Ängste abbauen durch Kommunikation
Projekt Xchange
Ein neues Schulprojekt setzt in Sachen Integration neue Akzente: Menschen mit Migrationshintergrund erzählen Jugendlichen ihre Geschichte. Durch das Kennenlernen sollen Vorurteile und Ängste abgebaut und gegenseitiges Verständnis gefördert werden.
8. April 2017, 21:58
Eric Papilaya im Gespräch mit einer Schulklasse
Können Fremde Freunde werden? Diese Frage hat sich vor einiger Zeit der Verein "Lernen aus der Zeitgeschichte" gestellt. Wie lassen sich Vorurteile abbauen? Wie stärkt man das Selbstbewußtsein von Kindern mit Migrationshintergrund, die in der Gesellschaft weit weniger Chancen haben als "normale" Kinder?
Um dem wachsenden Missverständnis zwischen "inländischer" und "ausländischer" Bevölkerung in diesem Land entgegenzuwirken, hat der Verein nun das Projekt "Xchange" ins Leben gerufen. Schon im Schul-Projekt "A Letter To The Stars" setzten die Initiatoren und Initiatorinnen auf Interaktion: In den vergangenen sechs Jahren haben mehr als 50.000 Schüler und Schülerinnen gemeinsam mit ihren Lehrern und Lehrerinnen die Lebensgeschichten von Ermordeten und Überlebenden des Holocaust recherchiert und dokumentiert.
Durch Hunderte von Begegnungen zwischen Jugendlichen und Überlebenden der Shoa ist auch die Idee zum neuen, zusätzlichen Projekt entstanden, die übrigens von den Zeitzeugen und -zeuginnen, die im vergangenen Jahr in Wien eingeladen waren und zahlreiche Schulen besucht haben, selbst stammt.
Interkulturelle Botschafter
Und so funktioniert es: Prominente Menschen mit Migrationshintergrund gehen in Schulklassen und erzählen den Jugendlichen dort ihre Lebensgeschichten. In Stufe eins suchen sich die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit ihren Lehrern und Lehrerinnen einen "Botschafter" oder eine "Botschafterin" aus und laden ihn oder sie zu sich in die Schule ein.
Davor gilt es aber, Vorbereitungsarbeit zu leisten: Die Jugendlichen recherchieren genau über das Land, aus dem der Gast kommt - soziale Situation, Jugendkultur, Musikcharts und ähnliches. Kommt es dann schließlich zu der Begegnung, empfangen die Schüler und Schülerinnen den Botschafter oder die Botschafterin bereits mit zum Teil recht anspruchsvollen Fragen, das Gespräch kommt schnell in Gang. Zum Besuch gehört auch ein Gastgeschenk - der einzige Lohn, den die Gäste bekommen, denn sie arbeiten alle ehrenamtlich an dem Projekt mit.
Besuch bei den fremden Nachbarn
In Stufe Zwei geht es um das sogenannte "Fremde ums Eck". Die Schüler und Schülerinnen besuchen mit ihren Lehrern und Lehrerinnen in ihrer Umgebung etwa eine Moschee, eine afrikanische Kirche, den serbischen Kulturverein oder den türkischen Fußballklub. Ziel ist es, dass die nun nicht mehr ganz fremden Nachbarn und Nachbarinnen gemeinsame Aktivitäten setzen: ein Straßenfest, ein Fußballspiel, eine Diskussions-Veranstaltung, ein Konzert.
Betreuung von Migranten
In Stufe Drei geht es schließlich um konkrete Angebote für besonders engagierte Jugendliche: Unter dem Dach der Kooperations-Partner von projektXchange - Caritas, Diakonie, Hilfswerk Österreich, Rotes Kreuz, Volkshilfe und die oberösterreichische Organisation "Land der Menschen" - können sich Interessierte persönlich mit und für Menschen einsetzen: etwa, indem sie bei der Betreuung von Flüchtlingen mitwirken, Kindern oder auch alten Menschen helfen, Deutsch zu lernen, jungen Migranten und Migrantinnen ihre Stadt zeigen, oder einfach, indem sie Freundschaften knüpfen.
Das Projekt läuft schon jetzt sehr erfolgreich und soll - geht es nach den Initiatoren und Initiatorinnen - die nächsten Jahre über fortgesetzt werden.
Hör-Tipp
Journal Panorama, Dienstag, 16. Juni 2009, 18:25 Uhr
Links
Project Xchange
Letter to the stars