Die weltweit häufigste Virusinfektion

Hepatitis B

Hepatitis ist weltweit die häufigste Virusinfektion. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass weltweit 350 Millionen Menschen an chronischer Hepatitis B leiden. In Österreich infizieren sich täglich drei bis fünf Menschen mit dem Erreger.

Die Übertragung des Hepatitis B-Virus erfolgt durch Speichel, Urin, Blut, Vaginalschleim oder Sperma, wobei das Ansteckungsrisiko auf sexuellem Wege besonders hoch ist. Den besten Schutz vor einer Hepatitis B (besonders ratsam bei Urlaubsreisen in hochdurchseuchte Gebiete) ist eine Impfung, denn anders als bei Hepatitis C gibt es zum Schutz vor Hepatitis B einen hochwirksamen, gut verträglichen Impfstoff.

Das heimtückischste unter den Leberviren

Während Hepatitis C-Infektionen (das Hepatitis C-Virus gehört zu den Flaviviren und ist ein RNA-Virus) in der überwiegenden Zahl der Fälle ohne Symptome verlaufen und "schleichend" in eine chronische Leberentzündung übergehen, führt die Infektion mit Hepatitis B-Viren (die zu den sogenannten Hepadnaviren gehören und aus ringförmiger doppelsträngiger DNA bestehen) meist zu einer akuten Hepatitis mit den typischen Symptomen einer Gelbsucht.

Die Letalitätsrate von akuter Hepatitis B liegt bei ein bis fünf Prozent. Wird das Immunsystem mit der Infektion fertig und heilt die akute Leberentzündung aus, ist die oder der Betroffene für den Rest des Lebens immun und damit sicher vor einer neuerlichen Ansteckung. Allerdings bleiben nach einer überstandenen akuten Hepatitis B-Infektion immer einzelne Viren in der Leber zurück, die in den meisten Fällen klinisch ohne Bedeutung sind, an der Leber keinen Schaden anrichten.

Zu einem massiven Problem können diese Viren allerdings werden, wenn der Virusträger oder die -trägerin in einen Zustand von Immunschwäche kommt - etwa im Zuge einer Chemotherapie oder durch die Einnahme von Immunsupprimierenden Medikamenten (bei Autoimmunerkrankungen wie Multipler Sklerose, Morbus Crohn oder Rheumatoider Arthritis etc). Ein geschwächtes Immunsystem ist meist nicht in der Lage, diese, wenngleich wenigen, Viren in Schach zu halten, sodass es zu einer erneuten akuten - oft sehr dramatisch verlaufenden - Hepatitis kommt.

Spätfolgen Leberzirrhose und Leberkrebs

Setzt sich die Entzündung in der Leber fest, wird die Hepatitis B-Infektion sozusagen chronisch, dann geht dies mit einer Zerstörung des Organgewebes und einer vermehrten Bindegewebsbildung (Leberzirrhose) einher. Bleibt die Entzündung unbehandelt, kann sich aus der Zirrhose mit den Jahren ein Leberkrebs entwickeln.

Zur Behandlung von chronischer Hepatitis B stehen heute neben Interferon (Interferone sind speciesspezifische Proteine, die an sich von menschlichen und tierischen Zellen als Immunantwort auf virale Infektionen oder andere Stimuli gebildet werden, die man aber längst gentechnisch herstellen kann) die virostatischen Nukleosid- und Nukleotid-Analoga zur Verfügung, die an sich aus der HIV-Therapie kommen, sich aber auch bei Hepatitis B als gut wirksam erwiesen haben. Diese beiden Substanzklassen hemmen die Virusvermehrung, indem sie verhindern, dass die virale Erbinformation von RNA (Ribonukleinsäure) in DNA (Desoxyribonukleinsäure) übersetzt wird. Damit kann sich das Virus nicht in die Erbsubstanz der Leberzellen einbauen und auch nicht vermehren.

