Zweites Soloprogramm mit alten und neuen Figuren

Nadja Maleh ist "Radio-Aktiv"

"Ich sind viele" behauptet Nadja Maleh in ihrem aktuellen Kabarett-Solo und lädt das Publikum ein in ihr Gehirn. Ein hyperaktives Hirn, das sich für ein Radio hält, in dem man zwischen unzähligen Gedanken und Gefühlen hin und her zappen kann.

Auch Milliardäre brauchen Selbsthilfegruppen

Eröffnet wird Nadja Malehs Kopf-Radio mit einem verführerisch-ruhigen Chanson. Ein stiller, starker Beginn, wie man ihn auf einer Kabarett-Bühne selten erlebt. Im weiteren Verlauf der Handlung hält sich die Kabarettistin - unter der Regie von Marion Dimali - dann allerdings an die bewährt abwechslungsreiche und rasante Dramaturgie ihres Solo-Debüts "Flugangsthasen." Damals war der Schauplatz ein Billigflieger, in dem Langzeitarbeitslose für Unterhaltung sorgen, diesmal wird der eigene Kopf zur Bühne für diverse, liebenswert-schrullige Figuren.

"Es geht um mein Kopf-Radio, um die vielen inneren Stimmen, die ich in meinem Kopf habe und die den ganzen Tag die Klappe offen haben. Jeder kennt das, es ist nicht pathologisch", meint Maleh.

Witz, Würze und Wandlungsfähigkeit

"Malech" ist arabisch und bedeutet Salz. Und tatsächlich scheinen Nadja Maleh, Tochter eines Syrers und eine Tirolerin, Witz, Würze und Wandlungsfähigkeit schon in die Wiege gelegt worden zu sein. Aus aller Welt stammen auch die Frauen, die sie auf der Bühne verkörpert.

Einige kennt man bereits aus dem Vorgängerprogramm "Flugangsthasen". Die Inderin Mandala, die sächsische Alleinunterhalterin Ramona Krumelanke und die schrullige Wissenschaftlerin, die behauptet: "Besser Einstein im Kopf, als zwei Steine auf dem Kopf."

Neu sind zum Beispiel eine Gedanken-Trainerin und die Kindergärtnerin Melanie. In gefährlich naivem Tonfall plappert sie Vorurteile gegen Ausländer nach, wobei sich ihr Fremdenhass kurioserweise gegen Außerirdische richtet: "Sind sie schon auf der Erde gelandet? Und wenn ja, sind sie bereit, Einkommenssteuer zu zahlen? Die haben Hände, die sollen arbeiten! Die Außerirdischen haben mehr Hände als ich."

Vom Gold zu Gott

Um sich wieder zu beruhigen, stimmt die Kindergärtnerin ein harmloses kleines Lied über Obst an. "Die Melone bietet Fleisch und Kurven, auf Bananen können wir gut surfen. Heidelbeeren machen gerne blau, für die Quitte interessiert sich keine Sau", reimt sie. Denn singen dürfen alle Damen, die in Nadja Malehs Kopf-Radio zu Gast sind. Auch die Russin Olga, die einen fesselnden Beruf hat: Sie ist Domina. "Ich bin von Kopf bis Fuß auf Hiebe eingestellt, dafür nehm ich Geld und sonst gar nichts", variiert sie den bekannten Schlager von Friedrich Hollaender.

Weiters treten auf: eine chinesische Masseurin und eine traurige Milliardärin auf Sinnsuche: "Früher hab ich in Gold investiert, jetzt investiere ich in Gott."

Die "Gedankensplitter-Lady"

"Malehs Texte sind intelligent, witzig und boshaft, ihre Chanson-Stimme samtweich, ihre Verwandlungskunst erstaunlich. Selten hat man so viele tolle Frauen auf einem Quadratmeter Bühne gesehen." So lobte die deutsche Presse Nadja Malehs Debüt-Programm "Flugangsthasen", das gleich mit drei bayerischen Kleinkunst-Preisen ausgezeichnet worden ist.

Ob nun mit dem aktuellen Solo "Radio-Aktiv" endlich auch die heimischen Ehrungen folgen? Zumal sich Nadja Maleh diesmal sogar als Wienerlied-Sängerin versucht. Musikalisch unterstützt wird sie dabei von Matthias Bauer, der die Halb-Playbacks produziert hat, zu denen Maleh live singt.

Zwischen den Auftritten der allesamt ziemlich überdrehten, schrillen Charaktere spielt Nadja Maleh auch noch eine laszive Moderatorin, die mit nächtlich-verlangsamter Stimme durchs Programm führt, für angenehme Ruhepole sorgt und den kürzesten Witz des Abends erzählt. "Kommt kein Mann zum Arzt..." Maleh bezeichnet diese Figur als "Gedankensplitter-Lady". Sie liebt es, Dinge zu hinterfragen. Etwa das Bekenntnis: "Ich liebe dich noch immer so, wie am ersten Tag. Ist das ein Kompliment? Denn am zweiten Tag liebt man ja eigentlich schon mehr als am ersten."

Küssen oder verpissen?

Natürlich sind es Klischees, die Nadja Maleh mit ihrer Damen-Riege bedient, aber sie tut das auf sehr entlarvende, kluge und lebensnahe Weise. Beim Thema Liebe darf natürlich eine Französin nicht fehlen. Französisch sei schließlich eine besonders erotische Sprache, auch wenn sie für Missverständnisse sorgt. "Der Mann versteht: küss mich, ich sage: verpiss dich."

"'Radio-Aktiv' ist eine emotionale Achterbahn-Fahrt", erklärt Maleh, "heiß, kalt, schräg, vernünftig, philosophisch, komisch. Es ist ein ganz eigener Mischmasch aus Kabarett, Comedy, Theater und Gesang geworden. Aber das bin jetzt offenbar ich!"