Positivo Mozambique

Let's talk about Sex!

Roland Pickl lebt seit drei Jahren in Mosambik und hat seine Profession, die Musik, in den Dienst der AIDS-Aufklärung gestellt. Das Projekt Positivo Mozambique animiert Jugendliche dazu, Songs über HIV-AIDS zu schreiben, um andere zu informieren.

Das Ergebnis des ersten Musik-Workshops

Wie alle Staaten des südlichen Afrikas hat auch Mosambik massiv mit dem AIDS-Problem zu kämpfen. Etwa 20 Prozent der Bevölkerung sind mit dem HI-Virus infiziert.

Die medizinische Versorgung ist - vor allem im ländlichen Bereich - völlig unzureichend. Doch mangelnde Information oder gar Desinformation in der Bevölkerung sind die eigentliche Wurzel des Übels.

Steckt HIV im Kondom?

Immer wieder taucht in der mosambikanischen Bevölkerung das Gerücht auf, dass das HI-Virus in Kondomen versteckt sei. Eine diesbezügliche Äußerung wird sogar - ob zu Recht oder nicht - dem katholischen Erzbischof von Maputo zugeschrieben.

Auf der anderen Seite sehen sich die Menschen mit Kampagnen von nationalen und internationalen NGOs konfrontiert, in denen der Gebrauch von Kondomen als wichtigster Schutz vor einer HIV-Ansteckung propagiert wird.

Worüber nicht geredet wird, darüber wird geschwiegen

Wem also glauben? Und wie war das mit der Nachbarin? Hat sich die nicht mit HIV angesteckt, weil sie die Kleidung ihrer an AIDS verstorbenen Mutter getragen hatte? Nein, sagen die einen. Doch, sagen die anderen. Niemand kennt sich aus.

Sex haben die Jugendlichen trotzdem. Und worüber nicht gesprochen wird, darüber wird geschwiegen. Über sexuellen Missbrauch zum Beispiel. Gerüchte und Unwissenheit führen zu Verunsicherung und sind der Nährboden für Diskriminierung.

Roland Pickl und Hélio D.

Diese Situation erschütterte den Innsbrucker Musiker Roland Pickl, als er 2004 erstmals Mosambik bereiste, um an einer Fernsehdokumentation mitzuarbeiten, die Projekte der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (EZA) besuchte.

In Beira lernte er den mosambikanischen Musiker Hélio D. kennen, der im Bereich der HIV-Aufklärung bereits sehr engagiert war.

Ein Jahr in Wien

Dann ergab sich eins nach dem anderen. Hélio D. kam im Rahmen eines EZA-Stipendiums für ein Jahr nach Wien. Es wurde musiziert, es entstand eine CD und es wurden Pläne geschmiedet. Die Gründung eines Kulturzentrums in Mosambik war im Gespräch, der Aufbau einer Radiostation und vieles mehr.

Bei Roland Pickls zweitem Besuch in Mosambik begannen die beiden Musiker, mit mobilem Audio-Equipment und einem Diesel-Generator durchs Land zu fahren, um im Busch Musik zu spielen. Dabei reifte die Idee, gemeinsam mit Jugendlichen Songs zum Thema HIV zu schreiben und aufzunehmen.

Musik als Transportmittel für Informationen

Informationen über HIV in einen Song verpacken, damit sie möglichst viele andere Menschen erreichen, ist die ebenso simple wie geniale Grundidee von Positivo Mozambique, der kleinen fünfköpfigen NGO, die Roland Pickl und Hélio D. inzwischen gegründet haben.

Oberstes Prinzip: Die Musiker kommen nie mit vorgefertigten Meinungen, Rezepten oder Kampagnen zu den Workshops. Die Arbeit besteht vielmehr darin, den Leuten vor Ort zuzuhören, sie sprechen zu lassen, zu versuchen ihre Wahrnehmung zu verstehen und sie dann zu animieren, Texte zu schreiben, die Texte zu singen und schließlich stolz auf einen Song zu sein, den sie selbst geschaffen haben.

Der erste Workshop in Mangunde

Der erste Workshop fand im Dorf Mangunde in Zentralmosambik statt, und zwar auf Einladung des ebenfalls aus Tirol stammenden Arztes Meinhard Knitel, der dort gemeinsam mit seiner Freundin, der Ärztin Angelika Franz, zwei Jahre lang für Horizont3000 eine Krankenstation leitete.


Eines der Hauptprobleme in dieser Gegend sei die Angst der Leute vor dem HIV-Test, erfuhren die beiden Musiker vom Arzt. Roland Pickl und Hélio D. beschlossen also, ein Lied zu dem Thema "Ich habe keine Angst, den HIV-Test zu machen!" aufzunehmen.

Mit etwa 40 Schülerinnen und Schülern von Mangunde kamen sie intensiver ins Gespräch und erarbeiteten mit ihnen gemeinsam einen Text und eine Melodie. Am nächsten Tag wurde der Song bereits aufgenommen und in einem Konzert präsentiert. Der Workshop in Mangunde wurde zum Prototyp für die zahlreichen weiteren, die seither an verschiedensten Orten in Mosambik stattgefunden haben.

Raubkopien erwünscht!

Heute ist das Lied "Eu não tenho medo!" ebenso wie alle weiteren, danach entstandenen Songs in diversen mosambikanischen Radiostationen zu hören und kursiert im Internet und auf CD in Form von Raubkopien. Je mehr Menschen die Songs hören desto besser.


Musik hat die wunderbare Fähigkeit, an entlegene Orte zu gelangen, wo Aktivisten oder Printmedien normalerweise nicht hinkommen. Radio ist in ganz Afrika immer noch das primäre Medium für Unterhaltung und Information. Und so scheppert und dröhnt es heute vielerorts mitten im mosambikanischen Busch aus den viel zu laut aufgedrehten Radios: "Ich habe keine Angst davor, den Test zu machen!"


Hör-Tipp
Apropos Musik, Sonntag, 07. Dezember 2008, 15:06 Uhr

Links
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Webseite von Horizont3000