Zum 60. Geburtstag von Willi Resetarits

Der Mann, der Kurt Ostbahn war

Der Sänger und Entertainer Willi Resetarits war 20 Jahre lang Mitglied der Polit-Folk-Gruppe Schmetterlinge, 20 Jahre verkörperte er die vom Wiener Musikjournalisten Günter Brödl ausgedachte Kunstfigur des "Ostbahn Kurti". Jetzt wird er 60.

"Alle schönen Lieder sind traurig. Ich bin unheilbarer Optimist - trotzdem sind die schönen Lieder die traurigen. Denn in ihnen liegt auch eine der heilenden Wirkungen der (Rock-)Musik, die eines gewissen Tränenflusses, der durch Musik ausgelöst wird. Da wird auch etwas weggewaschen, was weg gehört".

Den therapeutischen und den kathartischen Aspekt der Musik - für sein Publikum und für sich - hat Willi Resetarits immer sehr geschätzt und auch genossen. Die Wahl der Musikrichtung war da zweitrangig, obwohl das von ihm beherrschte Spektrum außergewöhnlich umfassend war - Rock, Blues, Jazz, Country, Zydeco, Tex-Mex, Soul bis hin zum Schlager und zur Volksmusik (egal von welchen Völkern).

Resetarits = Emotion plus Kommunikation
Der Komponist und Dirigent Christian Muthspiel schätzt darüber hinaus, dass Resetarits "ein toller Geschichtenerzähler, ein umfassender Performer, einer der wichtigsten österreichischen Entertainer" sei. "Der Lehrsatz 'Musik = Emotion plus Kommunikation' trifft auf ihn extrem zu."

Die "Hörbilder"-Sendung, die am 20. Dezember 2008 zu hören ist, entstand, als Willi Resetarits noch hauptberuflich die vom Wiener Musikjournalisten Günter Brödl ausgedachte (Kunst-)Figur des Kurt Ostbahn darstellte. Ostbahn Kurti, wie sie ursprünglich hieß, und seine Chefpartie galten in den 1980er Jahren als die originellste Rockformation des Landes. Resetarits, damals Mitglied der Polit-Folk-Gruppe Schmetterlinge, gab in der Anfangszeit inkognito den "Ostbahn".

Authentizität und Distanz zugleich
Ein richtiger Rockstar wie die Vorbilder aus den 1960er und 1970er Jahren, auf die zunächst musikalisch Bezug genommen wurde, war Resetarits nie (er war vor allem musikalisch immer mehr als "nur" ein Rockstar). Und das, was er so überzeugend darzustellen vermochte, Kurt Ostbahn, war darüber hinaus eine von Brödl spielerisch erfundene und von Brödl, Resetarits und Freunden freundlich-humorvoll weiterentwickelte Konstruktion - "eine Konstruktion, die zugleich Authentizität und Distanz vermittelte. Für das Publikum hatte es den Vorteil, dass Identifikation möglich, aber für alle Beteiligten nicht peinlich wurde", schreibt der Soziologe Georg Vobruba.

Der Vorteil der Konstruktion für den Künstler? "Erstens: Kurt als Konstruktion kann hinter sich zurücktreten, hat verschärfte Möglichkeiten der Selbstbeobachtung. Und man kann aus ihr raus. (Aber klar, manchmal hat der Kurt den Willi ganz schön mitgenommen.) Zweitens: Es gibt ein Leben danach. Man kann die Konstruktion - freundlich, aber bestimmt - für erledigt erklären." Und tatsächlich: Nach dem Tod des Ostbahn-Erfinders Günter Brödl beendete Willi Resetarits im Jahr 2003 diese Phase seines musikalischen Wirkens und schickte mediengerecht und mit Augenzwinkern Kurt Ostbahn "in Pension".

Radio Wien spendet wieder "Trost und Rat"
Unbeschwert kann Resetarits nun seinen vielfältigen musikalischen Interessen nachgehen, erstmals unter seinem bürgerlichen Namen: Willi Resetarits singt Gedichte von H. C. Artmann und Texte von Jura Soyfer, pflegt mit seinen Salzburger Bergkameraden den "Stubenblues", unternimmt mit dem kurdischen Sänger Sivan Perwer und dem "Euphrat-Donau-Orchester" eine Österreich-Tournee, folgt Michael Heltau als Gastgeber des jährlichen großen Silvester-Gala-Abends im Wiener Konzerthaus und nimmt mit verändertem Konzept (ohne deutsche Schlager der 1950er Jahre und das beliebte "Zuwesingen" zu ebendiesen) seine Rundfunksendung "Trost und Rat" (auf Radio Wien) wieder auf.

"Seine Arbeitsweise ist offen, es gibt nichts hermetisch Vorbestimmtes", sagt Klaus Trabitsch, Gitarrist bei Erika Pluhar und einst bei Ostbahns "Kombo". Oft entschied der Zufall, in welche Richtung ein Song ging, je nachdem, wer im Studio gerade was spielte. "Schön ist, dass wir absolut machen konnten, was wir wollten", meint Trabitsch.

Eine gewisse Grunddemut, ein gewisser Fatalismus mag da auch eine Rolle spielen. Sie helfen auch der Entfaltung einer vergleichsweise seltenen Einstellung: Respekt und Achtung vor dem Gegenüber zu haben und teilen zu können - auch Macht und Einfluss. Resetarits respektiert und achtet die, die mit ihm arbeiten. Und er achtet darauf, dass die, die mit ihm arbeiten, sich mit ihren Anliegen, Wünschen und Fähigkeiten im Gesamten wieder finden können.

Vermittler und Katalysator
"He is inspiring, very generous as a person, too, and: He's sincere." Großzügigkeit und Aufrichtigkeit, das seien signifikante Charakterzüge, meint die Jazz-Sängerin Anna Lauvergnac.

Zu den Stärken der Person und des Künstlers zählt also nicht nur die Offenheit und das Interesse an verschiedenen musikalischen Stilen und Ausdrucksformen, sondern auch die Fähigkeit, Personen, die sie repräsentieren, zu verbinden. In den diversen musikalischen Formationen, die er zusammenbrachte, trafen sich verschiedenste Typen, Menschen, die sonst nichts oder wenig miteinander zu tun gehabt hätten. Der Künstler als Vorgesetzter war also immer auch diskreter Vermittler und Katalysator.

Mehr zu Willi Resetarits in oe1.ORF.at
Ein kleines Büchlein
Sonne und Regen

Hör-Tipp
Hörbilder, Samstag, 20. Dezember 2008, 9:05 Uhr

Buch-Tipp
Peter Hiess, Lukas Beck, "Kurt Ostbahn - Sad's vuasichtig und losst's eich nix gfoin!", Np Buchverlag

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Willi Resetarits