Die subtilen Mechanismen der Macht
Das Spiel der Mächtigen
Im Spiel der Mächtigen galt es bei den diesjährigen Salzburger Festspielen, Stellung zu beziehen. Dazu aufgefordert waren Künstler, Festspielgäste und Wissenschaftler. Der Salzburger Festspielsommer war ja auch ein Marktplatz der Mächtigen.
8. April 2017, 21:58
Personalrochaden, künstlerische Kritik und die neue Korruptionsgesetzgebung. Mit dem "Spiel der Mächtigen" haben die diesjährigen Salzburger Festspiele ein Leitthema gefunden, das genauso gut zum Programm, wie zur vorausgegangenen Führungsdebatte passt. Wer hat nun das Machtspiel gewonnen?
Jürgen Flimm, der sich die Freiheit genommen hat, seinen Vertrag nicht bis 2011 zu erfüllen oder Helga Rabl-Stadler, die Machtzuwachs über die kaufmännischen Belange erhalten hat? Für Helga Rabl-Stadler ist Macht auf jeden Fall nicht negativ konnotiert: "Für mich hat Macht nichts Diabolisches. Macht ist die einzige Möglichkeit, gestalten zu können." Was aber ist Macht und wie wird sie wirksam?
Auf den Spuren der Macht
Für den Soziologen Rainer Paris befinden wir uns bei der Suche nach einer Machtdefinition in moralisch schwerer See, denn kaum ein Begriff ist so stark moralisiert und mit dem Missbrauchsbegriff assoziiert. Das Befriedigende an der Macht sieht er in dem potenzierten Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit. "Macht bricht Widerstand. Jede Macht bricht die Freiheit des anderen und führt zur Vergrößerung der eigenen Freiheit. Wenn Macht also Freiheit bedeutet, dann kann es bei der Kritik der Macht immer nur um die Kontrolle, um die Eindämmung der Macht gehen, nie um ihre Dämonisierung und schon gar nicht um ihre Abschaffung."
Räume der Macht - Macht der Räume
Salzburg, das ist im Sommer ein Marktplatz der Mächtigen. Durch die strukturellen Gegebenheiten der Festspiele, aber auch durch die Stadt Salzburg als Veranstaltungsort, werden gesellschaftliche Hierarchien widergespiegelt. Die Gestaltung des Raumes steht für soziale Machtverhältnisse und bestimmt so den Handlungsspielraum der Individuen. Die gesellschaftliche Habitualisierung, also das erlernte Verhalten von Menschen in sozialen Räumen, kommt hier zum Tragen.
"Derartige hochkulturelle Veranstaltungen verlangen natürlich ein bestimmtes Verhalten, Auftreten und Aussehen von den Teilnehmenden. Je nachdem, welcher gesellschaftlichen Schicht Mann oder Frau angehören, fühlen sich die Menschen dort wohl oder eben nicht. Und durch das Gefühl sozialer Zugehörigkeiten wirken diese gesellschaftlichen Disziplinierungs- und Normierungsmaßnahmen." So Gabriele Habinger und Patricia Zuckerhut, die sich am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie eben diesen Zusammenhängen von Raum und Macht widmen. Hier beschäftigen sie sich unter anderem mit der Aufspaltung von öffentlichen und privaten Räumen, deren nicht vorhandene Gleichwertigkeit und geschlechtsspezifische Zuweisungen. Die Macht der Räume wirkt somit auf unterschiedlichen Ebenen: als gesellschaftliches Ordnungsprinzip, als Handlungsspielraum und als symbolische Kategorie.
Weltmacht A. D.
Auch global gesehen muss "Das Spiel der Mächtigen" neu ausgehandelt werden. Die bipolare Machtverteilung der Nachkriegszeit existiert nicht mehr. Die Weltbeherrschungsfantasien George Bushs gehören der Vergangenheit an. Zu viele Staaten haben den USA und Russland in punkto politischer Macht, wirtschaftlicher Potenz und militärischen Ambitionen den Rang abgelaufen.
Kann eine Weltmacht, deren Führer die Welt nicht mehr beherrschen will, eine neue Rolle finden? Gibt es für die USA ein Leben nach dem imperialen Selbstverständnis? Das ist die Frage, die die Vereinigten Staaten seit dem Amtsantritt von Barack Obama bestimmt.
"Bei Barack Obama und George Bush gibt es entscheidende Unterschiede was ihr Verhältnis zu den USA als Führungsmacht betrifft", konstatiert auch Heinz Gärtner, Senior Fellow am Österreichischen Institut für internationale Politik. "Barack Obama setzt im Gegensatz zu seinem Vorgänger George W. Bush auf Konsens. Sein Konzept stützt sich auf die Prinzipien des Engagements, der internationalen Partnerschaft und der Good Governance."
Das Management des politischen Selbstverständnisses und die Revision der nationalen Identität, sind eine mindestens so große Herausforderung wie die Finanzkrise, die militärischen Agenden in Afghanistan oder die wachsende Konkurrenz von Wirtschaftriesen wie China.
Mehr zu allen aktuellen Berichten und Ö1 Übertragungen von den Salzburger Festspielen in Ö1 der Festspielsender
Hör-Tipp
Das Salzburger Nachtstudio, Mittwoch, 26. August 2009, 21:01 Uhr
Buch-Tipps
Robert Menasse, "Ich kann jeder Sagen. Erzählungen vom Ende der Nachkriegsordnung" Suhrkamp Verlag
Mehr dazu in oe1.ORF.at
Heinz Gärtner, "Obama – Weltmacht was nun? Außenpolitische Perspektiven", Lit-Verlag
Christine Bauer-Jelinek, "Die helle und die dunkle Seite der Macht. Wie Sie Ihre Ziele durchsetzten, ohne Ihre Werte zu verraten", Edition Va Bene
Robert Kagan, "Macht und Ohnmacht. Amerika und Europa in der neuen Weltordnung", Siedler Verlag
Rainer Paris, "Normale Macht. Soziologische Essays", UVK Universitätsverlag Konstanz
Birgit Sauer, "Geschlecht und Politik. Institutionelle Verhältnisse, Verhinderungen und Chancen", Wissenschaftlicher Verlag Berlin
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Salzburger Festspiele