Tone Fink, Künstler

Kunst ist die Wiederentdeckung der Kindheit

In seiner Arbeit beschäftigt sich Tone Fink über die Gattungsgrenzen hinaus mit Zeichnung, Malerei, Skulptur, Performance und Film. Leitmotivisch zieht sich durch seine Arbeit die Auseinandersetzung mit Papier und Objekten aus Pappmaché.

1944 in Schwarzenberg im Bregenzer Wald geboren, wuchs Tone Fink als Sohn eines Hufschmieds auf. Er wurde autoritär erzogen, war Ministrant aus Leidenschaft und schämte sich für seinen Lehrer, der ein außereheliches Verhältnis hatte.

Er war ein "braver Bub", spielte Klarinette und ging mit 20 Jahren nach Wien. Hier studierte er an der Akademie der bildenden Künste Malerei und Grafik bei Max Weiler und bei Maximilian Melcher. Melcher hat ihm viele Freiheiten eingeräumt, sodass Tone Fink bereits an der Akademie die künstlerische Arbeit machen konnte, die er wollte.

Von 1969 bis 1973 unterrichtet er an Mittelschulen in Vorarlberg. Als er davon genug hat, geht er wieder nach Wien. Einteilungsversuchen widersetzt er sich durch seine Kunst - er zeichnet und malt mit ganzem Körpereinsatz, verwendet unterschiedliche Materialien - vorzugsweise Papier – und verwirklicht Installationen und Aktionen, die alle Sinne erfassen.

In Papierhaut gehüllt

Papier, das im umgangssprachlichen Jargon oft als "geduldig" bezeichnet wird, wird vom ungeduldigen Künstler Tone Fink bearbeitet, geklebt und modelliert. Die Papierhaut - die Masken und Anzüge werden zur zweiten Haut - wird für Verkleidungen und als Requisite für Filme verwendet. Die Masken schützen vor der Welt und ermöglichen eine zweite Identität, die das Gegenüber in Unsicherheit darüber lässt, welches Ich sich hinter der Maske verbirgt. Vermeintliche Sicherheiten werden dadurch infrage gestellt.

1981 sind bei einem "Papierumzug" zirka 50 Personen, gehüllt in unterschiedliche von Tone Fink entworfene Papieranzüge - wie Schwein, Krokodil und Fantasiegestalten -, auf dem Wiener Karlsplatz spazieren gegangen. Die Prozession der Papierfiguren hat für Aufsehen gesorgt.

Die "Artone-Kollektion" der Firma Otten

In seinem Wiener Atelier hat Tone Fink auf drei Stockwerke verteilt seine künstlerischen Arbeiten aufbewahrt. Wenn man in das Haus hineinkommt, geht man an einer Autowerkstätte vorbei, Tone Fink öffnet die Tür im Erdgeschoß, und man ist in einer anderen Welt: Hier begegnen einem Figuren aus Papier und Zeichnungen.

Wenn man ein Stockwerk weiter kommt, Möbel aus Papier, die auf den ersten Blick eher wie aus Granit wirken. Es soll schon vorgekommen sein, dass sich der Briefträger gewundert hat, wie es gelungen sei, diese schweren Gegenstände so weit hinauf zu tragen, nicht wissend, dass es sich um Papier-Kunstwerke handelt. Dabei sind diese Objekte dadurch entstanden, dass Papier zerrissen wurde und mit Leimwasser und durch Formung zu Stühlen, Tischen und einem Kleiderschrank, der aussieht wie ein überdimensioniertes Nähkästchen, verarbeitet wurde.

In diesem Schrank finden sich die Stoffe, die Tone Fink entworfen hat und die von der Vorarlberger Firma Josef Otten zur "Artone-Kollektion" entwickelt wurden. Die Entwürfe haben sich in Tone Finks Skizzenbüchern gefunden, aus dieser Fülle an unterschiedlichen, vor allem in Schwarz-Weiß gehaltenen, Strichen, Punkten und einfachen Linien sind die textilen Verarbeitungen entstanden, die sich weltweit überraschend gut verkauft haben.

Stumme Gefährten

Fink ist ein sehr fleißiger Künstler, der täglich arbeitet und sein Tagwerk bereits in der Früh beginnt. Am liebsten schläft er gleich im Atelier, umringt von seinen Kunstwerken, die ihm als stumme Gefährten Sicherheit geben. Die kleinen Treppen, Schaukelpferde in allen Größen, die rollbaren Sitz- und Fahrskulpturen, die eigentlich auch Gebrauchsgegenstände sind, können bei Ausstellungen vom Publikum auch benutzt werden. Für Tone Fink ist es wichtig, dass seine Kunst nicht nur rezipiert, sondern auch erfahren wird. So wird aus Papier ein standfestes Material, das Abnützungserscheinungen zeigen darf.

Seit 1979 hat Tone Fink auch zahlreiche Filme gedreht und Bücher gemacht. "Erotone Leibesübung", das mehr als 60 Farbzeichnungen enthält, wurde 2008 als eines der schönsten Bücher in der Kategorie "Kunstbände und Fotobücher" ausgezeichnet. Für seine Bücher wählt er ganz eigene Wortkreationen wie Maikäferdompteur oder ganz profan Telefonbuch.

Tone Fink verwendet verschiedene Narrativa, um sich der Öffentlichkeit mitzuteilen. So etwa, indem er eine bebilderte Monografie des Künstlers Antoni Tápies bearbeitet hat: Durch eine Collage-Technik, die sowohl Schnitte, Durchlöcherungen, Zeichnungen und Überklebungen verwendet, hat er in einer Art "narrativer Erweiterungsabsicht" eine Hommage an Tápies abgeliefert. Und so wurde er - wie in Rezensionen zu lesen war - zum "Buchfinken".

Tabus brechen

Für Tone Fink wäre es zu schade, "wenn man einen menschlichen Körper ein Leben lang umsonst ermüdet". Über sein Werk und Leben, die untrennbar miteinander verbunden sind, sagt Tone Fink: "In allen Künsten ist technische Fertigkeit eine Gefahr, so wie im wirklichen Leben."

Sensibel, aber ohne Hemmungen in der Öffentlichkeit versucht er, Tabus zu brechen, die Erotik und Sexualität als einen normalen Bestandteil des Lebens zu interpretieren. Tone Fink erforscht das Leben durch die Themen und Gegenstände, mit denen er sich befasst.

Beobachter und Beobachteter

Tone Fink ist ein Beobachter und der Beobachtete selbst zugleich. Er ist auch nicht "To Tired To Die" wie es auf einem seiner T-Shirts steht, sondern ständig in Bewegung, so wie auch seine Kunst vibriert, sich bewegt und die Menschen herausfordert, einen Blick hinter die vordergründige Oberfläche zu werfen - oder einfach die Gegenstände zu berühren und zu spüren.

Wenn er in Wien ist, dann hat man den Eindruck, dass er sein Atelier in Fussach in Vorarlberg, eine ehemalige Stickerei, die ihm auch als Wohnhaus dient, vermisst. Aus der Distanz wird die Liebe zur Heimat größer.

Hör-Tipp
Menschenbilder, Sonntag, 16. August 2009, 14:05 Uhr

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