Größter Einbruch seit 60 Jahren

Österreichs Wirtschaft im Krisenjahr 2009

Die österreichische Wirtschaft wird im Jahr 2009 schrumpfen. Das heißt, es werden weniger Waren produziert und Dienstleistungen angeboten als im Vorjahr. Wie schlimm die Rezession wird, ist zu Jahresbeginn Thema von Prognosen, Analysen und Berechnungen.

Die Wirtschaftskrise kommt, aber kaum jemanden kümmert es. Dieses Gefühl hat die letzten Wochen des alten Jahres bestimmt. Der Handel war mit dem Weihnachtsgeschäft zufrieden, die Menschen haben eingekauft als wäre die Wirtschaftskrise reine Einbildung, eine Erfindung von Wirtschaftsforschern, die scheinbar Weltuntergangsstimmung verbreiten wollten.

Aber glaubt man den Wirtschaftsforschern und auch Politikern und Unternehmern, müssen wir uns auf ein schwieriges Jahr 2009 einstellen. Die Zahlen und Prognosen zeigen, dass in Österreich und vielen anderen Ländern der Welt soeben die schwerste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten begonnen hat.

Die Rezession ist da

Eines ist inzwischen unbestritten: Die Wirtschaft in Österreich wird heuer schrumpfen. Das heißt, es werden weniger Waren produziert und Leistungen angeboten als im Vorjahr. Kurz vor Weihnachten hat das Institut für Höhere Studien noch vorhergesagt, dass die Wirtschaft nur minimal schrumpfen werde, um 0,1 Prozent. Das Institut für Wirtschaftsforschung war mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von 0,5 Prozent schon pessimistischer.

Drei Wochen später sieht es so aus, als wären diese Berechnungen schon wieder überholt. Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny meint, das Minus könnte auch ein Prozent ausmachen. Nowotny und auch Wifo-Chef Karl Aiginger betonen aber, diese Prognose könnte sich noch ändern, aller Voraussicht nach zum Schlechteren.

Die wichtigsten Handelspartner schwächeln

In den vergangenen Jahren war Österreichs Wirtschaft deshalb so erfolgreich, weil heimische Firmen ihre Produkte mit Erfolg im Ausland angeboten haben. Der Export wird heuer deutlich nachlassen, weil die wichtigsten Handelspartner Österreichs von der Krise besonders hart getroffen werden. Es sind dies Deutschland, die USA und Italien. In Deutschland erwarten Wirtschaftsforscher, dass die Wirtschaftsleistung um drei Prozent zurückgehen könnte. Das wäre der schlimmste Einbruch seit 60 Jahren. Italien und die USA stecken seit Herbst in der Rezession. Für heuer ist keine Besserung in Sicht. Die Nachfrage aus diesen Ländern wird zurückgehen, das wird Österreichs Wirtschaft zu spüren bekommen.

Vor allem Beschäftigte in der Industrie werden deshalb ihre Arbeit verlieren. Wie sehr die Arbeitslosigkeit steigen wird, darüber gehen die Erwartungen auseinander. Bis zu 50.000 zusätzliche Arbeitslose - so lauten die dunkelsten Prognosen. Gewerkschaft und Wirtschaftskammer sind sich einig: Sie wollen über Zahlen nicht spekulieren, sondern alles tun, um den Anstieg in Grenzen zu halten. ÖGB-Präsident Erich Foglar und Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl meinen, bevor Firmen Mitarbeiter kündigen, sollte man alles versuchen, die Leute weiterzubilden, sie vielleicht aus der Produktion zu nehmen und dann später wieder einzusetzen, wenn sich die Wirtschaft wieder erholt hat.

Kein Grund zur Panik

An diese Erholung glauben die Spitzenvertreter der österreichischen Wirtschaft. "Österreich wird die Krise besser überstehen als die meisten EU-Länder", gibt sich Wifo-Chef Karl Aiginger überzeugt. So sehr der Export leiden wird, Aiginger hofft auf den privaten Konsum. Warum aber sollten die Menschen in Krisenzeiten weiter munter einkaufen? Aiginger meint, es sei ein Vorteil, dass die Teuerung zuletzt stark zurückgegangen sei. Dazu werden viele Menschen durch die Steuerreform mehr Geld zur Verfügung haben. Das sollte vielen das Gefühl geben, sich noch etwas leisten zu können.

"Man muss etwas vorsichtig sein mit dem Begriff Krise", meint auch Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny. "Ein Schrumpfen von 0,5 bis ein Prozent ist sicherlich schwerwiegend. Aber wenn es von so einem hohen Niveau ausgeht, wirkt es sich sicher nicht für jeden katastrophal aus", so Nowotny.

Auch Wirtschaftskammer-Präsident Leitl will sich den Optimismus nicht nehmen lassen. Er vergleicht die derzeitige Wirtschaftslage mit einer Fahrt im Nebel. "Du darfst nicht zu scharf abbremsen, sonst fährt dir hinten wer drauf. Du darfst nicht zu stark beschleunigen, sonst krachst du wo hinein." Er gibt sich aber überzeugt, dass Österreich gut durch das Jahr 2009 kommen könne. Und auch ÖGB-Präsident Erich Foglar meint, man könne natürlich jammern, alles werde noch viel schlimmer kommen. Man könne aber auch daran glauben, dass es nicht so schlimm kommen werde.

Prognosen über das kommende Jahr anzustellen sei jedenfalls extrem schwierig, meinen Aiginger, Nowotny, Leitl und Foglar. Denn auch zu Beginn des vorigen Jahres habe niemand die Entwicklungen des Jahres 2008 vorhergesagt.