Frauenlandesrätin sieht keine Diskriminierung

(Kein) Raum für Lesben in Tirol?

Während das Land Tirol viel Geld für Schützenaufmärsche und Traditionsveranstaltungen ausgibt, wird dem einzigen Zentrum für lesbische Frauen plötzlich die jährliche Förderung verweigert. Die Frauenlandesrätin findet so eine Institution "kontraproduktiv".

Das Autonome FrauenLesbenzentrum (AFLZ) in Innsbruck ist der einzige Ort in Westösterreich, der dezidiert ein lesbisches Publikum anspricht - wenngleich auch heterosexuelle Frauen vor allem das kulturelle Angebot nutzen. Es ist Kommunikationszentrum, Kulturort, Beratungsstelle und es ist ein Ort, an dem der frauen- und gesellschaftspolitische Diskurs gepflegt wird.

"Es gibt hier keine Veranstaltung die man nur als kulturelle Veranstaltung betrachten kann. Sie sind immer gekoppelt mit dem Selbstverständnis von Frauen und Lesben in Tirol beziehungsweise Westösterreich und sind damit in unseren Augen auch politische Veranstaltungen", erklärt Angelika Schafferer, die Obfrau des Vereins. Viele der heute etablierten Frauenprojekte und -institutionen sind in 25 Jahren hier erdacht und erkämpft worden.

Subvention komplett gestrichen

Die gesamte Arbeit, die im Innsbrucker FrauenLesbenzentrum geleistet wird, passiert ehrenamtlich. Büroarbeiten, Bardienste, Veranstaltungsorganisation, Beratungstätigkeit und Vereinserhaltung werden von Frauen übernommen, die ein starkes Anliegen haben: Sie wollen einen Raum bieten, an dem lesbische Frauen Rat und Unterstützung bekommen und wo sie sich diskriminierungsfrei treffen und austauschen können.

Miete, Betriebskosten und sonstige Infrastrukturkosten wurden bisher von der Stadt Innsbruck, dem Bundesministerium und dem Land Tirol finanziert. Wobei die Förderung des Landes-Frauenreferates (letztes Jahr betrug sie 6.500 Euro) rund die Hälfte des Gesamtförderbetrages ausmachte. Frauenlandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf (ÖVP), seit einem Jahr im Amt, hat sie vollständig gestrichen.

Diskriminierung - nicht in Tirol?

Sie müsse sich "in Zeiten wie diesen" jeden Ausgabeposten genau ansehen: "Und ich bin bei diesem Posten der Meinung, dass er eher kontraproduktiv ist." Diese Frauen würden sich in einem Haus abschließen, "statt in der Öffentlichkeit das ihre zu leben, so wie sie sind." Keine der Frauen lebt natürlich im Zentrum. Vielmehr ist es ein Ort, an dem sie gestärkt werden sollen, um in der Öffentlichkeit selbstbewusst auftreten zu können.

In einer Öffentlichkeit, in der homosexuelle Menschen nach wie vor Diskriminierung erfahren - das erklärt unter anderem die Tiroler Schriftstellerin Barbara Hundegger in einer Stellungnahme, und attestiert der Landesrätin, die findet, die Lage der Homosexuellen sei in Tirol "nicht prekär", dass sie sich "auf keiner Ebene auch nur im Ansatz inhaltlich halbwegs seriös mit der Sache beschäftigt hat. Nicht mit den praktisch-bürokratischen Abgründen homosexueller Lebensmuster. Nicht mit den mehrschichtigen Konsequenzen eines Coming-Outs, vor allem auch im Beruf, über das nur diejenigen locker reden, die es nicht selbst durchstehen und ohne ein Zurück tragen müssen."

Psychischer Druck und gesetzliche Maßnahmen

Briefe, in denen verschiedenste Sympathisanten und Sympathisantinnen aus Wissenschaft und Kunst sowie politische und kulturelle Gruppierungen ihre Bestürzung über die drohende Schließung des Zentrums kundtun, hat Landesrätin Patrizia Zoller-Frischauf in den letzten Wochen viele bekommen. Eine Psychotherapeutin erzählt etwa in ihrem Schreiben von Erfahrungen aus ihrer Praxis, von den psychischen Auswirkungen des Drucks, unter den homosexuelle Menschen geraten können. Sie bietet der Politikerin ihre Fachkompetenz an, möchte sie in derlei Entscheidungen beraten.

Ob diese den Brief gelesen hat? Im Interview erklärt die Frauenlandesrätin auf die Frage, ob sie Homosexuelle diskriminiert sieht: "Mir sind keine Fälle bekannt, muss ich ehrlich sagen. Ich kenne einige Lesben, die haben nie etwas davon gesagt. Und ich glaube, wenn es Diskriminierung gibt, in Einzelfällen, etwa bei der Arbeitssuche, dann gibt es gesetzliche Maßnahmen, damit man sich dagegen wehren kann. Das ist gut und richtig so."

Öffentliche Verpflichtung

Für die Politikwissenschaftlerin Alexandra Weiss geht die Verantwortung der Politik weiter: "Das Land Tirol hat eine Verpflichtung gegenüber allen Bevölkerungsgruppen, nicht nur gegenüber Fußballvereinen, nicht nur gegenüber Trachten- und Schützenvereinen, sondern auch gegenüber lesbischen Frauen. Und es ist eben zur Kenntnis zu nehmen, dass diese auch ein Teil der Tiroler Bevölkerung sind."

Sie wundert sich über die "Performance der Politikerin" Zoller-Frischauf, die wegen so eines geringen Förderbetrages "aufs Spiel setzt, als engstirnig zu gelten und als vormodern, das ist auch aus politisch-strategischer Sicht überhaupt nicht nachvollziehbar."

Wie es nun weitergeht mit dem Autonomen FrauenLesbenzentrum, ist unklar. Wenn der fehlende Betrag nicht vom Land Tirol oder einer anderen Stelle übernommen wird, droht die Schließung. Denn Mitgliedsbeiträge, Spenden und Erlöse aus Veranstaltungen ergeben zwar eine beträchtliche Eigenleistung des Vereins, Miete und andere laufende Kosten können aber nicht ohne diese Förderung finanziert werden.

Hör-Tipp
Moment, Mittwoch, 1. Juli 2009, 17:09 Uhr

Kontonummer für Spenden:
Tiroler Sparkasse, Kto-Nr. 6800 000892, BLZ 20503, BIC SPIHAT22XXX, IBAN: AT622050306800000892

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