Im Gegensatz zum Interferon, das - wenngleich nur bei etwa 30 Prozent der Patienten - auch die Aktivität der Viren hemmt, sorgen die virostatischen Medikamente nur für eine Schadensbegrenzung, indem sie zwar die Vermehrung, nicht jedoch die Aktivität der Viren hemmen. Aber man hat mit dieser neuen Generation an Medikamenten noch eine Option für jene Patienten und Patientinnen, die auf Interferon nicht ansprechen bzw. bei denen sich resistente Stämme entwickelt haben. Heute kennt man nicht nur verschiedene Genotypen / Stämme von Hepatitis-Viren, man weiß auch bereits welche Stämme gut und welche nicht auf Interferon ansprechen.

Warum werden die einen mit der Infektion fertig, warum kann deren Immunsystem die Viren abtöten (wobei es im Zuge dieser Abwehrreaktion nicht einmal in jedem Fall zu einer akuten Leberentzündung kommen muss) und warum wird die Infektion bei anderen chronisch? Je reifer das Immunsystem ist, desto erfolgreicher ist es im Kampf gegen die Hepatitis-Viren. Aber es dürften auch genetische Faktoren eine Rolle spielen und es kommt auf den Genotyp des Hepatitis-Virus an.

Hepatitis D - ein gefährlicher Trittbrettfahrer

Eine Gefahr, die die Medizin in Zusammenhang mit Hepatitis B als mehr oder weniger gebannt ansah, scheint wieder stärker relevant zu werden - und das ist Hepatitis D oder Delta-Infektion, die sich auf eine Hepatitis B aufpfropfen kann oder die gleichzeitig mit dem Hepatitis B-Virus übertragen werden kann.

Nach einem gehäuften Auftreten von Hepatitis D Mitte der 1970er Jahre in Italien wurden in Mittel- und Nordwesteuropa nur vereinzelt Fälle von Hepatitis D registriert - und das hat wahrscheinlich nicht zuletzt mit der Einführung der Hepatitis B-Impfung zu tun? Welchen Zusammenhang es da gibt?

Das Hepatitis D-Virus ist ein sogenanntes inkomplettes Virus, es braucht das Hepatitis B-Virus um in die Leber gelangen zu können. Es "infiziert" sozusagen zuerst die Hülle des Virus-Genossen und lässt sich durch ihn in die Leber bringen. Das bedeutet aber auch: ohne Hepatitis B gibt es keine Hepatitis D. Andererseits ist die Hepatitis D die Virusassoziierte Leberentzündung, die am aggressivsten verläuft. Eine Hepatitis D führt dreimal häufiger zu Leberkrebs als eine Hepatitis B-Infektion allein.

Lange Zeit hat man bei uns eben nur vereinzelt Hepatitis D-Fälle gesehen, weil das Virus vornehmlich in der Ost- und Südosttürkei sowie in den angrenzenden Staaten, aber auch in Zentralasien sowie in Rumänien und Albanien "heimisch" ist und bei uns doch sehr viele Menschen Hepatitis-B geimpft sind. Nun ist nicht auszuschließen, dass mit den Migranten aus diesen Ländern auch die Infektionen in Mittel- und Nordwesteuropa zunehmen werden. Jedenfalls sollte bei einem atypischen, besonders aggressiven Verlauf von Hepatitis B - so der Hepatologe Wolfgang Vogel von der Universitätsklinik Innsbruck - auch auf Hepatitis D getestet werden.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass mit der Globalisierung und der damit einhergehenden steigenden Mobilität und Migration ursprünglich auf umschriebene Gebiete begrenzte Krankheitserreger rasch die Reise um den Erdball antreten können - vor diesem Hintergrund erlangen Schutzimpfungen noch größere Bedeutung.

Im Fall der Hepatitis-B-Impfung trifft man mit einer Impfung zwei Übel auf einen Schlag, denn: Wer gegen Hepatitis B geimpft ist, der ist auch vor einer Delta-Infektion geschützt - denn wie gesagt, ohne Hepatitis B gibt es auch keine Hepatitis D.