Urlaub im All

Handbuch Weltraumtourismus

Die Öffnung der Raumfahrt für Touristen ist keine Utopie mehr. Doch wie bereitet man sich eigentlich auf so eine Reise vor? Jetzt gibt es einen Reiseführer für angehende Astronauten, verfasst vom jungen deutschen Autor Martin Kohn.

Seit dem ersten bemannten Weltraumflug 1961 waren rund 500 Menschen im Kosmos. Der Rest der Welt beobachtete gebannt die Wagemutigen – zumindest solange es nicht zur Routine wurde. Doch nun ist es mit der Beschränkung auf die Zuschauerrolle vorbei. Das "Handbuch Weltraumtourismus" funktioniert dabei tatsächlich wie ein herkömmlicher Reiseführer. Nach einer grundlegenden Einführung in die Geschichte der Raumfahrt, inklusive Porträts der ersten Weltraumtouristen, werden sämtliche irdische Weltraumbahnhöfe und deren spezielle Angebote ausführlich erläutert. Ganz konkrete und bereits heute buchbare Ziele und mögliche Aktionen werden inklusive Dauer und Preis vorgestellt.

Popstar Madonna hat sich für einen Flug ins All ebenso angemeldet, wie Hotelerbin Paris Hilton. Für rund 150.000 Dollar möchte diese kurz die Atmosphäre verlassen und weit über dem Erdboden die Schwerelosigkeit erleben. Auch für die wesentlich teureren Abenteuer auf der internationalen Raumstation ISS existieren bereits lange Buchungslisten. Bislang werden diese ausschließlich von der Firma "Space Adventures" in Zusammenarbeit mit der russischen Raumfahrtbehörde "Roskosmos" angeboten.

Ab 2015 soll ein neues Raumschiff mit sechs Sitzen an den Start gehen, und zwar nicht nur zur Raumstation, sondern auch zum Mond. Der Einstiegspreis für den Jungfernflug wird auf rund 100 Millionen harte US-Dollar geschätzt. Aussteigen und einen "großen Schritt für die Menschheit" wagen, darf der zahlungskräftige Tourist aber nicht – das könnte dann doch die Reisekasse sprengen!

Sechs Minuten Blick auf die Erde

Der Startschuss für den Boom des Weltraumtourismus fiel vor knapp 15 Jahren, als in den USA der mit zehn Millionen Dollar dotierte "Ansari X-Prize" ausgeschrieben wurde. Ziel war die Entwicklung eines Vehikels, das mindestens drei Personen an die Grenze zum Weltraum, also in eine Höhe von ungefähr 100 Kilometern, befördert und eine sichere Landung, sowie eine Wiederholung mit mindestens einer Person innerhalb weiterer vierzehn Tage ermöglicht.

Das Siegerprojekt "SpaceShipOne" erreichte als erste nicht-staatliche Unternehmung am 21. Juni 2004 die Weltraum-Grenze. Mit dem Nachfolger "SpaceShipTwo" und seiner Firma Virgin Galactic will der britische Multi-Milliardär Richard Branson schon nächstes Jahr regelmäßige Pauschalreisen ins All anbieten. Für knapp 200.000 US-Dollar kann man nach zweitägigem Training und zweistündigem Flug ganze sechs Minuten in vollkommener Stille und tiefstem Schwarz den Blick auf unseren blauen Planeten genießen.

Der Wiedereintritt in die Atmosphäre holt einen allerdings wieder brutal aus allen Träumereien. Gute 90 Sekunden verspürt man die sechsfache Erdanziehungskraft, was dem Druck gleichkommt, dem man bei einem Autounfall ausgesetzt ist.

Test mit Parabelflug

So eine Reise ins All bedarf natürlich einer gewissenhaften Vorbereitung. Statt einfach Sonnenöl und Notfalltropfen einzupacken, muss man sich strikt an die notwendigen Trainingseinheiten halten und eine spezielle medizinische, technische und persönliche Vorbereitung absolvieren. Das Gefühl der Schwerelosigkeit etwa kann man mit Hilfe des Parabelfluges schon einmal am eigenen Leib testen. Im Kosmodrom, dem größten Weltraumbahnhof der Welt nahe dem kasachischen Baikonur, bekommt man für 6.000 Euro diese simulierte Schwerelosigkeit in einem speziell dafür umgebauten Transportflugzeug.

Sie fühlen sich berauscht und frei wie ein Vogel. Genießen Sie dieses außergewöhnliche Gefühl und schweben Sie durch die Kabine, rotieren Sie im Raum um ihre eigene Achse oder relaxen Sie auf Ihrem Rücken liegend - einen Meter über dem Boden.

Andockmanöver um 1.000 Euro

Martin Kohn hat selbst fast alle Programme ausprobiert, die an den insgesamt neun internationalen Weltraumbahnhöfen vom Kennedy Space Center in Cape Canaveral über den australischen Woomera Launch Complex bis hin zur Star City bei Moskau für angehende oder Möchtegern-Astronauten angeboten werden.

Um 1.000 Euro kann man etwa bei der ESA in Köln ein Andockmanöver an die ISS üben oder Außenarbeiten im All im Hydrolab, einem riesigen Wassertank, simulieren. Für 14.000 Euro bekommt man in Baikonur einen Flug zum "Edge of Space", in einer MIG 25 zum Rande des Weltraums.

Weltraum-Etikette

Ein absoluter Bonus des Handbuches sind seine vielen interessanten und oft auch amüsanten Zusatzinformationen. So erfährt man etwa, dass amerikanische Astronauten auch im All nicht auf ihr Lieblingsgetränk verzichten wollten und dafür eigens ein Cola-Automat für die Schwerelosigkeit entwickelt wurde, oder wie man sich in der Schwerelosigkeit duscht.

Richtig skurril wird es allerdings, wenn der Autor Tipps für die unmittelbare Vorbereitung auf den Trip ins All gibt und meint, darauf hinweisen zu müssen, dass man sich während des Gesprächs mit den Ärzten "ruhig" verhalten und "Nägelkauen, sowie das Tippen mit den Fingern oder den Füßen" unterlassen solle.

Schließlich nimmt sogar die Etikette im Weltraum ihren gebührenden Platz ein. Man will ja als All-Besucher einen guten Eindruck hinterlassen.

Sie mögen sich zwar wie im Urlaub fühlen und haben dafür auch einiges investiert, nötigen Sie die anderen Astronauten dennoch nicht, Sie zu bedienen oder hinter Ihnen her zu wischen.

Hör-Tipp
Kontext, jeden Freitag, 9:05 Uhr

Buch-Tipp
Martin Kohn, "Handbuch Weltraumtourismus. Der unverzichtbare Reiseführer für angehende Astronauten", Ehrenwirth Verlag

Link
Ehrenwirth Verlag - Handbuch Weltraumtourismus