Auf der Suche nach der perfekten Wagner-Aufführung
Madrids Teatro Real
Heute ist sie ein Thema für Hollywood: die Suche nach dem "heiligen Gral". Ist er in den spanischen Pyrenäen zu finden? In Valencia? Auf der Suche nach der perfekten Wagner-Aufführung ist die iberische Halbinsel jedenfalls ein gutes Pflaster.
8. April 2017, 21:58
Wer erinnert sich noch an den Madrider "Parsifal" von 2001, mit Placido Domingo als Parsifal und Agnes Baltsa in ihrem Kundry-Debüt? Matti Salminen war Gurnemanz, Franz Grundheber Amfortas. In der öffentlichen Wahrnehmung ist das Teatro Real in Madrid so etwas wie der "kleinere Bruder" des prestigereichen Gran Teatre del Liceu in Barcelona. Tatsächlich hatte das 1850 eröffnete Haus seine Glanzzeit im späten 19. Jahrhundert. In den 1920er Jahren baufällig geworden, wurde es erst 1997 als Operntheater wiedereröffnet.
Heute ist der Berlin- und Wien-erfahrene Jesus Lopez-Cobos Chefdirigent, mit Wagner-Faible. Die Vorschau auf die Saison 2009/10 in Madrid ist bereits veröffentlicht, mit einer Menge interessanter Premieren, und im Mittelpunkt einem von Lopez-Cobos dirigierten "Fliegenden Holländer", mit der Senta der Stunde, Anja Kampe.
Christian Gerhahers Wolfram
Die letzte Premiere der Wiener Staatsopern-Ära Holender wird im Juni 2010 ein von Franz Welser-Möst geleiteter und von Claus Guth inszenierter "Tannhäuser" sein; Tannhäuser-Elisabeth-Wolfram: Johan Botha, Anja Kampe, Christian Gerhaher. Auch Christian Gerhaher als Wolfram gab es im März/April diesen Jahres schon im Teatro Real in Madrid zu erleben, in einer von Jesus Lopez-Cobos musikalisch betreuten Neuproduktion.
Wer hätte gedacht, dass die Nacktszenen (rund um die Figur der Venus) in der aus Los Angeles importierten Regie von Ian Judge in der spanischen Presse so viel Staub aufwirbeln würden? Bewährt als Tannhäuser und Elisabeth in der Erstbesetzung (Madrid bietet bei "großen" Stücken für die Hauptpartien jeweils A- und B-Besetzungen!): Peter Seiffert und Petra Maria Schnitzer, zum Aufhorchen die andere Elisabeth der Aufführungsserie, die aus Meran stammende und längst Bayreuth-erfahrene Edith Haller.
Ob es wirklich Gérard Mortier als Intendanten braucht, um das Teatro Real wach zu küssen? Jesus Lopez-Cobos verschweigt nicht, dass er lieber ohne Mortier weitergemacht hätte.
Helga Schmidts "Palau de les Arts" in Valencia
Die jüngste Opernhaus-Neuschöpfung Spaniens steht in Valencia, punktet mit futuristischer Architektur - Albino-Gürteltier oder verlassenes Klingonen-Raumschiff? -, weniger mit optimalen Sicht- und Hörverhältnissen im Opernhaus-Inneren, hat die Österreicherin Helga Schmidt als "Macherin" am Intendantensessel und Lorin Maazel als Musikdirektor seines Orchesters: das Palau de les Arts Reina Sofía in Valencia.
Erklärtes Ziel von Helga Schmidt: Valcenia als "Magneten" für Wagnerianer aller Altersklassen auf der internationalen Opern-Landkarte zu etablieren. Am Beginn der laufenden Saison brachte ein von Werner Herzog inszenierter neuer "Parsifal" unter der Leitung von Lorin Maazel tatsächlich jede Menge mediale Aufmerksamkeit, weniger künstlerische Befriedigung: zu zeremoniös, von beiden Seiten, zu langatmig.
"Ring" mit Zündstoff
Da verspricht die Ende Mai bevorstehende Vollendung von Valencias ungewöhnlichem "Ring"-Projekt schon mehr Zündstoff: Über mehrere Saisonen verteilt, hat das phantastische spanische Theater-Kollektiv "La Fura dels Baus" Richard Wagners "Ring des Nibelungen" in Szene gesetzt - epochal, wie Helga Schmidt werbewirksam trommelt: "Wieland Wagner - Patrice Chéreau - La Fura dels Baus", so sieht sie die Genealogie "der" "Ring"-Inszenierungen der letzten 50 Jahre.
Am Pult bei diesem "Ring" sorgt Zubin Mehta für Solidität, die Koproduktion mit dem Teatro Comunale di Firenze für finanzielle Absicherung.
Große Tradition, große Namen in Barcelona
So viel PR hat das spanische (eigentlich: katalanische) Traditions-Opernhaus, das Gran Teatre del Liceu in Barcelona mit seinen über 150 Jahren Star-gespickter Geschichte, nicht nötig. Barcelona brachte im März/April "Die Meistersinger von Nürnberg", in aus Dresden angereister Claus-Guth-Inszenierung, mit ein paar ausgefallenen Rollendebüts.
Wer hätte sich die französische Alte-Musik-Diva Veronique Gens als Eva erwartet? Bo Skovhus als Beckmesser - schon logischer, und durch und durch gelungen. In Barcelona ist Sebastian Weigle Musikchef, er achtet darauf, sich Jahr für Jahr mit Wagner zu profilieren. Für nächste Spielzeit ist beispielsweise ein für Barcelona neuer "Tristan" in der aus Los Angeles importierten, wohlbekannten David-Hockney-Regie fix, mit großen Namen - und Stimmen jenseits des Zenits.
Volles Risiko in Valencia
Dann vielleicht doch nach Valencia, wo - demnächst im Fall der "Götterdämmerung" - volles Risiko angesagt ist: Jennifer Wilson als Brünnhilde, Lance Ryan als Siegfried (unlängst in Salzburg Simon Rattles Osterfestspiel-Einspringer für Ben Heppner) - das kann klappen oder auch nicht. Spannend!
Hör-Tipp
Apropos Oper, Donnerstag, 30. April 2009, 15:06 Uhr
Links
Teatro Real
Gran Teatre del Liceu
Palau de les Arts Reina Sofía