Fiktive Dialoge

Labyrinthe

Elisabeth Guggenberger und Helmut Voilt haben im Zuge ihres Filmprojekts "Arktis Nordost" ein Jahr auf Franz Josef Land verbracht. Im Buch "Eis und Ego" beschreiben sie in fiktiven Dialogen die Beweggründe und Abwege von zehn Arktis-Expeditionsleitern.

In den 1970er Jahren war das Vorhaben geradezu aberwitzig: Als Helmut Voitl dem damaligen Intendanten des ORF vorschlug, die Expedition von Julius Payer und Karl Weyprecht filmisch zu rekonstruieren, herrschte Kalter Krieg - die UdSSR hätte niemals eine Genehmigung erteilt. 20 Jahre später konnte das Projekt verwirklicht werden.

Ein Modell des historischen Schiffes, der "Admiral Tegetthoff", - im Maßstab 1:1 - wurde mit einem russischen Eisbrecher bis an die Küste von Franz Josef Land gebracht.

14 Stunden Filmmaterial

Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Elisabeth Guggenberger produzierte der Regisseur und Kameramann Helmut Voitl insgesamt 14 Stunden Film. Neben der semidokumentarischen Rekonstruktion der Payer-Weyprecht-Expedition, die Ende des 19. Jahrhunderts zur Entdeckung von Franz Josef Land führte, entstanden zahlreiche Dokumentationen im Zuge des Projekts "Arktis Nordost", das beispiellose Filmaufnahmen vom Ewigen Eis hervorbrachte.

In Österreich wurden Guggenberger und Voitl nach Ausstrahlung der Filme von Seiten einzelner Boulevardmedien mit Hohn bedacht. Die entstandenen Aufnahmen hätte man auch "in einem Besenkammerl" machen können. Die politische Opposition sägte am Sessel des ORF-Intendanten und unterstellte dem Projekt "Arktis Nordost" absurd hohe Kosten. Außerhalb Österreichs wurden die Leistungen des Filmteams aber gewürdigt.

Der "gentleman traveller"

Payer und Weyprecht hatten nach ihrer Rückkehr von Franz Josef Land mit ähnlichen Reaktionen zurecht zu kommen. Ganz anders als etwa Benjamin Leigh Smith, der als Privatmann, als "gentleman traveller", in der Arktis unterwegs war. Ihm war es nicht um Ruhm und Ehre gegangen, er wollte mit seiner Reise vielmehr seine "Beziehung zur Natur vertiefen", so Elisabeth Guggenberger. In ihrem Buch "Eis und Ego" beschreiben sie und Helmut Voitl in fiktiven Dialogen mit zehn Arktis-Expeditionsleitern deren Beweggründe, deren Umwege und Abwege.

Etwa den autoritären Führungsstil von Frederic Jackson, der mit seiner Mannschaft nur mittels schriftlicher Anweisung kommunizierte; oder den Größenwahn des Amerikaners Walter Wellman, der, von der hiesigen Presse als "tüchtiger Korrespondent" und "unerschrockener Arktisforscher" geadelt, die Darstellung der arktischen Gefahren auf die Spitze trieb, bis hin zum erfundenen Angriff eines Eisbären auf seine Person.

Wenn das Ego dominiert

Was Guggenberger und Voitl in ihrem Buch beschreiben, ist ein Ensemble von Charakteren, wie sie auch heute in maßgeblichen Positionen zu finden sind: Firmenchefs und Manager, sagt Helmut Voitl, könnten von den Irrungen der Expeditionsleiter lernen. Wenn das Ego, so eine Essenz des Buches, das Handeln so weit dahingehend beeinflusst, dass man auf Kosten der Mitmenschen agiert, führe das "unweigerlich zu einem Absturz". Die Herausforderungen lägen demnach nicht im Anderen, Fremden, sondern immer im Umgang mit dem eigenen Ego. Darin entscheide sich der Mensch zwischen Glück und Unglück.

Im letzten Teil des Buches "Eis und Ego" beschäftigen sich Helmut Voitl und Elisabeth Guggenberger mit ihren eigenen Erfahrungen auf Franz Josef Land, mit Fehlern im Umgang mit Problemen wie mit der Schönheit der Eislandschaft.

Service

Elisabeth Guggenberger und Helmut Voitl, "Eis und Ego", Verlag Christian Brandstätter