Elektroakustische Musik in Österreich

Keimzellen elektronischer Musik

Als künstlerischer Leiter der Ars Electronica hat Gottfried Hattinger die Linzer Kunst- und Musikszene maßgeblich mitgeprägt. Eine Zeit-Ton Zeit-Reise zu den Keimzellen elektroakustischer und elektronischer Musik in Österreich.

"Hätte es dieses Festival nicht gegeben, so würde ich heute wohl nicht das tun, was ich eben tue." Mit diesen Worten fasst der in der elektronischen Musikszene Linz vielseitig aktive Wolfgang "Fadi" Dorninger den Einfluss der Ars Electronica auf sein persönliches künstlerisches Schaffen zusammen. Der Musiker, Netzwerker und Kommunikator hat das renommierte Medienkunstfestival, das vom ORF mitinitiiert wurde, seit seiner ersten Ausgabe 1979 mitverfolgt, als interessierter Besucher, einige Jahre auch als technischer Organisator und als gelegentlicher Sub-Kurator.

Am Anfang war die Ars Electronica eigentlich eine "Art elektronische Musikmesse", erinnert sich Dorninger zurück, bei der sich "Synthesizerkünstler und Computermusiker" trafen, wie es damals noch hieß. Wirklich spannend sei es dann geworden, als die Musik in einem größeren sozialpolitischen Zusammenhang und im Verhältnis zu den anderen Künsten begriffen wurde, durch die intellektuelle Kraft von "Kunst- und Kulturdenkern". Das sei genau der richtige Nährstoff gewesen für das "Ars-Electronica-Pflänzchen". Und diese Kunst- und Kulturdenker hätten die Musik auch hinaus in die Stadt getragen.

Thematische Fokussierung

Einer der hier früh hohe Maßstäbe setzte, war Gottfried Hattinger. Wie eine Bodenflechte sei er in das Festival hineingewachsen, meint er, als Unterstützer, Komplize, Impulsgeber und schließlich von 1987 bis 1991 als künstlerischer Leiter. Unter seiner Führung begann man bei der Ars Electronica, den Inhalt jedes Jahr auf ein bestimmtes Thema zu fokussieren.

Im Zentrum des ersten Themenfokus stand die Musik. "Der Freie Klang" lautete 1987 das Festivalmotto. Gottfried Hattinger spann dabei die Idee der Linzer Klangwolke, die 1979 im Rahmen der ersten Ars Electronica ebenfalls erstmals stattfand, weiter. 1979 wurde gemeinsam mit dem ORF, der auch hier Mitinitiator war, und mit der Linzer Bevölkerung Anton Bruckners 8. Symphonie in den Stadtraum gesendet. Mit reger Beteiligung folgten die Linzerinnen und Linzer der Aufforderung, ihre Radioapparate an ihre geöffneten Fenster zu stellen, um so die über das Radio ausgestrahlte Konzertaufführung in der gesamten Stadt hörbar zu machen.

Riesige Schiffshörner klangen virtuos

"Ich hatte das Gefühl, dass es nicht mehr reicht, im Großen Saal des Brucknerhauses ein Konzert zu veranstalten, das dann nach draußen übertragen wird", so Gottfried Hattinger, "ich wollte, dass man den wunderbaren Donauraum selber spielen lässt." Und so wurden bei der Ars Electronica 1987 entlang der am Brucknerhaus vorbeifließenden Donau riesige Schiffshörner aufgebaut, die Alvin Curran in dem Stück Waterworks mit Hilfe seines Computers und unter der Mitwirkung des Feuerwerk-Künstlers Pierre-Alain Hubert virtuos erklingen ließ.

Dass Linz seit dem Beginn des Europäischen Kulturhauptstadtjahres nun auch Hörstadt ist und sich als solche höchst produktiv mit der Verflechtung von Klang, Raum und Politik auseinandersetzt, könne wohl ebenfalls als eine indirekte Folge der Ars Electronica gesehen werden, analysiert Wolfgang Dorninger. Nachhaltige Wirkung hinterließen die letzten drei Festival-Jahrzehnte nicht zuletzt aber auch in den Arbeiten zahlreicher heimischer Kunstschaffender. So erzählte erst kürzlich der von der Ars Electronica sehr stark geprägte Klangkünstler Sam Auinger in einem Zeit-Ton-Interview, dass er und Rupert Huber in Berlin 1997 gemeinsam den ersten Real-Audio-Server aufgesetzt haben - für die Berlinerinnen und Berliner eine kleine Sensation, für Auinger und Huber eine Selbstverständlichkeit.

Keimzellen

Die Ars Electronica ist eine wichtige, aber natürlich nicht die einzige Keimzelle für elektroakustische und elektronische Musik in Österreich. Aus Anlass des 30-jährigen Jubiläums werden wir daher in einem "Zeit-Reise"-Spezial auch noch mit Robert Höldrich, Gerhard Eckel und Dieter Kaufmann in die Geschichte der einschlägigen Universitätsinstitute in Graz und Wien abtauchen. Und Günther Rabl wird erzählen, welchen Einfluss die Einführung des Computers als neues Musikinstrument auf die aus dem Jazz kommende improvisierte Musik hatte.

Mehr zu allen aktuellen Berichten und Ö1 Übertragungen von der Ars Electronica in Ö1 der Festspielsender

Hör-Tipp
Zeit-Ton Zeit-Reise, Montag, 14. September bis Freitag, 18. September 2009, 23:03 Uhr

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Ars Electronica

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