Neue Therapiekonzepte
Krebs am Lebensnerv treffen
Hauptgründe für den Misserfolg einer Krebstherapie sind Therapieresistenz und ein Wiederaufflammen der Erkrankung nach erfolgreicher Behandlung. Der Grund dafür scheint eine, erst in Ansätzen charakterisierte, Zellpopulation zu sein: Die Tumorstammzelle.
8. April 2017, 21:58
Therapieresistenz und ein Wiederaufflammen der Erkrankung sind trotz aller medizinischen Fortschritte die größten Probleme der Krebstherapie. Nun bestätigt sich zunehmend, dass die Wurzel des Übels eine erst in Ansätzen charakterisierte Zellpopulation ist - die Tumorstammzelle.
Nachdem die Forschung in diesem Bereich weltweit intensiviert wurde, konnte sich nun auch in Wien ein "Cancer Stem Cell Research Cluster" etablieren. Die Zielsetzung: die Krebsvorläuferzellen besser zu charakterisieren und neue Konzepte zur Eliminierung dieser Zellen zu entwickeln.
Gewebestammzellen und Tumorstammzellen
Die Tumorstammzellen gehen in der Regel durch genetische Veränderungen (Mutationen) aus gesunden Gewebestammzellen hervor, wobei diese Veränderungen meist durch schädigende Einflüsse von außerhalb der Zellen hervorgerufen werden.
Die Tumorstammzellen sind den gesunden Gewebestammzellen zwar sehr ähnlich nicht aber ident. So wie die gesunden Gewebestammzellen reifen auch Tumorstammzellen durch Zellteilung weiter aus - aber nicht alle. Die ausgereiften Tumorzellen machen die "große Masse" jeder tumorösen Geschwulst aus, die "kritische Masse" hingegen sind die meist nur sehr wenigen unausgereiften Tumorstammzellen, die die Eigenschaft haben, sich unlimitiert teilen zu können.
Man geht heute davon aus, dass jeder Tumor und jeder Leukämie (Blutkrebs) - so wie auch jedes normale Organ - aus zwei funktionell unterschiedlichen Zellpopulationen besteht: den Tumorstammzellen und den reiferen Tochterzellen.
Die Tumorstammzellen sind wie die gewebespezifischen Stammzellen in gesundem Gewebe in der Lage, Tochterzellen zu erzeugen und sich dadurch immer wieder selbst zu erneuern. Eine Krebstherapie wird sich nur dann als nachhaltig erweisen, wenn man auch dieser "kritischen Masse" Herr wird.
Mit den klassischen Krebsmedikamente (Zytostatika) stößt man dabei an Grenzen, denn mit diesen erwischt man die entarteten Zellen nur in der Phase ihrer Zellteilung. Und da Tumorstammzellen sehr langsam wachsen, d.h. sich nur selten teilen, "erwischt" man sie auch kaum mit den herkömmlichen Krebsmedikamenten. Hinzu kommt, dass Tumorstammzellen sich besonders ausgeklügelt den Wirkmechanismen der Chemotherapeutika entziehen können.
Tumorstammzellen: neue Therapieoptionen am Horizont
Durch die Erforschung ihrer molekularen und biologischen Eigenschaften will man herausfinden, welche Mechanismen die Tumorstammzellen am Leben erhalten und ihre unlimitierte Zellteilung fördern. Dann könnte man Substanzen entwickeln, die das Wachstum dieser Zellen hemmen oder diese Zellen sogar vernichten.
Dadurch könnte - ist Peter Valent, der wissenschaftliche Leiter des Tumorstammzell-Forschungsclusters großer Hoffnung - die Heilungsrate von vielen nicht zuletzt fortgeschrittenen und inoperablen Tumoren deutlich angehoben werden.
Da bereits einzelne Oberflächenmoleküle an Tumorstammzellen identifiziert werden konnten, hat man nach Peter Valent auch schon Ideen, wie man diesen Zellen beikommen könnte.
Mittels Antikörper, die an den bereits identifizierten Rezeptormolekülen auf der Oberfläche der Tumor-Stammzellen binden, könnte man zytostatisch wirkende Medikamente in die Zelle schleusen und so die Resistenz dieser Zellen brechen.
Ein zweiter Weg könnte sein, kleine Moleküle ("small molecules"), die die überlebensnotwendige Signalübertragung innerhalb der Zelle blockieren, in die Zelle einzubringen. Ein ebenfalls nicht uneleganter Ansatz wäre, die an sich teilungsträgen Tumorstammzellen in einen "normalen" Zellteilungs-Zyklus zu treiben, womit sie auch besser durch die klassischen Zytostatika abgetötet werden könnten.
Hör-Tipp
Dimensionen, Montag, 26. Jänner 2009, 19:05 Uhr