben Motiv oder Thema.

Es drängt sich die Frage auf: Ist Schuberts Oktett eher eine Reihe heiterer Tanzsätze oder doch eine dramatische Kammersymphonie? Das Besondere an dem Werk scheint der ständige Wechsel dazwischen zu sein.

Interpretationsvergleich

Auch in den verschiedenen Interpretationen finden wir Versionen, die die heiteren, unbeschwerten, Divertimento-artigen Seiten dieses Stücks immer wieder betonen, andere, die die dramatische beziehungsweise symphonische Seite in den Vordergrund stellen, das Lyrische dem Schwungvollen vorziehen - zum Beispiel durch langsamere Tempi und durch weniger akzentuierte Rhythmik.

Auch wenn die Unterschiede im Detail nicht so groß sind: Das Ensemble Hausmusik (mit historischen Instrumenten) liefert mit ihrer sehr kontrastreichen, akzentuierten und im Tempo eher schnellen Interpretation eine schwungvolle, immer wieder den Witz und den leichten Divertimento-Charakter des Stücks betonende Aufnahme (hören Sie den ersten Teil unseres Audiofiles). Etwas verhaltener, weicher dagegen das Linos-Ensemble - sogar im tänzerischen dritten Satz (zweiter Teil des Audios).

Hör-Tipp
Ausgewählt, Mittwoch, 19. November 2008, 10:05 Uhr

Übersicht

  • Interpretationen