Bildung als Erfolgsfaktor

Perspektiven der Jungen

Welche Chancen haben Junge, sich zu profilieren? Wie sollen sie unter prekären Arbeitsverhältnissen Familien gründen? Brisante Fragen, zu deren Diskussion das Radiokolleg seine Hörerinnen und Hörer am 17. September 2009 ins ORF KulturCafe einlädt.

Die Gestalterin der Sendereihe "Alt gegen Jung?", Margarethe Engelhardt-Krajanek und ihre Interviewpartner und -partnerinnen, Beate Großegger vom Institut für Jugendkulturforschung, Edeltraud Hanappi-Egger von der Wirtschaftsuniversität Wien, Reinhold Popp vom Zentrum für Zukunftsstudien in Salzburg und Florian Zuckerstätter von der ÖGB Jugendabteilung, werden sich der Diskussion über die Generationengerechtigkeit stellen.

Das Motto am 17. September 2009 im ORF KulturCafe lautet "Diskurs im Viertelstundentakt!" Nach einem kurzen Input der Experten und Expertinnen kommen jeweils die Zuhörer und Zuhörerinnen zu Wort. Diese Dynamik soll das klassische Schema einer Podiumsdiskussion aufbrechen und das Publikum von Beginn an als Akteur ansprechen. Ziel ist es, ein partizipatorisches Format zu entwickeln. "Radiokolleg zum Mitreden" wird mehrmals im Jahr im ORF-KulturCafe stattfinden.

Langfristige Lebensplanung ist schwierig geworden

Seit den 1980er Jahren wird unsere mitteleuropäische Gesellschaft immer vielfältiger. Interessensgruppen differenzieren sich aus. Den jungen Menschen bietet sich ein breites Spektrum von Atmosphären an, in die sie eintauchen können.

Events wie Konzerte und Festivals werden zu Bühnen, auf denen sie sich präsentieren. Die Freizeit- und Konsumgesellschaft bietet auch für schmale Geldbörsen ein reichhaltiges Angebot. Im Gegensatz dazu sind die Möglichkeiten für die jungen Menschen, selbständig eine langfristige Lebensplanung zu entwickeln, geringer geworden.

Kurzfristige Ziele

Jene Jugendlichen, die sich kurzfristige, konkrete und erreichbare Ziele stecken, lernen mit der Situation besser zu leben. Diese Ziele liegen maximal zwei bis drei Jahre in der Zukunft, sagt Beate Großegger vom Österreichischen Institut für Jugendkulturforschung. Denn das erklärte gesellschaftliche Ziel ist, flexibel zu sein. Und keiner weiß, ob er oder sie den Beruf auch ausüben wird, den er oder sie erlernt.

Der Leistungsdruck in unserer Gesellschaft macht aber auch vor den Kindern nicht Halt. Die Zuneigung und Aufmerksamkeit der Erwachsenen ist oft mit schulischer Leistung verknüpft. Und das frustriert die Kinder. Bereits zehn- und elfjährige Schulkinder klagen über Erschöpfungszustände. Freizeitspaß und Alkohol sind oft Ablenkungsmanöver, um mit den überhöhten Anforderungen fertig zu werden. Denn nichts ist gut, schön oder richtig genug. Fehlendes positives Feedback senkt aber die Motivation, sich für irgendetwas zu engagieren.

Keine Zeit für die Kinder

Gleichzeitig fehlt den Erwachsenen die Zeit, sich mit den Kindern und Jugendlichen auseinanderzusetzen, sagt der dänische Familienpädagoge Jesper Juul. Erziehungsfragen werden vom Elternhaus an die Schule delegiert - und umgekehrt. Wer übrig bleibt, sind die Kinder. Fehlt aber die Zeit, sich mit den Kindern zu beschäftigen, können die Kinder von den Erwachsenen auch nichts lernen. Und sie können auch keine Beziehungen entwickeln. Doch Lernen wiederum, sagt Jesper Juul, findet nur in Beziehungen statt. Und das gilt auch für die Schule.

20 Prozent der jungen Menschen halten diesem Druck nicht Stand. Sie scheiden vorzeitig aus der Bildungsschiene aus. Das kann sich unsere Gesellschaft aber angesichts der sinkenden Geburtenzahlen nicht leisten, sagt der Zukunftsforscher Reinhold Popp von der Fachhochschule Salzburg. Und die Entscheidung, wie der Einzelne oder die Einzelne auf die Zukunft vorbereitet wird, fällt bereits im Kindergarten.

Schlüsselfrage Bildung

Die Verwirklichungschancen eines jeden einzelnen hängen aber von seiner Bildung ab, sagt der Ökonom Jürgen Volkert von der Fachhochschule Pforzheim: "Das Wichtigste, das Eltern ihren Kindern mitgeben können, ist Bildung. Das ist wichtiger als Vermögen. Zahlreiche Untersuchungen belegen das. Doch existiert derzeit in Mitteleuropa eine Ungleichheit im Zugang zur Bildung. Kinder gebildeter Eltern haben es leichter als Kinder bildungsarmer Schichten. Das produziert Armut - heute, aber auch in Zukunft."

Die Armut der Zukunft ist eine politische Entscheidung von heute, denn Armut wird nicht durch fehlendes Vermögen weitergegeben, sondern durch Selektionsverfahren, die Kindern und Jugendlichen den Zugang zur Bildung erschweren.

Chancen durch Zuwanderung

Aber nicht nur die Bildung, auch das Thema Migration wird von den österreichischen Bürgern und den österreichischen Politikern nur ungern wahrgenommen, sagt der Zukunftsforscher Reinhold Popp aus Salzburg. Hier fehlt es an Perspektiven für die Zukunft, denn der Wirtschaftsstandort Österreich wird seinen Spitzenplatz unter den Industrienationen nur dann halten können, wenn ausländische Arbeitskräfte ins Land geholt werden. Nur so lässt sich die niedrige Geburtenrate langfristig ausgleichen.

Migration und Bildung sind die zentralen Themen, die junge Menschen heute beschäftigen. Doch diesen Themen stellen sich die Erwachsenen nicht im Gespräch mit den Jungen. Sie bleiben ihnen heute noch die Antworten schuldig.

Viele Fragen sind offen. Lösungsstrategien sind noch keine in Aussicht. Darum suchen alte wie junge Menschen ihre individuellen Antworten. Doch selten im gemeinsamen Gespräch, sagt Beate Großegger vom Österreichischen Institut für Jugendkulturforschung. Um die Zukunft gemeinsam zu gestalten, liegt es an den Erwachsenen, den erfahreneren Menschen, das Gespräch mit den Jungen zu suchen. Sie sollten den Kontakt zu ihnen herstellen. Damit das möglich wird, müssen die Alten wahrnehmen, wo die Jungen heute stehen.

Mehr dazu in oe1.ORF.at
Die Zukunft der Jungen
Die Zukunft der Alten
Die Frage nach der Generationengerechtigkeit

Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 14. September bis Donnerstag, 17. September 2009, 9:05 Uhr

Veranstaltungs-Tipps
Radiokolleg zum Mitreden: Alt gegen Jung?, Donnerstag, 17. September 2009, 19:30 Uhr, ORF KulturCafe, Argentinierstraße 30a, 1040 Wien

Mehr dazu in radiokulturhaus.ORF.at

Links
Institut für Jugendkulturforschung
Zentrum für Zukunftsstudien Salzburg