Zum 100. Geburtstag am 20. Mai
Erich Kunz
Erich Kunz gehört zu den unsterblichen Legenden der Opernstadt Wien, in der er vor 100 Jahren auch zur Welt kam. Wer ihn einmal auf der Bühne erlebt hat, trägt seither einen unverrückbaren Maßstab in sich, dem sich alle seine Nachfolger stellen müssen.
8. April 2017, 21:58
Erich Kunz, der Girardi der Oper, ebenso liebenswert wie spitzwegerisch, einer der größten Singschauspieler der Opernbühne. Diese Formulierung stammt vom Wiener Kulturjournalisten und -politiker Viktor Reimann, der damit äußerst treffend die Stellung von Erich Kunz insbesondere im österreichischen Musikleben charakterisiert hat.
Und tatsächlich: Wer Erich Kunz einmal auf der Bühne erlebt hat, trägt seither einen unverrückbaren Maßstab in sich, dem sich alle seine Nachfolger bis heute stellen müssen.
Mozart über alles
Mozart war zweifellos die tragende Säule im Künstlerleben des Erich Kunz, mit Mozart hat er Rekorde aufgestellt, die kaum zu brechen sein werden. Genauso wie er selbst eine ebenso tragende Säule des legendären Wiener Mozartensembles gewesen ist, von dessen Ruf die Wiener Staatsoper bekanntlich heute noch zehrt.
Allein wenn man die Statistik nach Ende des Zweiten Weltkrieges hernimmt, findet man geradezu erstaunliche Auftrittszahlen: Papageno in der "Zauberflöte" - seine Leib- und Magenrolle - hat er etwa nicht weniger als 249 Mal gesungen, den Figaro gar 338 Mal, 217 Mal war er Leoporello in "Don Giovanni" und immerhin 107 Mal Guglielmo in "Cosi fan tutte".
Debüt in Troppau
Geboren wurde Erich Kunz natürlich in Wien, am 20. Mai 1909. Er hat zuerst einen kaufmännischen Beruf ergriffen, es dabei sogar zum Prokuristen gebracht, trotzdem hat er nebenbei an der Musikakademie Gesang studiert und zwar bei Theo Lierhammer und Hans Duhan, unter deren Schülern sich eine ganze Menge bekannter Namen finden, angefangen von Ljuba Welitsch über Ljubomir Pantscheff, Georg Hann, Otto Edelmann, Walter Berry, Otto Wiener, Ernst Gutstein, Rudolf Holtenau und vielen anderen.
Sein erstes Engagement hat Erich Kunz in Troppau gefunden, also in der tiefsten Provinz, nächste Station war dann Plauen, schließlich Breslau, und von dort wurde er endlich an die Wiener Staatsoper engagiert, das war im Jahr 1941 nach zwei erfolgreichen Gastspielen im Jahr davor.
Fixpunkt Wiener Staatsoper
Nahezu ein halbes Jahrhundert lang war Erich Kunz aktives Mitglied der Staatsoper, hat aber ebenso an der Volksoper und selbstverständlich auch im Ausland große Erfolge gefeiert und sich erst 1987 von der Bühne zurückgezogen. Und selbst wenn es nur kleinere Rollen gewesen sind, die er in den letzten Jahren mit seiner großen Charakterisierungskunst veredelt hat, so war damals doch vielen im Publikum klar, dass mit diesem Rückzug eine unwiederbringliche Ära großer Wiener Opernkunst endgültig zu Ende gegangen ist, die zu beleben heute eigentlich unmöglich geworden ist.
Nichtsdestoweniger hat man sich gefreut, wenn man Erich Kunz auch danach bei der einen oder anderen Gelegenheit zumindest im Publikum oder als Ehrengast sehen konnte, bis er uns schließlich am 8. September 1995 für immer verlassen hat.
Film und Wienerlied
Erich Kunz hat aber nicht nur auf der Opernbühne bleibende Maßstäbe gesetzt, er hat immer wieder auch Ausflüge zur Operette unternommen, und er hat ebenso in einigen bis heute sehenswerten Filmen und Fernsehproduktionen mitgewirkt, so zum Beispiel im berühmten Mozart-Film, in dem Oskar Werner die Titelrolle verkörpert hat.
Eine ganz besondere Spezialität von Erich Kunz blieb immer das Wienerlied, das er ähnlich wie Julius Patzak und oft auch mit ihm gemeinsam völlig ohne Kitsch und Schmalz zu interpretieren wusste.
Feiner Humor
Sein feiner, nie derber Humor ist in unzähligen Anekdoten überliefert, etwa wenn er mit leiser Ironie erzählt, wie er eines Tages in ein Delikatessengeschäft kommt, um einen Hering zu kaufen: "Daraufhin hör' ich ein Flüstern. Der zweite Verkäufer flüstert zum dritten, der vierte zum fünften, und auf einmal sagt er: Herr Kammersänger, was darf's noch sein? Nun also, ein Kammersänger mit einem Hering allein aus dem Geschäft heraus, das ist wohl eine Unmöglichkeit! Also haben wir dann noch eine Gurke gekauft zum Hering. Dann hieß es: Herr Kammersänger, außer der Gurke und dem Hering, was wär's noch gefällig? Na, also, wir sind mit einem Sack voller Sachen dort weggegangen. Es ist halt kostspielig, als Kammersänger in Wien zu leben."
Hör-Tipp
Apropos Oper, Dienstag, 12. Mai 2009, 15:06 Uhr