In Kommunikation mit dem Raum

Schimana on Tesar

Die Auseinandersetzung mit dem Raum ist für Elisabeth Schimana zentral. In ihrer musikalischen Arbeit versucht sie, mit ihm ins Gespräch zu kommen, seine spezifischen Eigenschaften herauszuhören, um auf diese schließlich ganz gezielt eingehen zu können.

Die Beziehung zwischen Raum und Klang und zwischen Klang und Raum beschäftigt Elisabeth Schimana bereits seit vielen Jahren. Letztendlich geht es um die Kommunikation mit einem Raum, so die Komponistin und Musikerin. Es geht um die Frage, welche Klänge man einem Raum anbietet, und wie dieser Raum dann mit den angebotenen Klängen umgeht.

Elisabeth Schimana: "Diese Art der Kommunikation finde ich extrem spannend. Mitunter transformiert der Raum meine Klänge auf eine Art und Weise, die ich mir so auch vorher gar nicht hätte vorstellen können."

Schimana on Tesar

Ursprünglich entstanden ist die Klang-Raum-Performance "Schimana on Tesar" im Jahr 2006, im Rahmen eines Kompositionsauftrages der Klangspuren Schwaz. Elisabeth Schimana war damals eingeladen, für das neue Gebäude der BTV, der Bank für Tirol und Vorarlberg, das eben von dem Architekten Heinz Tesar entworfen worden war, ein Stück zu schreiben. Im Zuge eines Zusammentreffens mit Tesar bekam sie ein Buch mit Notaten, aus denen sie sich eine Reihe von Textpassagen und Textfragmenten, die sie besonders inspirierend fand, heraussuchte.

Gedankenpartitur

Das Stück "Schimana on Tesar" für Flöte und Elektronik ist in fünf Teile untergliedert. Jedem Teil liegen einige Textpassagen aus Heinz Tesars Notaten zu Grunde, die, wie es Elisabeth Schimana ausdrückt, als "Gedankenpartitur" dienen, die das musikalische Grundgerüst der Komposition definieren. Die beiden Zitate zum ersten Teil von "Schimana on Tesar" lauten "den Zwischenraum bauen" und "eine Kruste bilden".

Elisabeth Schimana: "Eine Kruste zu bilden von Fließenden ist eine in der elektronischen Musik mir sehr vertraute Arbeitsweise. Klänge sind prinzipiell etwas Fließendes, sie bewegen sich in der Zeit und durch die Elektronik habe ich nun die Möglichkeit, sie für Momente einzufrieren, sie zu verkrusten."

Denken in Schichten

"Denken in Schichten bauen, legen, ordnen, stapeln", so lautet der Text, auf dem der zweite Teil des Stückes "Schimana on Tesar" basiert. Wiederum beschreibt dies eine ganz vertraute Arbeitsweise in der elektronischen Musik, so Elisabeth Schimana.

Elisabeth Schimana: "Heute können wir Klänge live sampeln. Wir können sie während der Performance in Schleifen legen, übereinanderstapeln, wir können mit ihnen ganze Klangwände bauen. Und genau das passiert auch in diesem Teil des Stückes. Alles beginnt mit einem einzelnen Flötenklang, aus dem schließlich ein richtig massiver Wandkörper entsteht."

Pulsieren, Kriechen, Oszillieren

In Teil 3 geht es weiter mit den Textfragmenten "Engstellen", dann "o in die Welt" und "Puls". Während Elisabeth Schimana, die Flötenklangwand mit Hilfe von Pulsen zu durchbrechen und wieder aufzulösen beginnt, hat die Flötistin Pause, denn nun wird mit den vorhin eingefrorenen Klängen gearbeitet. "Es kriecht", heißt es dann in Teil 4, in dem die Klänge Schnecken-gleich und mit gelegentlichen Verschnaufpausen langsam nach vorne, in Richtung Teil 5 kriechen, um dabei auch schon einmal plötzlich einige Oktaven höher oder tiefer zu landen.

Der fünfte und letzte Teil baut abschließend auf dem Textfragment "All(es) oszilliert zwischen mir und meinem Körper" auf.
Elisabeth Schimana: "Das ist mein Lieblingsteil. Hier habe ich versucht, mit der Live-Elektronik für die Flöte so ganz feine Klangschatten zu schaffen, um dann wirklich alles zwischen meinem Körper und dem Raum oszillieren zu lassen."

Flötistin Cordula Bösze

Zur Aufführung gebracht wurde "Schimana on Tesar" von der Komponistin selber, Elisabeth Schimana spielte die diversen elektronischen Instrumente, als Flötistin hat sie Cordula Bösze eingeladen, die das Stück auch wesentlich geprägt hat, wie Schimana betont, "weil Cordula Bösze eine ausgezeichnete Musikerin ist, weil sie ein großes Interesse an und auch ein großes Verständnis für Elektronik hat, weil sie viel Geduld hat und weil sie einfach einen sehr großen Input liefert, indem sie ja auch viel Material vorschlägt."

Edition Zeit-Ton & Edition Kunstradio

Im Frühjahr 2008 hat Elisabeth Schimana die Komposition für das Essl Museum in Klosterneuburg adaptiert, das ebenfalls der Architekt Heinz Tesar entworfen hat. Dieses Konzert ist jetzt im Rahmen einer gemeinsamen Veröffentlichung der Edition Zeit-Ton und der Edition Kunstradio gemeinsam mit dem Stück "Moskwa" auf der Super Audio CD "Spaces #1" erschienen. Der SACD beigelegt ist auch die Partitur von "Schimana on Tesar".

Partitur für Elektronik

Zum ersten Mal hat im Zuge der Arbeit an diesem Stück Elisabeth Schimana versucht, für eine Komposition, in der die Elektronik im Mittelpunkt steht, eine Partitur zu verfassen, die es Interpretinnen und Interpreten ermöglicht, ihr Werk auch ohne direkte Zusammenarbeit mit eben ihr zur Aufführung zu bringen. Elisabeth Schimana möchte ihre Stücke in der Zukunft aus der Hand geben können, denn, so die Komponistin und Musikerin, es müsse nun eine allgemeinere Sprache in der elektronischen Musik gefunden werden.

Elisabeth Schimana: "Weil wenn wir so weitermachen, dann wird nichts mehr von uns übrig bleiben. Aber das ist ja eigentlich das Schöne an der Musik, finde ich, dass sie über die Jahrhunderte hinweg immer wieder neu erfunden wird durch die Interpretation. Und das ist ein Punkt, der mich in der Elektronik zur Zeit gerade massiv interessiert, wo ich nach Wegen suche, wie man das machen kann, - unabhängig von Soft- und Hardware, weil das ist in fünf Jahren alles passé, dann kommt schon wieder das Nächste."

Hör-Tipp
Zeit-Ton, Donnerstag, 16. Juli 2009, 23:03 Uhr

SACD-Tipp
Elisabeth Schimana, Spaces #1, Edition Zeit-Ton & Edition Kunstradio, SACD 3068

Links
Institu für Medienarchäologie - Elisabeth Schimana
Kunstradio - Elisabeth SchimanaKunstradio - Moskwa