Mascagni, Leoncavallo & Co
Verismo
Auf der Bühne schwelgt Renée Fleming in Eleganz und Schönheit - vor allem in den Opern von Strauss. Im Studio hat sie sich in einem phantasievoll zusammengestellten Recital den italienischen Verismo-Komponisten von Puccini bis Giordano gewidmet.
8. April 2017, 21:58
Renée Fleming singt aus Puccinis "La Rondine"
"Verismo" - das ist Opern-Druckkochtopf: pralles Leben, brodelnde Leidenschaften. Renée Flemings Opernauftritte in der Saison 2009/10 kreisen um die beiden noblen, schönen, elegischen Strauss-Frauenfiguren "Rosenkavalier"-Marschallin und "Capriccio"-Gräfin, dazu kommt - überraschenderweise - noch einmal die virtuos-belcantistische Rossini-"Armida", wie schon zu Beginn von Renée Flemings internationaler Karriere in den frühen 1990er Jahren.
Stimmverschleiß, ein Nicht-mehr-Zurechtkommen mit verzierter Musik, das viele Kolleginnen der amerikanischen Sopranistin in die Arme von Mascagni, Leoncvallo und Konsorten getrieben hat, wo grobes Singen bis hin zum Schrei akzeptiert ist, kann also ganz und gar nicht das Motiv sein, wenn sich Renée Flemings neueste Solo-CD dem "Verismo" widmet (so auch deren Titel).
Ein Recital mit Raritäten und Ensemblenummern
Solo-CD? In dankenswerter Weise nicht ganz: Gerade so, dass für Abwechslung gesorgt ist, alternieren Arien mit kleinen Ensemblestücken. Die Partie der Liu aus Puccinis "Turandot" ist beispielsweise nicht nur mit einem Zweieinhalbminuten-Solo vertreten, sondern mit einem größeren Ausschnitt, samt Chor und einem hörenswerten Calaf (Arturo Chacón-Cruz), die Hit-Melodie aus "La Rondine" wird sogar von Jonas Kaufmann angestimmt.
"La Boheme" ist durch die Mimi-Arie in Puccinis Vertonung vertreten, aber auch durch ein Ensemblestück aus Ruggero Leoncavallos Version. Im Zentrum der CD steht, ungewöhnlich genug, der Dialog der (singenden) Titelfigur mit einem (sprechenden) Kind aus Leoncavallos "Zaza", die am Rande des Erträglichen sentimental wirken kann. Sogar diese Szene "nobilitiert" Renée Fleming.
Raffiniert, betörend, kalkuliert
Überhaupt versammelt Renée Flemings Vortrag - von größter Raffinesse, ohne Gesangsunarten - das ganze Arsenal von Ausdrucksmitteln, das man von ihren Strauss- und Mozart-Interpretationen her kennt: Es wird betörend und mit hunderten wohlkalkulierten Schattierungen gesungen - kein "Verismo", bei dem es dampft und nach Schweiß riecht, sondern Salon-"Verismo".
Diese Seiten streicht auch die phantasievolle, kennerische Musikauswahl hervor: Cileas "Gloria", Catalanis "La Wally", Zandonais "Conchita" sind mit Ausschnitten vertreten. Mit Marco Armiliato ist einer der "Sänger-Dirigenten" von heute aufgeboten, das von ihm geleitete Verdi-Orchester Mailand agiert in jedem Moment kompetent. Ein Traum: Renée Flemings Magda in "La Rondine" - das schreit nach einer Gesamteinspielung. Mit Jonas Kaufmann gemeinsam vielleicht?
Hör-Tipp
Apropos Oper, Donnerstag, 17. Dezember 2009, 15:06 Uhr
CD-Tipp
Renée Fleming, "Verismo", mit Jonas Kaufmann, Arturo Chacón-Cruz, Marco Calabrese u.a., Coro e Orchestra Sinfonica di Milano, Giuseppe Verdi, Dirigent: Marco Armiliato, DECCA
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Renée Fleming