Beat und Punk im Österreich der 1960er und 70er Jahre
Vergessenes aus dem Untergrund
"Trash Rock Archive" nennt Al Bird sein Projekt zur österreichischen Underground-Musik. Die Beat-Bewegung der späten 1960er sowie die Punk-Szene der 70er und 80er Jahre hat er aufgearbeitet und entsprechende Compilations zusammengestellt.
8. April 2017, 21:58
Sein Name variiert je nach Tätigkeit: als Filmemacher nennt er sich Al Bird Gore, als Musiker und one-man-Band Al Bird Dirt und als Journalist, DJ und Plattensammler heißt er Al Bird Sputnik. 1982 geboren, ist er auf klassischem Weg zum Punk gekommen: "Ich bin sozialisiert worden mit Punkrock und den Sex Pistols, bin dann mit 13 auf amerikanischen Garagenpunk gestoßen, also die Protopunksachen, die es vor 1977 gegeben hat. Darin habe ich mich dann ein paar Jahre lang vertieft." Und dann begann ihn zu interessieren, was es in dieser Zeit denn so in Österreich gegeben hat in dieser Richtung.
Auf den Spuren von Chuzpe und Chaos
Mit einiger Verspätung waren auch in Österreich Punk-Bands wie Chuzpe, Chaos, Böslinge und Willi Warma gegründet worden. Für die "Trash Rock Archives" macht Al Bird alte Aufnahmen ausfindig, sichtet Fotos und interviewt Musiker, die es einst in Wiener Kellern krachen ließen. "Wenn man mit alten Punks spricht, wie etwa Ronnie Urini, die noch immer aktiv sind und auf Bühnen stehen - klar freuen sich die über Interesse. Andere sind Kunstprofessoren geworden, Familienväter, Graphiker, Alkoholiker - es ist alles dabei", erzählt Al Bird.
Beat in Österreich
Beat-Bands mit Namen wie Slaves, Desperates, Lamberts oder Roletts hatten es in den 1960er Jahren in Österreich nicht einfach. Die Bambis konnten mit der Italo-Schnulze "Melancholie" zwar sogar die Beatles von der Nummer eins der Hitparade verdrängen, Platzhirsche am österreichischen Plattenmarkt blieben aber Publikumslieblinge wie Catherina Valente, Peter Alexander und Peter Krauss. "Diese Namen waren in den Plattengeschäften allgegenwärtig", so Al Bird, "und die Beat-Musik in Österreich zeichnete sich anfangs als besonders spießig aus. Erst später wurden Nummern produziert und als Seven-Inches mit Stückzahlen von 100 bis 200 auf den Markt gebracht, die authentisch klangen."
Vorboten des Austropop
Da der Vertrieb in Österreich schlecht ausgebaut war, mussten Bands oft so lange touren, bis sie diese kleine Stückzahl an Singles losgeworden sind. Genau diese Platten, laut Al Bird musikalische Vorboten des Austropop, sind heute begehrte Sammelobjekte, die bis zu 1.000 Euro kosten. Die Zeit, erzählt Al Bird, habe Bands wie den Slaves und den Desperates Recht gegeben. Einige Bands konnten sich durch beständiges Touren einen Namen machen - allerdings eher im Ausland als daheim.
One Potato, Two Potato
Ein im Rahmen der "Trash Rock Archives" entstandenes Kunstprojekt von Al Bird Gore ist noch bis 12. Juli 2009 in der Ausstellung "Alias in Wonderland" im Freiraum im Wiener MuseumsQuartier zu sehen. In der Gruppenausstellung der Klasse für Digitale Kunst der Angewandten präsentiert Al Bird Gore ein mysteriöses Musikvideo mit dem Titel "One Potato, Two Potato", das ihm vorgeblich zugespielt worden ist. "Diese Videokassette enthält einen unveröffentlichten Film, bei dessen Dreharbeiten angeblich alle Darsteller ums Leben gekommen sind", erzählt der Künstler.
Hör-Tipp
Leporello, Dienstag 7. Juli 2009, 07:52 Uhr
Links
Evolver - Beat in Österreich
Evolver - Punk in Österreich
Myspace - Al Bird Dirt
Evolver - Al Bird Gore
Alias in Wonderland