Verkehrsunfälle belasten Gesundheitssystem
Der Wahnsinn auf Österreichs Straßen
Die Zahl der Verkehrstoten auf Österreichs Straßen ist so niedrig wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Auf den ersten Blick eine erfreuliche Tatsache. Im Vergleich mit anderen EU-Staaten sieht die Bilanz allerdings ziemlich traurig aus.
8. April 2017, 21:58
Im Jahr 2008 verstarben 678 Menschen an den Folgen eines Verkehrsunfalls auf Österreichs Straßen. Das ist der niedrigste Wert seit über vierzig Jahren. Verglichen mit dem Beginn der 1970er Jahre mit jährlich 3.000 Verkehrstoten hat sich die Situation zweifellos verbessert. Noch dazu gab es damals noch deutlich weniger Fahrzeuge.
Wer die Statistik etwas genauer unter die Lupe nimmt, kommt allerdings zu einem ernüchternden Ergebnis. Die Zahl der Unfälle mit Personenschäden ist etwa gleich geblieben. 50.000 Verletzte sind es, nach wie vor, Jahr für Jahr, viele unter ihnen tragen bleibende Schäden davon. Und wenn die Folgen der Umweltbelastung (allen voran Feinstaub und Lärm) mit einberechnet werden, so hat sich auch bei den Sterbefällen nichts geändert. Nur die Todesursache ist eine andere.
Österreich und Slowenien sind Schlusslichter
Der internationale Vergleich lässt Österreich ebenfalls traurig aussehen. Während Dänemark als jenes EU-Land mit der höchsten Verkehrssicherheit gilt, so ist die Wahrscheinlichkeit bei einem Verkehrsunfall auf Österreichs Straßen verletzt oder getötet zu werden gleich fünfmal so hoch. Nur Slowenien liegt diesbezüglich noch hinter Österreich.
Auffällig ist dabei, dass die Zahl der Verkehrstoten glücklicherweise relativ gering ist. Das hat aber weniger mit der Verkehrssicherheit zu tun. Vielmehr ist die gute und schnelle Versorgung der Verletzten in Österreich vorbildhaft. Die ersten Minuten nach einem Unfall sind entscheidend. Mittlerweile hat so gut wie jeder ein Handy im Auto, eine weltweit vorbildliche Hubschrauberflotte ist sofort zur Stelle und die moderne Unfallmedizin steht im internationalen Vergleich ebenfalls sehr gut da.
Jeder zahlt 100 Euro pro Monat für Unfallfolgekosten
Alles zusammen kostet aber. Abgesehen vom menschlichen Leid vieler Betroffener belasten die Unfallfolgekosten das Gesundheitssystem mit zehn Millionen Euro jährlich, so schätzt Othmar Thann vom Kuratorium für Verkehrssicherheit. Das sind für jede Österreicherin und jeden Österreicher, egal wie alt, 100 Euro pro Monat. Mit diesem Geld könnte man sämtliche Sozialversicherungen sanieren, meint der Unfallchirurg Vilmos Vecsei vom Wiener AKH.
Vision Zero nur ein Schlagwort?
Im jüngsten Regierungsprogramm ist erstmals von "Vision Zero" die Rede. Eine Sicherheitsphilosophie, die aus der amerikanischen Chemieindustrie des 19. Jahrhunderts stammt. Schweden hatte damit bereits in den 1990er Jahren im Verkehrsbereich große Erfolge erzielt. Ein fehlerfreundliches Verkehrssystem, gänzlich ohne Todesopfer, ist das Ziel. Dazu bedarf es allerdings eines grundlegenden Paradigmenwechsels in der Verkehrspolitik, fordert Martin Blum vom Verkehrsclub Österreich.
Vision Zero bedeutet: runter mit den Höchstgeschwindigkeiten, konsequente Kontrolle mit einem erweiterten Punkteführerschein und rauf mit den Strafen, so wie das andere entwickelte Länder in der Europäischen Union auch handhaben. Denn auch hier ist Österreich im EU-Vergleich im Spitzenfeld: Im Verhältnis von der erlaubten Höchstgeschwindigkeit zu den niedrigen Strafen, die bei der Überschreitung dieser zu zahlen ist.