Der Klang der perfekten Stadt
Sydney
Insgesamt neun Metropolen, transformiert in Jazz, stehen auf dem Programm der "Spielräume" in diesem Sommer. Nach New Orleans und Buenos Aires folgt die größte Stadt Australiens: Sydney. Dort gibt es mehr zu entdecken als die Blue Mountains.
8. April 2017, 21:58
Australien, das ist weitgehend ein weißer Fleck auf der Landkarte des Jazz, auch für Kenner und Liebhaber, so es sie nicht schon dorthin verschlagen hat. Hier darf man sich fühlen wie James Cook vor zweieinhalb Jahrhunderten - es gibt auf 34° südlicher Breite einiges zu entdecken.
Sydney scheint die perfekte Stadt zu sein: eine aktive Kunst- und Musikszene, interessante Museen und innovative Architektur; dazu eine schöne Topographie. Die größte Stadt Australiens ist eine Metropole mit viereinhalb Millionen Einwohnern, die trotzdem nicht gestresst wirkt. Freundlichkeit und ein entspannter Umgang prägt den Alltag.
Jacarandas am Meer
Australische Städte folgen dem nordamerikanischen Muster: Es gibt ausgedehnte Suburbs, die kaum anders als mit dem Auto zu erschließen sind. Sydney bildet da keine Ausnahme. Von der Mitte der Stadt, dem Hafen mit seiner berühmten Brücke und dem ebenso berühmten Opernhaus erstreckt die Stadt sich 15, 20 Kilometer weit nach Norden und Süden, noch weiter nach Westen. Immerhin: Es gibt ein funktionierendes Bussystem, und noch wichtiger: Das Flächenwachstum der Stadt ist begrenzt: Im Osten durch das Meer, im Norden, Süden, und Westen durch Nationalparks.
Sydney ist stark von der Landschaft geprägt, von vielen kleinen und großen Buchten, den Hügeln; das spiegelt sich, scheint mir, auch in der Musik aus Sydney. Die schöne Lage der Stadt regt auch zu vielen Kompositionen an: Stücken über das Meer, den Strand, Vororte wie die Künstlerkolonie Maianbar oder Katoomba am Fuß der Blue Mountains (ebenfalls ein sehenswerter Nationalpark). Andere Stücke heißen nach Blumen ("The Sibylline Fragrance of Gardenias" des Pianisten Mike Nock) oder Bäumen ("Jacaranda" der Gruppe Clarion Fracture Zone).
Köchelnde Vielfalt
Spiegelt sich das Lebensgefühl einer Stadt in der Musik, die dort entsteht? Eindeutig, möchte man im Fall von Sydney sagen. Der örtliche Jazz klingt überwiegend relaxed. Das muss nicht gleich Langeweile bedeuten. Denn auch die Lage der Stadt im Südpazifik und ihre Funktion als Drehscheibe der Region schlagen sich in der Musik nieder. Jazzer aus Sydney reisen in Ost- und Südostasien, spielen mit Musikern in Indonesien oder Korea, wie der Schlagzeuger Simon Barker.
Auch die australischen Großstädte selbst sind kosmopolitische Zentren geworden, geprägt von Einwanderern von rund um den Globus. Davon profitiert etwa die Gastronomie - man findet sehr gute thailändische, vietnamesische, griechische oder japanische Restaurants, es entsteht aber aus vielen Einflüssen auch eine eklektische australische Küche. Und die Musik scheint diesem Rezept zu folgen.
Die perfekte Stadt...?
Ist also alles ideal in Sydney? Eine Stadt, die nicht einmal langweilig ist? Trist ist in Sydney wie anderswo in Australien die Lebenssituation vieler Aborigines. Auch mitten in der Stadt leben, oft auf offener Straße, Menschen, die durch zwei Jahrhunderte Unterdrückung und die erzwungene Akkulturation entwurzelt sind.
Auch sonst gibt es natürlich soziale Unterschiede, und die Miet- bzw. Grundstückpreise machen manche schönen Viertel für viele unerschwinglich. Es fehlen aber Ghettos, trostlose Viertel wie in vielen amerikanischen Städten.
Australien ist auch nicht die strikte Klassengesellschaft wie das ehemalige Mutterland Großbritannien - ein Umstand, auf den viele Australier ein wenig stolz sind. Der Pianist Mark Isaacs nennt eine seiner Kompositionen ein wenig (selbst)ironisch "Aussie Angels": Musiker wie Australier würden gerne mit den Engeln gehen, meint er. Auch wenn es ihnen nicht immer gelingt.
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Klingende Skylines
Buenos Aires
Hör-Tipps
Sydney, Sonntag, 19. Juli 2009, 16:30 Uhr
Tokio, Sonntag, 26. Juli 2009, 16:30 Uhr
Bagdad, Sonntag, 2. August 2009, 16:30 Uhr
Kapstadt, Sonntag, 9. August 2009, 16:30 Uhr
Dakar, Sonntag, 16. August 2009, 16:30 Uhr
Budapest, Sonntag, 23. August 2009, 16:30 Uhr
Wien, Sonntag, 30. August 2009, 16:30 Uhr
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Jazz Australia