Trio mit Begleitung

Le Loup Garou

Der in Prag geborene Sohn einer Russin und eines Italieners, eine belgische Artistin und der Sohn eines neapolitanischen Häftlings produzieren einen Cocktail aus französisch-katalanischer Patchanka, Sixties-Pop, Swing, Jazz und Lounge.

Le Loup Garou heißt auf Deutsch: "der Werwolf". Ein Werwolf ist ein Fabelwesen, der Begriff bezeichnet einen Menschen, der sich unter besonderen Umständen nachts und jedenfalls nur bei Vollmond in einen blutrünstigen Wolf verwandeln kann, der andere Menschen mit Zähnen und Klauen anfällt und tötet. Bei Tagesanbruch mutiert er wieder zu einem harmlosen menschlichen Wesen.

Le Loup Garou sind ein Trio: Die Sängerin heißt Carin Jurdant, stammt aus der belgischen Kleinstadt Aht und war ursprünglich Artistin. Nach einem Unfall konnte sie ihren rechten Knöchel vergessen, war als Akrobatin in der Zirkuskuppel ratlos und ging auf Reisen. Auf diesen traf sie Francesco Prota, als Sohn einer Russin und eines Italieners geboren in Prag. Gescheiterter Medizinstudent und als Gitarrist und Saxophonist beinahe gescheiterter Bandleader, denn seine Gruppe Le Loup Garou war gerade am Zerfallen.

Bassist statt Priester

Nur eines der Gründungsmitglieder war noch da: Tottolo Stefanelli, Sohn einer alleinerziehenden Schneiderin aus einem neapolitanischen Armenviertel, der Vater war im Knast gestorben, als der Kleine gerade drei Jahre alt war.

Stefanelli landete schließlich im Priesterseminar, aus dem ihn - glücklicherweise, wie es in der Biografie heißt - die Liebe zu einer älteren Frau wieder herausholte. So wurde er Bassist und Fußtrommler bei Le Loup Garou.

Surrealistische Lounge-Musik

Das Trio lässt sich von sechs weiteren Musikern begleiten, deren prominentester der sizilianische Trompeter Roy Paci ist, auch bei uns bekannt nicht nur durch seine Zusammenarbeit mit Manu Chao, sondern auch durch seine Ska-Band Aretuska. Le Loup Garou spielten anfangs eine Mischung aus französisch-katalanischer Patchanka und Karpaten-Pop, entwickelten sich aber dann mehr in Richtung surrealistischer Lounge-Musik.

Die italienische kommunistische Zeitung "Il Manifesto" beschrieb die Le Loup Garou-Töne so: "Wie der Soundtrack eines Almodovar-Films, der vor zwanzig Jahren in Moskau gedreht wurde, ein mörderisches gentechnisches Experiment, das die Chromosomen des neapolitanischen Schauspielers Totó mit denen des Musikers David Byrne und des Regisseurs David Lynch vermischt hat."

Widmung an Ed Wood

Le Loup Garou widmeten ihre Platte "Capri Apocalypse" Ed Wood. Ed Wood war ein amerikanischer Filmregisseur, gestorben 1978, dem posthum der Titel "Schlechtester Regisseur aller Zeiten" verliehen wurde. Ed Wood war dafür bekannt, dass er in Hollywood in Frauenkleidern herumging und mit minimalen Budgets und minimalem Talent, dafür aber konsequent, sauschlechte Filme drehte.

Er ließ seine Darsteller nie proben, wenn Szenen misslangen, wurden sie nicht wiederholt, wenn Kulissen umfielen, wurde weitergedreht, seine Spezialeffekte waren billig und durchschaubar, geschnitten wurde mit dem Hackebeil. So gelang Ed Wood mit dem Streifen "Plan 9 from Outer Space" der schlechteste Film aller Zeiten, der freilich heute Kultstatus genießt, nicht nur, weil darin kurz Bela Lugosi mitspielt.

Plan 9 from Outer Space

Bela Lugosi, 1882 im damals österreichischen Banat geboren, war Schauspieler und wurde durch seine Darstellung des Dracula in der Verfilmung von 1931 bekannt. 1958 gelang es dem Trash-Regisseur Ed Wood Bela Lugosi für den späteren Kultfilm "Plan 9 from Outer Space" zu engagieren. Lugosi starb aber gleich nach Drehbeginn. Wood ersetze ihn durch irgendeinen Menschen, der Lugosi überhaupt nicht ähnlich sah, weshalb er sich groteskerweise in jeder Szene ein Cape vors Gesicht halten musste.

1994 hat Hollywood Ed Wood mit der Verfilmung seiner Lebensgeschichte ein Denkmal gesetzt, mit Johnny Depp in der Titelrolle des Ed Wood und mit Martin Landau als Bela Lugosi, Landau bekam dafür je einen Oscar und Golden Globe als bester Nebendarsteller.

Retro, ironisch, snobistisch
Der Reißzahn des Werwolfs Le Loup Garou ist hinter lieblichen musikalischen Masken versteckt. Und maskiert kommt das Trio zuweilen auch auf die Bühne. Retro, ironisch, snobistisch und schwer einzuordnen.

Sie sind frei von nationalen, sprachlichen und folkloristischen Eingrenzungen und obwohl sie in Neapel zu Hause sind, lassen sie den Hiphop der vielen neapolitanischen "posse" links und die kitschigen südlichen Mandolinen rechts liegen und singen englisch, französisch, spanisch, italienisch und zuweilen sogar finnisch oder deutsch. In den urbanen Regionen Süditaliens ist das Trio seit Jahren kein Geheimtipp mehr, sondern anerkannter Bestandteil der Musikszene.

Hör-Tipp
Spielräume, Sonntag, 1. März 2009, 17:30 Uhr

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