Konetzni und Rysanek
Singende Familienbande
Ein beliebtes Thema und im Opernbetrieb gar nicht so selten: Vater und Sohn oder Tochter gemeinsam auf der Bühne, Brüder und Schwestern, ganz zu schweigen von den singenden Ehepaaren. Auch Wien hat zwei legendäre Opern-Schwestern hervorgebracht.
8. April 2017, 21:58
Von den legendären Sängerdynastien à la Garcia im 18. und 19. Jahrhundert abgesehen sind es zwar mehr oder weniger nur Fußnoten in der Operngeschichte, für den interessierten Betrachter und Hörer aber sind gewisse Familienkonstellationen bei Operninterpreten doch immer von großem Reiz.
Dabei geht es gar nicht unbedingt nur um berühmte Sänger-Ehepaare unserer Zeit wie zum Beispiel Gheorghiu/Alagna oder Netrebko/Schrott, die ja auch die einschlägigen Gazetten beschäftigen. Eingefleischte Opern- und Stimmfreaks wollen wohl auch zu hören, wie zum Beispiel der Sohn von Enrico Caruso gesungen hat oder die intrigante Schwester von Maria Callas.
Garanca und Chichon
Sie interessieren sich auch immer noch für Jussi Björling und seine umfangreiche, singende Familie, für Beniamino Gigli, der auf der Bühne oft zum Liebhaber seiner Tochter Rina wurde, für Mirella Freni und Nicolai Ghiaurov, für die beiden verfeindeten Schwäger Jan Peerce und Richard Tucker oder für die singenden Bariton-Söhne Peter und Paul des legendären Otto Edelmann.
Aber dieses Kapitel lässt sich schier endlos prolongieren, zum Beispiel mit Elina Garanca, dem neuen Superstar aus Lettland, die mit dem englischen Dirigenten Karel Mark Chichon verheiratet ist und unter seiner Leitung vor etwa eineinhalb Jahren in ihrer Heimatstadt Riga ihre erste Carmen gesungen hat, die sie heuer noch in den römischen Caracalla-Thermen und am Londoner Covent Garden vorstellen wird, ehe sie 2010 damit endlich auch an die Wiener Staatsoper kommt.
Fassbaenders Vater
Eine berühmte Carmen war vor etlichen Jährchen auch Brigitte Fassbaender, die heute mit großem Erfolg Intendantin in Innsbruck ist, dort auch selbst inszeniert und damit zum zweiten Mal in die Fußstapfen ihres nicht minder berühmten Vaters Willi Domgraf-Fassbaender tritt, der in den 1930er und 1940er Jahren ein weltweit geschätzter Bariton gewesen ist und danach ebenfalls als Regisseur seine Karriere fortgesetzt hat.
Völkers singender Nachwuchs
Auch der legendäre Tenor Franz Völker hatte singenden Nachwuchs: seinen 1923 geborenen Sohn Georg, der zwar nicht in die gleiche Liga wie sein Vater vordringen konnte, immerhin aber als Bariton eine gute, mittlere Karriere gemacht hat, auch mit Auftritten an der Wiener Staatsoper.
Zwei Stars der Völker-Ära waren ebenso der dänische Tenor Helge Rosvaenge und der deutsche Bariton Heinrich Schlusnus, beide vor allem als hinreißende Verdi-Sänger zwei Säulen der deutschen Verdi-Renaissance. Vor allem in Berlin waren die beiden so beliebt, dass sie von ihren Fans wegen ihrer vielen gemeinsamen Auftritte liebevoll "Rosnus und Schluswaenge" genannt wurden.
Beide hatten auch singende Ehefrauen: Schlusnus die Exfrau seines Lehrers Louis Bachner, Rosvaenge die aus Ungarn stammende Koloratrice Ilonka Holndonner.
Singendes Elternpaar
Caterina Ligendza, die unvergessene Isolde von Carlos Kleiber, hatte gar ein singendes Elternpaar: Brita Hertzberg und Ejnar Beyron, die beide in ihrer schwedischen Heimat große Anerkennung genossen haben. Trotzdem waren sie alles andere als begeistert, als auch ihre Tochter singen wollte.
Caterina Ligendza musste ihre ersten Gesangsstunden daher heimlich nehmen, doch als ihre Eltern sich damit schließlich abfanden, haben sie die Karriere ihrer Tochter selbstverständlich gefördert und sogar ihre ersten Aufnahmen ermöglicht - übrigens unter demselben Kapellmeister Nils Grevillius, unter dem auch sie ihre ersten Platten aufgenommen haben.
Opernehen gestern und heute
Der vor 30 Jahren verstorbene italienische Ausnahmetenor Giacomo Lauri-Volpi hatte ebenfalls eine singende Frau: die spanische Koloratursängerin Maria Ros, die nach ihrer Heirat mit Lauri-Volpi (1924) ihre eigene Karriere aber aufgegeben und in der Folge ihrem Mann zur Seite gestanden ist, auch in künstlerischen Fragen.
Der deutsche Tenor Peter Seiffert, einer der führenden Heldentenöre unserer Zeit, hat nun schon die zweite singende Ehefrau an seiner Seite. Nach dem Tod seiner ersten und wesentlich älteren Partnerin Lucia Popp, hat Seiffert die Wiener Sopranistin Petra-Maria Schnitzer geheiratet und bildet zusammen mit ihr seitdem auch ein ideales Bühnenpaar: als Eva und Stolzing, Elsa und Lohengrin und so weiter.
Singende Schwestern
Die Liste der Familienbande im Bereich der Oper ließe sich somit noch lange fortsetzen, mit Beispielen von heute und einst, als zum Beispiel Wien hintereinander zwei legendäre Opern-Schwestern hervorbrachte: zuerst Hilde und Anny Konetzni und in der nächsten Generation schließlich Lotte und Leonie Rysanek, wobei die vielfach zitierte Lesart, Lotte wäre die jüngere Schwester von Leonie, sich im nachhinein als (lancierte) Falschmeldung herausstellt.
Lotte - ein wichtiges Wiener Ensemblemitglied - war nämlich zwei Jahre älter als ihre weltberühmte, 1998 verstorbene Schwester Leonie. Lotte Rysanek wurde am 18. März 2009 daher 85 Jahre alt.
Mehr dazu in oe1.ORF.at
Singende Geschwister
Die Opern-Schwestern
Hör-Tipp
Apropos Oper, Dienstag, 24. März 2009, 15:06 Uhr