Peter Brabeck und der Nestlé-Konzern
Eigenschaften eines CEO
Peter Brabeck war über zehn Jahre lang Nestlé. Der Lebensmittelkonzern schrieb während seiner Ära als CEO Jahr für Jahr Rekordgewinne, auch 2008, mitten in Zeiten der Krise. CEO steht für Chief Executive Officer, zu Deutsch: Vorstandsvorsitzender.
8. April 2017, 21:58
"Wir sind keine Philanthropie, wir sind ein kommerzielles Unternehmen und unsere Hauptaufgabe ist das, unser Unternehmen, das gerade 140 Jahre gefeiert hat, nochmals 140 Jahre feiern wird. Und dass wir weiterhin in der Lage sind, die Bevölkerung dieser Welt zu ernähren." Vier Wochen nach dem Interview in der Konzernzentrale am Genfersee trat Peter Brabeck von seinem Posten als Chief Executive Officer, kurz CEO, der Nestlé AG zurück. Seit dem 10. April 2008 leitet er nun als Präsident den Aufsichtsrat des weltgrößten Lebensmittelkonzerns.
Der Umsatz des abgelaufenen Geschäftsjahres beträgt 109 Milliarden Schweizer Franken, umgerechnet 73 Milliarden Euro, und ist höher als das Bruttoinlandsprodukt von unterschiedlichen Volkswirtschaften wie Pakistan, Ungarn oder Neuseeland. Das Jahr 2008 war erneut ein Rekordjahr für Nestlé. Peter Brabeck rechnet die globalen Dimensionen selbst vor: "Wir müssen weltweit täglich 1,2 Milliarden Produkte verkaufen, damit das Unternehmen überlebt!"
Macht hat einen Wert
Nach über zehn Jahren in oberster Verantwortung, als Vorstandsvorsitzender des multinationalen Konzerns ist sich Peter Brabeck seiner Macht bewusst: "Werte und Prinzipien ohne Macht sind lächerlich", meint er. Gleichzeitig streitet er ab, dass Unternehmen wie Nestlé und ihre Topmanager realpolitisch mächtiger sind als nationale und internationale Gesetzgeber.
Peter Brabeck sieht sich lieber als Gestalter der Gegenwart und der Zukunft. In diese Position brachte ihn eine beständige, über 40 Jahre andauernde Laufbahn im Konzern: vom Eisverkäufer zum CEO! Eine linear ansteigende Karriere, die sich mit dem öffentlichen Bild des passionierten Gletscherpiloten und Motorradfahrer deckt: "Ich würde sagen, dass ich mich gern als Gestalter sehe, ich prognostiziere die Zukunft nicht, ich gestalte die Zukunft. Ich engagiere mich für die großen Probleme, wie das weltweite Wasserproblem. Deshalb bin ich in einer globalen Agenda für Wasser aktiv."
Wasser braucht einen Wert
Peter Brabeck fordert seit Jahren beharrlich, dass Wasser durch einen Preis zu schützen sei, um dem globalen Missbrauch in der Land- und Agrarwirtschaft entgegenzuwirken: "Wasser ist ein Menschenrecht, das stimmt natürlich: jene fünf Liter, die Menschen täglich trinken, und jene 20 Liter, die für Hygiene gebraucht werden, aber es gilt nicht für die 9.000 Liter Wasser, die benötigt werden, um Soja für einen Liter Biodiesel zu produzieren. Würde Biosprit weiter produziert werden, wenn Wasser einen Preis hätte?" Die Antwort auf die Frage gibt sich Peter Brabeck selbst. Dass er, als Verwaltungsratspräsident von Nestlé - neben Coca Cola eines der weltweit größten Wasserabfüllunternehmen -, einen Preis auf den erneuerbaren Rohstoff einfordert, ist für Umweltorganisationen, NGOs und Teile der Öffentlichkeit eine Provokation.
The Healthy Hydration Company
Die "Bevölkerung dieser Erde zu ernähren" ist ein Unternehmensziel von Nestlé, gleichzeitig aber nur nachgeordnetes Mittel, um weniger ein humanistisches, als vielmehr ein ökonomisches Ziel zu erreichen. Die betriebswirtschaftliche Maxime der Gewinnmaximierung würde, so sagen zumindest Kritiker, auch Peter Brabecks Sorge um den globalen Wasserhaushalt zu Grunde liegen. Wasser würde nach seinem Vorschlag zur wertvollen und für einen Großteil der Weltbevölkerung unbezahlbaren Ware.
Peter Brabeck fühlt sich gezielt falsch verstanden und auf Grund seiner Positionen bei Nestlé von Medien vorverurteilt. Er möchte es partout nicht Ethik oder Moral nennen, doch betont er, dass ihm die globalen Wasservorräte am Herzen liegen, gleich ob als Mensch oder als CEO von Nestlé: "Ich fühle mich als Nestlé."
Hör-Tipp
Hörbilder, Samstag, 28. Februar 2009, 9:05 Uhr
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