Ein Lehrgang für mehr Verständnis

Zehn Jahre "Tandem"

Seit zehn Jahren veranstaltet die Sicherheitsakademie des Innenministeriums Lehrgänge für Polizisten, in denen sie Einblicke in die fremde Welt von Asylwerbern und Migranten erhalten. Das Ziel ist ein sensibler und respektvoller Umgang mit Migranten.

Seit zehn Jahren bietet die Sicherheitsakademie gemeinsam mit dem IZSK, dem Internationalen Zentrum für Sprachen und Kulturen, für interessierte Polizisten den Lehrgang "Polizeiliches Handeln in einer multikulturellen Gesellschaft" an. Sie sollen die Migranten besser verstehen lernen, um in ihrer Arbeit zu vermeiden, was sich keiner wünscht: Unnötige Missverständnisse und gewalttätige Konflikte.

"Es heißt, wir sind rassistisch"

Gegen diesen Vorwurf wehren sich die Polizisten. "Die Menschen unterstellen uns zu schnell und zu gerne, wir wären fremdenfeindlich und nur auf der Suche nach Konflikten", sagt der 42jährige Polizist Roman Mrazek. Er arbeitet im 15. Wiener Gemeindebezirk, dem Bezirk Wiens mit dem höchsten Migrantenanteil.

Tiroler Speck mit kurdischem Huhn

Ein wichtiger Teil des Lehrgangs ist, dass Polizisten und Migranten in einem Tandem Projekt einander kennenlernen. Privat. Von Mensch zu Mensch. Als Tandem-Paar oder in kleinen Gruppen entstehen so über ein halbes Jahr verschiedene Projekte. Der Polizist Herbert Scheuringer aus Werfen machte mit seiner Tandem-Partnerin Maryam Farzam, einer gebürtigen Iranerin, einen Film zum Thema Integration. Roman Mrazek veranstaltete mit einer Kollegin und ihren kurdischen Tandem-Partnern ein internationales Essgelage in der Polzeiinspektion Sechshauserstrasse. Bakary Sanou aus dem afrikanischen Burkina Faso ging mit seinem Amstettner Polizisten am Ötscher Schneeschuhwandern.

So heil wie die Welt im Ausbildungszentrum scheint, ist sie draußen nicht. Sowohl Migranten, als auch Polizisten kämpfen mit Vorurteilen. Missverständnisse stehen an der Tagesordnung. Auch die Fälle um Marcus Omofuma oder Seibane Wague haben sich in das kollektive Gedächtnis eingebrannt. Maryam Farzam erzählt, sie habe schon als Kind im Iran eingebläut bekommen, Polizisten seien nicht in Ordnung. Als sie als Flüchtling nach Wien kam, sagte man ihr: "Du musst aufpassen! Wenn dich die Polizei einmal erwischt, kannst du Österreich vergessen."

Sowohl die Migranten als auch die Polizisten wollen ihre Tandem-Partner vom Gegenteil überzeugen. Polizisten sind keine Rassisten. Ausländer sind keine Kriminellen.

Seminare über den Tellerrand hinaus

Neben den Tandem-Projekten besuchen die Polizisten insgesamt vier Wochen theoretische Seminare. Die Vortragenden kommen von der Caritas, der Asylkoordination Österreich, sind zum Beispiel Psycho-Therapeuten, Mediatoren oder Wissenschaftler. Den Polizisten Roman Mrazek hat das besonders gereizt, nicht von Polizisten unterrichtet zu werden, sondern von unabhängigen Fachleuten. Es ist ein Blick über den Tellerrand hinaus.

Nicht mehr als 25 im Jahr

Jedes Jahr leistet sich die Sicherheitsakademie nicht mehr als 25 Teilnehmer. So hat man in zehn Jahren lediglich 250 Polizisten weitergebildet. Eine geringe Zahl, wenn man bedenkt, dass 30.000 Polizisten in Österreich arbeiten. Abgesehen davon ist auch nicht fix, ob der Lehrgang weiter finanziert wird. Jetzt nach zehn Jahren, wird evaluiert, ob er genügend bringt, für das, was er kostet.

Hör-Tipp
Moment, Donnerstag 26. März 2009, 17:09 Uhr

Links
Internationalen Zentrum für Sprachen und Kulturen - Polizeiliches Handeln in einer multikulturellen Gesellschaft
Bundesministerium für Inneres - Sicherheitsakademie