Folgen der Verschrottungsprämie umstritten
Aufschwung aus der Schrottpresse
Seit 1. April 2009 gilt in Österreich die Verschrottungsprämie. Wer ein Auto, das älter als 13 Jahre ist, verschrotten lässt, bekommt 1.500 Euro Prämie für den Kauf eines neuen Autos. Das soll den Automarkt in Schwung bringen. Die Prämie ist umstritten.
8. April 2017, 21:58
Stefan Schleicher, Wirtschaftsforscher
In Deutschland heißt sie Abwrackprämie. In Österreich wollte die Regierung die Aktion "Ökoprämie" nennen. Durchgesetzt hat sich die Bezeichnung Verschrottungsprämie, was die Sache wohl besser trifft.
In dieser Woche hat auch Großbritannien eine solche Prämie eingeführt. Wer sein altes Auto verschrotten lässt und ein neues kauft, dem geben Staat und Autohandel etwas drauf. 1.500 Euro sind es in Österreich, 2.500 in Deutschland und England.
Ansturm in den ersten Wochen
In Österreich ist die Prämie wie in Deutschland ein großer Erfolg. In den ersten drei April-Wochen haben 7.500 Menschen die Verschrottungsprämie beantragt. Die Verkaufszahlen insgesamt liegen deutlich über jenen des April 2008. Es ist also genau der Effekt eingetreten, den die Autohändler erhofft haben. Der Einbruch im Geschäft mit Autos ist vorerst gestoppt. Schon verlangen Autohändler und -importeure, der Staat möge die Aktion verlängern.
Hermann Becker, Sprecher des größten österreichischen Autoimporteurs, Porsche in Salzburg, setzt vor allem auf den psychologischen Effekt. "Die Prämie animiert auch Leute, die gar kein altes Auto haben. Die sagen, komm, jetzt gehen wir Auto kaufen. Jetzt ist Auto kaufen gut für die Wirtschaft." Und auch Gustav Oberwallner, Obmann der Sparte Fahrzeughandel in der Wirtschaftskammer, glaubt, die Prämie verbessere in erster Linie die Stimmung in der Branche. "Pro Jahr werden 300.000 neue und 700.000 gebrauchte Autos in Österreich verkauft. Da wirbeln 30.000 Autos, für die es eine Verschrottungsprämie gibt, den Markt nicht durcheinander."
Kurzfristige Euphorie, böses Erwachen
Die Kritiker der Aktion warnen hingegen, dass die positive Stimmung, die seit Einführung der Prämie herrscht, keine reale Grundlage habe. Voest-Chef Wolfgang Eder, dessen Unternehmen als Autozulieferer eigentlich profitieren sollte, fürchtet einen Einbruch in ein bis zwei Jahren. "Wir erleben eine künstliche Konjunktur. Die Leute decken sich jetzt mit Klein- und Mittelklasse-Wagen ein. Wir werden dann, wenn die Nachfrage nachlässt, in ein tiefes Loch fallen."
Wirtschaftsforscher Stefan Schleicher sieht langfristig überhaupt nur Verlierer. "Die Kunden werden draufkommen, dass die Angebote gar nicht so günstig sind, weil die Händler die Rabatte senken. Der Wirtschaftsminister wird draufkommen, dass die Konjunktur doch nicht so profitiert. Der Umweltminister wird draufkommen, dass die CO2-Bilanz schlecht ausschaut", kann Schleicher keinen Vorteil in der Prämie erkennen. Er meint, die Politiker seien der Versuchung erlegen, eine kurzfristig populäre Idee umzusetzen, ohne auf die langfristigen Folgen zu achten.
Keine Verlängerung geplant
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner sieht die Verschrottungsprämie aber nicht nur positiv. Er zeigt sich zwar zufrieden, dass die Aktion in den ersten Wochen gut angelaufen sei, er bekennt sich auch dazu, der für Österreich so wichtigen Autozuliefer-Industrie Unterstützung zukommen zu lassen, er meint aber, er halte nichts davon, auf Dauer in den Markt einzugreifen und eine künstliche Nachfrage zu schaffen. Mitterlehner meint sogar, die Prämie könnte vor allem in Deutschland den Effekt haben, eigentlich nicht überlebensfähige Konzerne künstlich am Leben zu erhalten und verweist auf das Beispiel General Motors und Opel.
Der Forderung der Autohändler, die Prämie zu verlängern, kann Mitterlehner nichts abgewinnen. Nach 30.000 Autos werde Schluss sein, bleibt der Minister beim ursprünglichen Plan. Autohändler und -importeure bedauern das. Gustav Oberwallner von der Wirtschaftskammer hält eine Verdoppelung der Aktion für sinnvoll. Hermann Becker von Porsche Österreich fände es überhaupt am besten, die Verschrottungsprämie auf unbestimmte Zeit zu verlängern. "Man soll diese Aktion so lange aufrecht erhalten, bis sich der Markt von selber trägt", so die Idealvorstellung des Autohandels.
Hat Autobranche Sonderstellung?
Dann wäre es aber noch schwieriger zu argumentieren, warum die Regierung ausgerechnet diese Branche fördert. Mit dem gleichen Recht könnten Hersteller von Fernsehapparaten, Kühlschränken oder Fahrrädern ähnliche Aktionen verlangen.
Die Autobranche habe aber eine Sonderstellung, meinen Vertreter der Auto-Wirtschaft und der Regierung. Sie bringen ein Argument, das in der Krise besonders schwer wiegt: Hunderttausende Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt von der Autoindustrie ab.
Hör-Tipp
Saldo, Freitag 24. April 2009, 9:45 Uhr
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