Eine Zeitzeugin im Gespräch
Der vergessene Widerstand
Im April 1942 begannen die Nazis, slowenische Familien aus Kärnten zu deportieren. Darüber berichtet die Zeitzeugin Ana Zablatnik - und auch über den Widerstand der slowenischen Kärntnerinnen und die verweigerte Anerkennung dieses Widerstands heute.
8. April 2017, 21:58
In der Morgendämmerung des 14. April 1942 begann die sogenannte "Aussiedlung" slowenisch sprechender Familien aus Kärnten. Innerhalb von 48 Stunden wurden fast 1.100 Personen ohne Angaben von Gründen und ohne vorab informiert worden zu sein, aus ihren Häusern und Wohnungen vertrieben. Sie wurden in ein Lager nach Klagenfurt gebracht und von dort in Lager der Volksdeutschen Mittelstelle in Deutschland, dem sogenannten "Altreich" deportiert.
Volks- und Staatsfeinde
Jugendliche, Frauen und Männer, die arbeitsfähig waren, mussten Zwangsarbeit in Industriebetrieben, in der Landwirtschaft oder Haushalten leisten. Slowenisch zu sprechen war ab sofort strengstens verboten.
Die "Ausgesiedelten" wurden als "volks- und staatsfeindlich" erklärt. Damit war die Voraussetzung erfüllt, ihr Vermögen einzuziehen und ihre Höfe "deutschen Volksgenossen" übergeben zu können. Diese Vorgangsweise hatte zur Folge, dass sich nach dem April 1942 immer mehr Angehörige der slowenischen Volksgruppe dem organisierten Widerstand gegen das NS-Regime anschlossen.
Verweigerte Anerkennung
Die Alliierten legten im Jahr 1943 in der Konferenz in Teheran fest, dass Österreich aktiv zur Befreiung vom Dritten Reich beitragen müsse, um in den Grenzen von 1938 wiederhergestellt zu werden. "Den überwiegenden Teil des Kampfes gegen die Nazis leisteten die Kärntner Slowenen, wirklich bekannt ist das heute aber nicht mehr", sagt der Wiener Politologe Walter Manoschek. Während der Staatsvertragsverhandlungen verwies der damalige Außenminister Karl Gruber auf den Beitrag des slowenischen Widerstandes zur Befreiung Österreichs. Und auch in Kärnten ließ der Konsultative Landesausschuss am 13. Juni 1945 protokollieren: "Der Landtag bedankt sich für den heldenhaften Kampf der Kärntner Slowenen gegen den Faschismus".
Im Gespräch mit der heute 86-jährigen Zeitzeugin Ana Zablatnik aus Fellersdorf / Bilnjovs geht es nicht nur um die Ereignisse in Südkärnten im April 1942, als die Deportation Hunderter Kärntner Sloweninnen und Slowenen begann, sondern auch um die Rolle der slowenischen Frauen Kärntens im Widerstand gegen das NS-Regime damals und die verweigerte Anerkennung dieses Widerstands heute.
Hör-Tipp
Im Gespräch, Donnerstag, 16. April 2009, 21:01 Uhr
Buch-Tipps
Florjan Lipus, "Botjans Flug", Wieser Verlag
Karel Prusnik-Gasper, "Gemsen auf der Lawine", Wieser Verlag
Bernd Liepold-Mosser, "Partizan", Drama, erschienen in der Reihe "Gehört Gelesen und Gesehen", Wieser Verlag
Martin Hitz und Karl Stuhlpfarrer, "Grenzfall Kärnten", Wieser Verlag
Peter Handke und Klaus Amann, "Wut und Geheimnis", Wieser Verlag
Helene Kuchar-Jelka, "Jelka. Aus dem Leben einer Kärntner Partisanin", Drava Verlag
Link
Zeitzeugengeschichte - Ana Zablatnik
European Resistance Archive - Ana Zablatnik