Psychologische Wende in der Ökonomik
Der österreichische Wirtschaftswissenschaftler Ernst Fehr ist ein prominenter Forscher in dem Bereich der "behavioural economics". Fehr, er lehrt seit Jahren an der ETH Zürich, spricht von der "Psychologischen Wende" in der Ökonomik.
8. April 2017, 21:58
Ernst Fehr über die Rolle der Emotion für die Wirtschaft
Wirtschaftliche Vorgänge bestimmen die Geschichte von Individuen, Familien und ganzen Nationen. Die Untersuchung ihrer psychologischen und soziologischen Grundlagen ist in den zurückliegenden Jahren zum Gegenstand zahlreicher Forschungsprojekte geworden. Dabei stellt sich heraus: Der Homo oeconomicus, der bisher als obsessiver Maximierer des Eigennutzes gesehen wurde, erhält menschliche Züge. Ein prominenter Forscher in dem Bereich der "behavioural economics" ist der österreichische Wirtschaftswissenschaftler Ernst Fehr.
Fehr, er lehrt seit Jahren an der ETH Zürich, spricht von der "Psychologischen Wende" in der Ökonomik. Wie der Astronom Kopernikus vor einem halben Jahrtausend das heliozentrische Weltbild an die Stelle des geozentrischen setzte, so entwerfen Fehr und seine Mitarbeiterinnen heute ein neues ökonomisches Menschenbild.
Neues Bild vom homo oeconomicus
"Der Mensch als Wirtschaftssubjekt ist eben nicht nur rational und er ist nicht nur an der Maximierung des materiellen Eigennutzens interessiert", stellt Fehr nachdrücklich fest. Den neuen Homo oeconomicus zeichnen Eigenschaften wie Fairness, Vertrauen, Solidarität und mitunter auch Altruismus aus. In den vergangenen Jahren hat sich Fehr verstärkt der Neuroökonomie zugewandt. Als Neuroökonomie wird die interdisziplinäre Verknüpfung von Neurologie, Psychologie und Ökonomie verstanden. Ziel ist es, herauszufinden, wie Menschen als Konsumenten oder Investoren bestimmte wirtschaftliche Entscheidungen fällen.
Von Österreich verabschiedete sich der gebürtige Vorarlberger Ernst Fehr vor mehr als 14 Jahren und schuf ein renommiertes Zentrum für Verhaltensökonomie an der Universität Zürich, wo er das Institut für Empirische Wirtschaftsforschung leitet. Fehr ist prominenter Vertreter der "Psychologischen Wende" in den Wirtschaftswissenschaften und fordert mit der Neuroökonomie erneut die Fachwelt heraus. Michael Kerbler spricht mit Ernst Fehr darüber, wie die Erkenntnisse in der Neuroökonomie die Welt verändern.
Hör-Tipp
Im Gespräch, Donnerstag, 27. November 2008, 21:01 Uhr
Buch-Tipps
Ernst Fehr und Gerhard Schwarz, "Psychologische Grundlagen der Ökonomie", NZZ Libro
Jason Zweig, "Gier - wie wir ticken, wenn es ums Geld geht", Carl Hanser Verlag
Detlef Linke, "Das Gehirn", Reihe "Wissen" im C.H.Beck Verlag
Paul Glimcher, Colin Camerer, Russell Alan Poldrack, und Ernst Fehr, "Neuroeconomics", Academic Press, Oxford
Frank Ochmann, "Die gefühlte Moral. Warum wir Gut und Böse unterscheiden können", Ullstein
Frans de Waal, "Primaten und Philosophen. Wie die Evolution die Moral hervorbrachte", Carl Hanser Verlag
Joachim Bauer, "Das kooperative Gen. Abschied vom Darwinismus", Hoffmann und Campe
Max Weber, "Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus" Beck'schen Reihe